würde, „nichts außerhalb dem, da offenbare ketzereien und abgottische und schentliche und unchristliche
irtumb und mißbrauch vorhanden sein muchten..Die Klöster versprach er in Schutz zu nehmen und
ohne des Kapitels Einwilligung darin nichts zu ändern. Im übrigen stellte er die Abschaffung der Miß-
bräuche bei den Gerichten sowie bei Hochzeiten, Kirchmessen, Kindelbier, Kleidung usw. in Aussicht.
Dieses 1580 noch einmal bestätigte, vorsichtige Programm 72 hat Heinrich auch befolgt, jedoch so, daß
das lutherische Kirchenwesen gefördert wurde, auch auf dem Lande gefestigt und in geordnete Bahnen
geführt werden konnte. 1572/73 fand vermutlich eine Kirchenvisitation in der Dompropstei statt 73, über
die jedoch genauere Nachrichten fehlen. Auch die Reformation der Klöster machte jetzt Fortschritte, so
daß schließlich nur noch Zeven, Harsefeld, Altkloster und Neukloster katholisch blieben 74. Die Datie-
rung der Wurster Agende auf 1574 fügt sich gut in diesen Rahmen ein. Heinrich selbst heiratete 1575 75.
Zur Aufstellung einer KO für das ganze Erzstift ist es anscheinend auch unter Erzbischof Hein-
rich nicht gekommen 75 a. Aber im Zusammenhang mit seiner großzügigen Rechtsfürsorge und Rechts-
reform 76 ließ er 1580 eine Polizeiordnung entwerfen 76a, die auch die kirchlichen Verhältnisse berührte,
wobei das Kapitulationsversprechen nicht verletzt, andererseits der evangelische Standpunkt doch vor-
sichtig bekundet wurde. Hinsichtlich der Predigt, der Reichung der Sakramente und der Ausübung der
Zeremonien wird darin auf die Ordnung und den Gebrauch verwiesen, auf den sich der Erzbischof mit
den Prälaten und der Landschaft verglichen habe. Anscheinend ist damit jedoch keine bestimmte, schrift-
liche KO gemeint. Die Polizeiordnung lehnt sich in etlichen Bestimmungen an Kirchen- und Polizei-
ordnungen anderer protestantischer Länder, insbesondere die Lüneburger Polizeiordnung von 1564, viel-
fach aber auch an die Reichspolizeiordnung von 1577 bzw. deren Vorgängerinnen an. Sie befindet sich
72 Heinrichs Kapitulation von 1580 ist abgedruckt bei J. Ph. Cassel I, 565ff., vgl. bes. 566f. 573f.
73 Vgl. J. H. Pratje, Herzogthümer Bremen und Verden II, 151; E.G.Wolters, Kirchenvisitation, 107. 122; ders.,
Ertrag, 70. 71. 85. Vgl. dazu Anm. 75 a.
74 Vermutlich kam um 1570 die Reformation im Kloster Lilienthal zum Abschluß; vgl.K. Lilienthal, 34. Im
Kloster Neuenwalde wurde wahrscheinlich durch unmittelbares Eingreifen des Erzbischofs 1574 die Reformation
eingeführt; vgl. unten S. 39, Anm. 1. Das Kloster Himmelpforten scheint die evangelische Lehre um 1580 an-
genommen zu haben; vgl. J. H. Pratje, Altes und Neues XI, 266; P. v. Kobbe I, 120. Zu den katholisch ge-
bliebenen Klöstern vgl. die Akten im Staats-A. Hann.: Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 66 Nr. 2. 3. 5, betr. Visi-
tationen; W. Klinsmann, Der Katholizismus in Bremen-Verden während des 17. Jh.s, in: Stader Archiv NF
20 (1930), 16ff.; H. Seebo, 73ff. Vgl. auch F. W. Wiedemann II, 49ff. 75 Vgl. F.W.Wiedemann II, 177.
