Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (5. Band): Livland, Estland, Kurland, Mecklenburg, Freie Reichsstadt Lübeck mit Landgebiet und Gemeinschaftsamt Bergedorf, das Herzogthum Lauenburg mit dem Lande Hadeln, Hamburg mit Landgebiet — Leipzig: O.R. Reisland, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27083#0517
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hamburger Kirchenordnung von 1529.

501

Van den parnern und capelanen edder
predigeren.
Parnere und capellane bedarve wi, wat ohr
ampt is, is am dage. Se moten alle recht-
schapende predigers des reinen und unvorvelscheden
evangelii Christi sin , welke de schrifte des nien
testamentes biscoppe, prestere, pastores, doctores,
propheten, evangelisten nomet, de mit der hilligen
schritt de gelerden und ungelerden, wor god mit
dem hilligen geeste vorhanden is, weldichlick
konnen underrichten und wisen up Christum.
Overst to vormidende de olden und nien
vorforers, de nicht recht den luden dat wort gades
vordregen, sunder hengen an minschen lehre, edder
steken under dem namen des evangelii vull opinien
und minschen danken, dar se lever scholden steken
vull gelovens, und sick laten benogen an der
slichten warheit Christi. De to vormidende und
rechte evangelische predigere aver to kamende,
bedarve wi, dat wi van herten erstlick danken
dem vader aller barmherticheit vor dat evangelion
unses heren Jesu Christi, sines leven sons, so
gnedichlick und rikelick to dussen lesten tiden
uns wedder apenbaret. Dar ut wi erkennen
erstlick unse sunde, erdom und huchelie, und
dorch den loven in Christum entfangen ock vor-
gevinge der sunden, sint kinder gades und salich,
erkennen wat rechte gude werke sint, und dat
crutze edder gedult gade wollgefallich, alse Paulus
uns mit sinem exempel leret gade danken
Col. 1.
Dar na scholle wi ock, alse uns Christus
leret, Matth. 9, bidden den heren der arne, dat
he arbeides lude in sine arne sende, dat is, dat
he gude predigere uns wolde toschaffen, idt is
doch sine arne und nicht unse. Overst he wil
gebeden sin, des hefft io Christus sulvest uns ein
dreplick exempel gegeven, wente alse geschreven
steit Luce im 6., do he wolde erwelen de 12
apostele, bedede he de ganzen nacht to vorne
to sinem vader up dem berge. So scholle wi
ock bidden umme gude predikere, welcke sint
ein edel gave gades.
Und wen id uns feilede, dat wi under den
predikeren, de vor gud werden angeseen, einen
hemeliken Judas kregen, wente einen apenbaren
schole wi so vele bi uns is, nicht liden. So
worde doch id godt also vorschaffen, dat sulk ein
vorreder und falsch broder dem evangelio nicht
moge schaden doen, wente wi hebben em na
sinem worde mit unsem bede de sake bevalen,
sunder twivel, he wert idt wol uns tor salicheit
utrichten.
Quackelpredikere hebben wi genoch gehadt.
Nu men averst wil gude predikere hebben, kan
me kume einen rechtschapenen drapen, alse

Christus sede: De arne is vele, der arbeider is
weinich.
Wen wi avers also mit hemeliken und apen-
baren van dem predikstole gebede, gade de sake,
gude prediker to vorschaffen, bevalen hebben,
so wille wi ock dat unse dar to doen, und laten
idt nergen ane feilen, dat wi sulcke denere des
wordes mogen averkamen.
Vam superattendenten und synem
hulper.
Vor alle ding bedarve wi eines guden
superattendenten, dat is eines upsehers, wen wi
einen konnen averkamen. Sulke lude sint dure,
men mot godt darumme bidden, alse uns Christus
leret. Dusse baven sine predikinge, welke namals
beschreven scholen werden, schall im lectorio
veer1) latinsche lectien, alle weken, so he nicht
vorhindert wert, lesen vor de gelerden, darumme
mot he geschicket und weldich sin in der hilligen
schrift, men wert en anders nicht gerne horen
und wert nicht sterck genoch sin wedder de
weddersprekere, de hir in mochten kamen, per-
sonlick edder mit schriften, welke ock wol konnen
(dar godt vor si) manck den predikeren upstaen,
alseme lest ock, dat Paulus klegelick geredet hefft
mit den ephesierschen prestern, in sinem latesten
afsehede van en Actor. 202).
Dem superattendenten wille wi einen adjutor,
dat is einen hulper erwelen van den veer3)
pastoribus dar to duchtich, de ock alle weke
veer edder tom ringesten dree latinsche lectien
im lectorio vor de gelerden lese. Dat bi uns
also mit der hilligen schrift etlike dagelikes ge-
ovet werden, dat wi nicht allene stedes prediker
genoch hebben, sonder ock to groter salicheit
anderen steden gude prediker avergeven. Dat
ock unse gelerde borger in ohren husen und bi
ohren vorwanten na mogen leren, wat se im
lectorio hebben geleret, sick sulvest to beterem
vorstande. De sulck achten vor unnodich, de
mogen wol vele van der sake reden, averst se
weten noch nicht, wat de hillige schrift wol
grundet vor kraft hefft. Wann etlike so slepe-
rich und averdrotich sint tom worde gades, so
scholen se doch andere nicht vorhinderen, de dar
lust to hebben. Paulus secht, dat wort gades
schal mank ju wonen rikelick in aller wisheit etc.
Coll. 3 etc.

1) Lübeck (vgl. oben S. 349) hat weiter: „edder
thom ringesten dre“.
2) Lübeck weiter: „In des superattendenten gewalt
schal idt stan, dat he mit der intimatie affsegge, wenn
he nicht lesen kan, edder süss ut redeliker orsake
nicht wil.
3) „veer“ fehlt in Lübeck.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften