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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0439
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Kirchenordnung von 1585.

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geniessen haben, und alles was müglich sein wirt,
zu seiner befoderunge gewertig sein.
Es sol auch der pastor oder niemand, des
cüsters seines gefallens, für einen boten oder
schlauen, zu ihrem eigenen nutz, mit seinem
schaden und verseumnuss, wider altes recht miss-
brauchen , sondern im seines befohlenen amptes
abzuwarten, unvorhinderlich sein.
Wo auch der cüster beweislichs, mutwilliges
ungehorsames uberzeuget würde, und keine besse-
runge auf etliche beschehene vormanunge zu
hoffen were, sol er mit wissen deren, welche ihn
angenommen, wiederumb abgesetzet und ent-
urlaubet werden. Und gleicher gestalt sol es mit
den organisten auch in diesem falle gehalten werden.
Und wo es immer bei dem leenherrn oder
patronen und pfarrkindern zu erlangende sein mag,
sollen die pastoren daran sein, dass sie auf den
dörfern seigerglocken anrichten mögen, oder wo
sie es armuts halben nicht vormügen, zum wenigsten
einen sonnenseiger machen lassen, oder dass ja
der cüster einen compass habe, darnach er sich
gebührender zeit mit dem geleute und andern
dingen zu richten wisse.
Und weil die glocken umb des gottesdienstes
willen fürnemlich vorordnet worden, dass die leute
damit zum gehör göttliches wortes und gemeinem
gebete gefodert werden, und aber im bapstthumb
greulicher missbrauch und aberglauben mit den
glocken getrieben ist worden, als die schreckliche
donnerwetter damit von einander zu treiben, so
sol solches gottloses wesend hiemit genzlichen ab-
geschaffet, und bei peen und harter ungnade vor-
boten sein, und sollen auch die glocken zu keinem
weltlichen gebrauch und sachen gerüret, noch
gezogen werden, es geschehe denn, dass wegen
des feindes oder feursnot, oder wenn die fronen-
dienste den leuten angekündiget sollen werden,
oder sonsten in nothwendigen gemeinen sachen
das volk zusammen müste geleutet werden. Und
sol solch leuten alles von niemand, denn von dem
cüster geschehen, weil ihm die glocken amptes
halben befohlen sein.
Wie wir denn auch hiemit genzlich wollen
verboten haben, dass niemand sich aus eigener
gewalt anmassen solle, seine todten durch seine
hausgenossen zum begrebnuss, mit vorkürzunge
des cüsters gebür und lohn beleuten zu lassen,
sondern das sol jederman bei dem cüster suchen,
und dem seinen lohn und pflicht davon geben.
Und weil der cüster auf den pastoren alle-
zeit warten, und in besuchung der kranken, auch
umb der kindtauf willen, immer bei der hand,
und allem kirchspielvolke zu gute und dienste
bereit sein muss, so haben wir hiegegen in be-
trachtunge der billigkeit vorordnet, dass der cüster
so wol als der pastor sein vieh sol macht haben,

unter der gemeine vieh zu treiben, und sol der
bauerschicht, neben dem hirten bei dem vieh in
der weide aufzuwarten, gleichwol genzlich uber-
haben und befreiet sein. Denn es könte sonst
hiedurch uber zuvorsicht, liederlich an kranken
kindern zu teufen, auch betteriesenden menschen
zu communiciren, ein grosses vorsehen werden.
Und sollen die bauren wegen solcher freiheiten
aus billigen ursachen ihnen beiden mitgeteilet,
nichts dafür von ihnen zu fodern haben.
Und wo sie auch durch ihren unfleiss würden
geschehen lassen, dass hierüber dem pastori oder
cüster einiges heupt von ihrem viehe vorloren
würde, sollen sie gleich wie andere nachbaren,
welche umb die schicht mit hüten, solchen schaden
ihnen, ohne gnade zu büssen und abdracht dafür
zu thun, vorpflichtet sein. Was aber der hirten
lohn angehet, sollen dasselbige der pastor und
cüster, nach anzahl ihres viehes, gleich andern
nachbaren, ihnen zu geben, vorbunden sein.
XIII.
Von büchern, so in den kirchen den
pastoren zu gute belegt, und für und
für dabei bleiben sollen.
Weil viel unter den pastoren, unvormögens
halben, nicht alle nottürftige bücher von dem
ihren keufen können, ist es nötig und auch nütze,
dass gleichwol in die kirchen, durch die kirch-
veter und geschworen, so viel immer müglich,
etliche heilsame gute bücher gekauft, und von
der kirchen jehrligen einkommen gezeuget werden,
wie wir dann hiemit unsern superintendenten und
visitoribus ernstlich wollen eingebunden und auf-
erlegt haben, das sie in den visitationibus ein auge
darauf mit haben, dass solches müge angefangen
und zu werke gerichtet werden, und machen wir uns
keinen zweifel, es werden die patroni oder leen-
herrn, auch andere vom adel in ihren kirchspiel-
kirchen hierzu behülfliche hand zu leihen, sich
nicht weigern, dass man also in stetten zu ewigem
vorrat gute bücher bei den kirchen haben
müge, als:
eine gute deudsche bibel D. Lutheri,
die kirchen und hauspostill D. Lutheri,
darnach allgemach die Tomos Lutheri,
Johannis Brentii schriften über die evan-
gelisten und Epitolas Pauli.
Und in sonderheit die formulam concordiae,
darin unser zeit religionstreite und span, aus herr-
lichem grunde göttliches wortes erkleret und wider-
leget sein worden, und dergleichen andere mehr.
Und hetten die pastores solcher bücher, so weit
und fern sich zu gebrauchen, dass sie dieselbigen
nicht vorschamfieren, noch binnen mit ihrem
 
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