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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0037
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Mittelpunkt der Verwaltung des Stifts war die erzbischöfliche Burg Vörde (Bremervörde), der
Hauptsitz des Erzbischofs. Aus dem Vogt der Burg Vörde wurde im 15./16. Jh. der erste erzbischöfliche
Stiftsbeamte, der Landdrost 9. Gegliedert war das Stift in landesherrliche Ämter, geschlossene adelige Ge-
richte und Klostergerichte sowie verwaltungsmäßig selbständige Marschbezirke (Land Kehdingen, Altes
Land) unter erzbischöflichen „Gräfen“ und gewählten Kirchspielshauptleuten; auch das zu den Marsch-
gebieten gehörende erzbischöfliche Amt Neuhaus hatte eine weitgehend selbständige Verfassung 10. Wursten,
im übrigen der Verwaltung des Amtes Vörde unterstellt, behielt beschränkte Sonderrechte. Fest umgrenzte
Gerichtsbezirke innerhalb der älteren Gerichte bildeten die Städte und Flecken. Die drei alten Städte, Bre-
men, Stade und Buxtehude, besaßen eine entwickelte Selbstverwaltung und zahlreiche Privilegien, beson-
ders das als Handelszentrum an wirtschaftlicher Macht und politischem Einfluß reiche Bremen, das
Pfandschaften und Gerichtsrechte im Landgebiet innehatte und eine einem Territorium nahekommende
Stellung einnahm 11. In der näheren Umgebung Bremens standen die vier Gohen, Niedervieland, Ober-
vieland, Holler- und Blockland, sowie Werderland, unter der Hoheit des Rates 12, des weiteren das Amt
Bederkesa 13 und das Gericht Lehe, das sich die Bremer in der ersten Hälfte des 16. Jh.s aneigneten 14.
Der Ort Freiburg, der 1474 Stadtrechte erhalten hatte, ohne damit in die Landstände aufgenommen zu
werden, blieb neben den drei alten Städten unbedeutend 15. Besondere Privilegien der Verwaltung besaßen
noch die Flecken Vörde, Horneburg und Lehe 16.

Die Regierungsgewalt der Erzbischöfe war durch die Rechte der Stände (sie setzten sich zu-
sammen aus dem Domkapitel, den Prälaten, der Ritterschaft und den Städten 17, angeschlossen waren
die Marschen 18) eingeschränkt, wobei das Domkapitel bis zum Ende des 16. Jh.s die weitaus meisten
Privilegien besaß. Im Verlaufe des späteren Mittelalters sicherte es sich das Konsensrecht vor dem übrigen
Klerus und vor den Laien, nicht nur in geistlichen, sondern auch in Angelegenheiten der weltlichen
Regierung des Stifts 19. Ihm gelang es auch, die übrigen Stände von der Wahl des Erzbischofs auszuschlie-
ßen, mit Ausnahme des Hamburger Domkapitels 20, und sich das alleinige Recht der Administration sede
vacante zu sichern 21. Erst durch den Vergleich vom 6./9. Januar 1597 wurden die Privilegien des Dom-
kapitels zugunsten der anderen Stände eingeschränkt 21 a.

Die kirchliche Gliederung 22 betreffend, gehörte das Gebiet des Erzstifts zwei verschiedenen Diö-
zesen an: der größte Teil unterstand auch in geistlicher Hinsicht dem Bremer Erzbischof, aber in einigen
an der lüneburgisch-verdischen Grenze gelegenen Kirchspielen (so in Buxtehude, in einem Teil des Alten

9Vgl. E. v. Lehe, Grenzen und Ämter, 9. 28.

10 Dazu: I. Mangels, Die Verfassung der Marschen am linken Ufer der Elbe im Mittelalter (Schr.d.Wirtschafts-
wiss.Ges.z.Studium Niedersachsens NF 48). 1957, bes. 2f. 22ff. 37'ff.

11 Zur Gliederung des Stiftes vgl. E. v. Lehe, Grenzen und Ämter, 134-145.

12 Vgl. J. H. Pratje, Altes und Neues VIII, 250.

13 Vgl. J. H. Pratje, Altes und Neues X, 1ff. XI, 71ff. Zur Erwerbung durch Bremen und zur Geschichte des Amtes
Bederkesa vgl. bes. C. Allmers.

14 Vgl.J. H. Pratje, Altes und Neues X, 287ff.; P. v. Kobbe I, 96f.; H. Schröder, 393f. 405f. 411.

15 Vgl. E. v. Lehe, Grenzen und Ämter, 135.

16 Vgl. E. v. Lehe, Grenzen und Ämter, 136; zu Vörde auch W. Wöhlke, Bremervörde und sein Einzugsgebiet
(Schr.d.Wirtschaftswiss. Ges.z. Studium Niedersachsens NF 43). 1952, 26.

17 Vgl. P. v. Kobbe I, 278ff.; G. Dehio II, 149JJ.; R. Cappelle, 41.

18 Vgl. R. Cappelle, 50f.; H. P. Siemens, 107I. Mangels, aaO. 134f.

19 Vgl. A. Müller, 74ff.; dazu R. Cappelle, 42ff. 57ff. Zum Grundsätzlichen vgl. auch J. Heckel, Die ev. Dom-
u. Kollegiatstifter Preußens (Kirchenrechtl. Abhandlungen 100 u. 101). 1924, 211JJ.; zu den vom Domkapitel
während der Sedisvakanz auszuarbeitenden Wahlkapitulationen und geheimen Nebenrezessen ebd. 79ff.

20 Zum Streit zwischen den Kapiteln vgl. G. Dehio II, 151—158.

21 Vgl. A. Müller, 77jf.; dazu R. Cappelle, 57ff.

21a Vgl. R. Cappelle, 60f.Der Stader Rezeß vom 6. Januar 1597 und die Bestätigung durch Johann Friedrich,
Freitag nach Trium Regum: Staats-A. Bremen, Z. 2. b. 5., S. 285ff.

22 Vgl. Atlas Niedersachsen, Bl. 151; dazu JbnKG 48 (1950), 140J.

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