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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0498
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482

Hamburg mit Landgebiet.

Grosse Schwierigkeiten bereitete das Domkapitel. Den sogen. Kapitelstreit, der 33 Jahre
dauerte, hat Spitzer, in Zeitschr. des Vereins für hamb. Geschichte 11,430—591 geschildert.
Über die Betheiligung der holsteinischen. Landesfürsten an diesem Kapitelstreite und das Gut-
achten Martin Bucers (1545) vgl. Schriften des Vereins für schlesw.-holst. Kirchengeschichte.
II. Reihe (Beiträge und Mitth.). III. 1. Heft. Kiel 1904. S. 1 ff.
Am 15. April 1535 fand zu Hamburg ein Convent der Hansestädte Lübeck, Bremen,
Rostock, Stralsund, Lüneburg, Wismar und Hamburg statt. Zum Zwecke einer gemeinsamen
öffentlichen Feststellung der Lehre und der Grundlagen des Kultus vereinbarten Abgesandte
der geistlichen Ministerien dieser Städte in Gegenwart weltlicher Deputirter 17 Artikel. Man
hat diesen Convent wohl auch die erste Synode Niedersachsens genannt. Zur äusseren Ge-
schichte vgl. auch Beneke, Hamburgische Geschichten und Sagen. 3. Aufl. Berlin 1886.
S. 196.
Diese 17 lateinisch verfassten Artikel finden sich in niederdeutscher Übersetzung ab-
gedruckt bei Gryse, Leben Slüters (s. unter Rostock), hochdeutsch bei Cramer, Pommersche
Kirchenhistorie 3, S. 93 ff.; lateinisch bei Grapius, Evang. Rostock, Rostock und Leipzig 1707,
S. 228 ff.; lateinisch und deutsch bei Schröder, Evang. Mecklenburg 1, S. 302 ff.; lateinisch
nach Grapius bei Grevius, Memoria Joannis Aepini Hamburgi 1736.
Wir drucken sie nach Grapius (Nr. 79).
Streng wachte der Rath über die Reinheit der Lehre. Auf Grund der Hamburger
Beschlüsse erliess der Rath, wie die anderen Seestädte, 1535 ein Mandat, welches 1556 erneuert
wurde. (Abgedruckt u. A. bei Ziegra 3, S. 248 ff.) 1557 erschien „Ministerii bekenntniss
vom Sakrament des Altars nebst Warnung an die christlichen Gemeinden vor allen Arten von
Sakramentirern, wie sonstigen schwarm- und irr-Geistern.“
1553 wurden einige englische Dissidenten, welche in Hamburg durch Disputation mit
der lutherischen Geistlichkeit ihre Lehre ausbreiten wollten, kurzerhand von der Obrigkeit aus-
gewiesen. Vgl. Mönckeberg in Zeitschr. des Vereins für Hamb. Gesch. 5, S. 186—201.
Vgl. weiter Beneke, Zur Gesch. der nicht-lutherischen Christen in Hamburg 1575—1589, in
Zeitschr. des Ver. für Hamb. Gesch. 6, 317 ff.; Rode, Die Hansestädte in Vertheidigung der
Reformation, in Zeitschr. für die evang.-luther. Kirche in Hamburg 7, S. 198 ff.
II. Die grundlegende Kirchenordnung ist die bedeutsame Ordnung Bugenhagens.
Bugenhagen hatte schon frühzeitig Beziehungen zu Hamburg angeknüpft. Er war
bereits 1524, als der Hauptpastor bei St. Nicolai, Henning Kissenbrügge, ein strenger Vertreter
des alten Glaubens, seine Entlassung eingereicht hatte, von den Kirchenvorstehern gewählt,
vom Rath aber — wahrscheinlich weil er verheirathet war — gehindert worden, sein Amt an-
zutreten. Dass man daher Bugenhagen berief, als 1528 die Reformation in Hamburg gesiegt
hatte, kann nicht Wunder nehmen. Bugenhagen, der damals in Braunschweig weilte, nahm
den Ruf an und traf am 9. Oktober 1528 in Hamburg ein.
Als Vorbild zu seiner Ordnung benutzte Bugenhagen die braunschweigische Kirchen-
ordnung. Diese ist vielfach wörtlich zu Grunde gelegt. Darüber, wie die Idee Bugenhagens
neben den vier Kirchspielsgotteskasten und dem einen Hauptkasten noch einen besonderen
„Schatkasten“, der vor allem für das Gehalt der Prediger und Lehrer bestimmt sein sollte,
einzurichten, Schwierigkeiten bereitete, und das ganze Werk gefährdete, vergleiche man die
Darstellung bei Bertheau, S. XIX ff. Die bezüglichen Bestimmungen sind auch nie ver-
wirklicht worden, während der Hauptkasten wenigstens vorübergehend bestanden hat. (Vgl.
Mittheil, des Ver. für Hamb. Gesch. 5, S. 137 ff.)
Am 19. Februar 1529 wurde nach langen Verhandlungen vom Rathe und der Bürger-
schaft der sogenannte „lange Rezess“ angenommen. Von diesem beschäftigen sich vorwiegend
 
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