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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0042
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sie erfahren wir nur durch Pratje 61. Er berichtet, Johannes Brandes, Pastor zu Kappel, habe die
Agende 1596 abschreiben lassen. Von dieser Abschrift sei nur noch ein Fragment übrig, und eine Ab-
schrift des Fragments besäße der Pastor Renner zu Kappel. Das Fragment biete Titel und Vorrede der
Agende, beginne dann mit den Kollekten, angefangen „in die Stephani“ (26. Dez.), durch das ganze Jahr;
darauf folgten der Kleine Katechismus Luthers mit dem Taufbüchlein; das Vater Unser und die Einset-
zungsworte des Abendmahls,Minus summum (Kyrie ?), dreimal Credo in unum DeummitNoten, schließ-
lich der Segen. - Titel und Vorrede sind bei Pratje 62 abgedruckt. Pratje bemerkt noch, die plattdeutsch
geschriebene Agende sei vielleicht in Vergessenheit geraten, als man in Wursten anfing, sich im Gottes-
dienst der obersächsischen Sprache zu bedienen. Der erste Pastor, der obersächsisch gesprochen habe,
sei wahrscheinlich M. Theodor Hanneken (1606 bis vermutlich 1649 Pastor in Kappel) gewesen. Wir
drucken Titel und Vorrededer Wurster Agende nach Pratje: Text Nr. 1.

Erzbischof Georg versprach in seiner Kapitulation 63, dem Augsburger Religionsfrieden nach-
zuleben64. Für seine Person wahrte er nach außen das Ansehen eines katholischen geistlichen Fürsten,
gestattete aber auch im Stift Verden den Laienkelch, die Priesterehe und die Einführung des lutherischen
Glaubensartikels von der Rechtfertigung, wie er überhaupt duldete, daß nach der Augsburgischen Kon-
fession gelehrt und Gottesdienst gehalten wurde 65. Die Behauptung Pfannkuches 66, Erzbischof Georg
habe 1563 befohlen, die KO der Stadt Bremen zur Richtschnur zu nehmen, beruht freilich auf einer
mißverstandenen Notiz in der Brem- und Verdischen Bibliothek 67. Wie Pfannkuche und nach ihm
Wiedemann zu der Meinung kommen, diese KO habe sich auf den Religionsbegriff der Reformierten
gegründet, bleibt allerdings unverständlich. Damit sind auch Wiedemanns Betrachtungen über die
konfessionelle Haltung des Erzbischofs, die er an diesen Irrtum knüpft, hinfällig. Eine sonst nichtbe-
zeugte Nachricht über Georgs Verhalten findet sich in der durch Meybaum vermehrten Büntingschen
Chronik 68: Georg habe kurz vor seinem Tod die Confessio Augustana mehrere Male gelesen, darauf das
bremische Domkapitel zu sich nach Verden beschieden und den Wunsch geäußert, die Domherren möchten
die Reformation durchführen. Das größtenteils evangelische Domkapitel habe zugestimmt, den Erzbischof
aber gebeten, er wolle den Anfang machen. Bald darauf sei Georg aber gestorben. - Sicher ist, daß Georg,
da er 1564 den lutherischen Eberhard von Holle zum Coadjutor für das Stift Verden annahm 69, einen neuen
Kurs anstrebte. Anscheinend ließ er sich vor seinem Tod das Abendmahl nach lutherischem Ritus rei-
chen 70.

Erzbischof Heinrich, von Hause aus evangelisch, versprach in einer Nebenverschreibung zu seiner
Kapitulation von 1567 71, gemäß dem Augsburger Religionsfrieden niemand in seiner Religion zu be-
einträchtigen und nichts zu ändern, ausgenommen, was auf den Reichstagen allgemein beschlossen

61 Altes und Neues IV, 388, danach auch G. v. d. Osten-R. Wiebalck, 309. Die Agende scheint der Buxtehuder
Agende von 1565 (unten S. 92jf.) ähnlich gewesen zu sein.

62 Altes und Neues IV, 388, und V, 317-320; danach G. v. d. Osten, Geschichte II, Beilage 2.

63 Abgedruckt bei J. Ph. Cassel I, 341—350. 64 Vgl. auch F.W.Wiedemann II, 154.

65 Vgl. C. Spangenberg, 221; E.v.d.Hude in: Stader Archiv 10 (1884), 73f.; J.H.Pratje, Religions-
Geschichte III, 1, 10; P. v. Kobbe II, 218; F.W.Wiedemann II, 156f.; über Georgs religiöse Haltung im all-
gemeinen: Staats-A. Hann. Stade Br.Arch. Des. 8a Fach 19 Nr. 1, Stück 22 (Verdenscher Landtagsrezeß vom
25. Juni 1600) und die Vorrede zur Verdener KO von 1606 unten, S. 147.

66 Ch. G. Pfannkuche, Die neuere Geschichte des vormaligen Bisthumes und jetzigen Herzogthumes Verden. 1834,
67. Vgl. auch F.W.Wiedemann II, 157, der den Irrtum übernommen hat.

67 Brem- und Verdische Bibliothek I, Stück 2, 42. Dort ist von den stadtbremischen Predigern die Rede, denen 1563
anläßlich der kryptocalvinistischen Streitigkeiten in Bremen vom Rat befohlen wurde, sich nach der KO von 1534
zu richten; vgl. dazu J. Renner, Chronik der Stadt Bremen (ungedruckt, handschriftlich u. a. auch in der Nieder-
sächs. Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen): Staats-A. Bremen, E. 7. b. 4.

68 H. Bünting-H. Meybaum, 338f.; H. Bünting-J. Letzner-Ph. J. Rehtmeier, 947.

69 Vgl. unten, S. 135. 70 Vgl. C. Spangenberg, 223; E.v. d. Hude in: Stader Archiv 10 (1884), 74.

71 Abgedruckt bei J. Ph. Cassel I, 539ff., vgl. bes. 540f. u. 547f. Bei uns nach U.B, Göttingen, Cod. Ms.Hist. 415,

150ff., bes. 162. 168f.

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