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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0041
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Bereits in den vierziger Jahren wurde auch in den Orten Cadenberge, Beverstedt, Freiburg und Gevers-
dorf, sämtlich in der Dompropstei gelegen, wie auch noch an anderen Orten, evangelisch gepredigt4 9.

Spätestens 1547 - in diesem Jahr wurde Hardenberg 49a als Domprediger angestellt - muß auch
der größte Teil des bremischen Domkapitels für die Reformation gewonnen gewesen sein.

Besondere Beachtung verdienen die Verhältnisse im Land Wursten, die durch v. d. Osten und
Wiebalck eine gründliche, auf Aktenstudien fußende Untersuchung - insbesondere sind die Archi-
valien des Staatsarchivs Hannover ausgewertet - erfahren haben. Der Zeitpunkt des Ubertritts zum Pro-
testantismus in Wursten ist nicht genau anzugeben. Der Hadler Chronik 50 zufolge müßte er schon vor
1530 gelegen haben; denn es heißt dort, der Erzbischof habe den Wurstern befohlen, die katholischen
Zeremonien wieder einzuführen. Nach Pratjes Darstellung 51 sollen die Wurster dann immer weiter
gegangen sein und den Dorumer Pastor Bertram Schramm zum Superintendenten ernannt haben.
Schramm kam jedoch erst viel später nach Wursten, und auch die Agende, die Pratje 52 auf Grund
der bezüglich der Jahreszahl fehlerhaften Abschrift, die ihm vorlag, ins Jahr 1534 setzte, kann zu die-
sem Zeitpunkt noch nicht abgefaßt sein 53. Vor 1548 gab es in Wremen aber anscheinend einen lutherischen
Prediger, Johannes Frederici 54. Im übrigen scheint der Erzbischof bestrebt gewesen zu sein, den Wur-
stern altgläubige Geistliche aufzudrängen, wobei er auf heftigen Widerstand stieß. Die Folge war, daß
viele geistliche Stellen unbesetzt blieben, was dann vielfach zur Säkularisierung vakanter Pfründen
führte, die die Kirchgeschworenen als Gemeindevertreter darauf in ihre Hand zu bekommen suchten,
um sie wieder kirchlichen Zwecken nutzbar zu machen 55. Schließlich baten die Wurster den Archidia-
kon, sich der Ordnung ihrer verworrenen Kirchenverhältnisse anzunehmen 56. Als dieser noch zögerte,
baten sie am 8.Juni 1552 erneut, er möge Ordnung schaffen und die Pfarren geschickten Predigern
verleihen 57. Jetzt wurden überall evangelische Prediger eingesetzt, darunter Bertram Schramm in Mul-
sum, der später zusammen mit Hermann Oettinger in Kappel die Wurster Agende verfaßte 58. Der Streit
um das Recht an den Pfründen ging freilich auch jetzt noch weiter 59.

Die Agende ist auf Grund der Untersuchungen Wiebalcks 60 vermutlich 1574 anzusetzen und ge-
hört demnach in die Zeit des Erzbischofs Heinrich, in der das evangelische Kirchenwesen des Landes
auch sonst festere Gestalt erhielt. Sie soll hier im Zusammenhang mit den Wurster Verhältnissen auf-
geführt werden. Leider ist sie selbst verschollen, scheint auch nie gedruckt worden zu sein. Näheres über

49 Vgl. G.Wolters, Reformaiionsjahrhundert, 58f. 49a Vgl. unten S. 435, Anm. 12.

60 D.W. Bilkau, 81; vgl. dazu G.v. d. Osten-R.Wiebalck, 152f.; R.Wiebalck, Kirche Wurstens, 109.

61 Altes und Neues IV, 388.

52 Altes und Neues IV, 388, und V, 317. 320. Vgl. auch H.Schlichthorst, Grundriß, 327, und H .W. Rotermund,
Reformation, 144jf., die hier ganz in den Spuren Pratjes gehen.

53 Vgl. G. v. d. Osten-R. Wiebalck, 309; R.Wiebalck, Kirche Wurstens, 115f.; unten S. 17,Anm. 14 und 15,
die Daten der Verfasser der Agende, die einer so fruhen Abfassungszeit entgegenstehen. Von Luther wird in der
Agende als von einem Verstorbenen gesprochen.

54 Vgl.G. v. d. Osten-R. Wiebalck, 153f.; R. Wiebalck, Kirche Wurstens, 110; H. Schröder, 274f.

55 Vgl. G. v. d. Osten-R. Wiebalck, 153jf.; R. Wiebalck, Kirche Wurstens, HOff. 131f. (Nachweise aus Mul-
sum und Dorum). Vereinigung zwischen dem Erzbischof und den Wurstern vom 27. April 1557, Punkt 4: Das
sichs auch die kirchschworen und andere des landes eingeseßen der geistlichen lehn und guter, wie sie sich ein zeit
hero unterstanden, in keine wege annehmen, aber die collatoren und rechtmeßige possessores vermuge der fundation
damit gewehren laßen, und was dem zuwieder von ihnen geschehen, daßelbige von stunden an abgetan, auch was
den kirchen und beneficien entzogen, in zweyer monat frist den nehesten wiederumb dabey vollenkomblich restitu-
iret, und das den also geschehen, S.F.G. alsden gleublicher schein furbracht werden solle (Staats-A. Bremen,
Z. 2. b. 5., S. 39; J. Ph. Cassel II, 669).

56 Vgl. G.v.d. Osten-R.Wiebalck, 155. — Archidiakon war der Domdechant v. Varendorf.

57 Das Schreiben ist abgedruckt bei G. v. d. Osten, Geschichte II, Beilage l.Vgl. dazu G.v. d. Osten-R.Wiebalck,
155; R.Wiebalck, Kirche Wurstens, 110ff.

58 Vgl. G. v. d. Osten-R.Wiebalck, 155f.

50 Vgl. R. Wiebalck, Kirche Wurstens, 112ff. 1582 Aufstellung von Güterverzeichnissen für die Kirchspiele außer

Spieka. 60 Vgl. Anm. 53.

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