75a Daß ein Plan zur Aufstellung solcher KO bestanden hat, ergibt sich aus der Proposition für den Landtag am
Steingraben vom 17. Juli 1572 (Staats-A. Hann. Stade Br.Arch. Des. 5b Fach 92 Nr. 14). Dort heißt es: Erst-
lich das kirchenregiment, die religion und das salichmachende wort Gottes betreffende, erkennet m. gst. f. und her
sich schuldig, fur allen dingen Gottes ere zu befordern, wie dan S. F. G. hirbevor auf gehaltenem landtage solchs
auch haben proponiren und etzlichermassen handelen lassen, wiewoll eß aber an deme, das S. F. G. befinden, wel-
cher gestalt in diesem erzstifte beides, mit der lehre, ceremonien und kirchendienste, ingleichen der kirchen gutern
grosse unrichtigkeit und mißbreuch gehalten werden, so wolten S. F. G.... sich gerne einer kirchenordenunge der
gestalt voreinigen, das auf vorgehende visitation aller kirchen, der pastorn und kirchenguter im ganzen erzstift
durchaus ein einhellig kirchenregiment, beides, an lehre, ceremonien und dem ganzen kirchendienste, Gott dem
almechtigen zu lob und ehren und den armen undertanen zu troste, ihrer seelen heil und seligkeit aufgerichtet und
hinforder richtigk gehalten werden mochte... (Domkapitel und gemeine Landschaft sollen sich diese Sache an-
gelegen sein lassen). — Zu diesem Propositionspunkt ist jedoch am Rand von anderer Hand bemerkt, daß dieser
Punkt geändert und nur proponiert sei, man wolle sich vor den stets von neuem einschleichenden Sekten hüten. -
Die mutmaßliche Visitation in der Dompropstei von 1572/73 (vgl. oben bei Anm. 73) könnte aber doch auf die
in der Proposition dargelegte Absicht zurückzuführen sein, vielleicht auch die Aufstellung der Wurster Agende 1574 ?
76 1577 veranlaßte Heinrich die schriftliche Herausgabe des bremischen Ritterrechts. Es wurde mehrfach neu
redigiert, gedruckt zu Stade 1673, nach dem Stader Druck von 1739 abgedruckt bei F. E.v. Pufendorf,
Observationes juris universi IV. 1770, Appendix I. — 1581 schuf Heinrich das Osterstader Landrecht, gedruckt
bei Pufendorf, aaO. III. 1756, Appendix I. — 1583 veranlaßte er die schriftliche Festlegung des Hadelner
Landrechts, nach der Ausgäbe von 1671 gedruckt bei Pufendorf, aaO. I, 1744, Appendix I. Vgl. dazu P.v.
Kobbe I, 247ff.; F.W.Wiedemann II, 166ff.
76a Schon die erzbischöfliche Proposition zum Basdahler Landtag vom 20. Juli 1573 enthält eingehende Vorschläge
zur Aufstellung einer Polizeiordnung. Auf dem Landtag zu Basdahl vom 17. November 1580 wurde das Projekt
von den Ständen wieder aufgegriffen, die Polizeiordnung darauf von den Bäten des Erzbischofs zusammengestellt
11
irtumb und mißbrauch vorhanden sein muchten..Die Klöster versprach er in Schutz zu nehmen und
ohne des Kapitels Einwilligung darin nichts zu ändern. Im übrigen stellte er die Abschaffung der Miß-
bräuche bei den Gerichten sowie bei Hochzeiten, Kirchmessen, Kindelbier, Kleidung usw. in Aussicht.
Dieses 1580 noch einmal bestätigte, vorsichtige Programm 72 hat Heinrich auch befolgt, jedoch so, daß
das lutherische Kirchenwesen gefördert wurde, auch auf dem Lande gefestigt und in geordnete Bahnen
geführt werden konnte. 1572/73 fand vermutlich eine Kirchenvisitation in der Dompropstei statt 73, über
die jedoch genauere Nachrichten fehlen. Auch die Reformation der Klöster machte jetzt Fortschritte, so
daß schließlich nur noch Zeven, Harsefeld, Altkloster und Neukloster katholisch blieben 74. Die Datie-
rung der Wurster Agende auf 1574 fügt sich gut in diesen Rahmen ein. Heinrich selbst heiratete 1575 75.
Zur Aufstellung einer KO für das ganze Erzstift ist es anscheinend auch unter Erzbischof Hein-
rich nicht gekommen 75 a. Aber im Zusammenhang mit seiner großzügigen Rechtsfürsorge und Rechts-
reform 76 ließ er 1580 eine Polizeiordnung entwerfen 76a, die auch die kirchlichen Verhältnisse berührte,
wobei das Kapitulationsversprechen nicht verletzt, andererseits der evangelische Standpunkt doch vor-
sichtig bekundet wurde. Hinsichtlich der Predigt, der Reichung der Sakramente und der Ausübung der
Zeremonien wird darin auf die Ordnung und den Gebrauch verwiesen, auf den sich der Erzbischof mit
den Prälaten und der Landschaft verglichen habe. Anscheinend ist damit jedoch keine bestimmte, schrift-
liche KO gemeint. Die Polizeiordnung lehnt sich in etlichen Bestimmungen an Kirchen- und Polizei-
ordnungen anderer protestantischer Länder, insbesondere die Lüneburger Polizeiordnung von 1564, viel-
fach aber auch an die Reichspolizeiordnung von 1577 bzw. deren Vorgängerinnen an. Sie befindet sich
72 Heinrichs Kapitulation von 1580 ist abgedruckt bei J. Ph. Cassel I, 565ff., vgl. bes. 566f. 573f.
73 Vgl. J. H. Pratje, Herzogthümer Bremen und Verden II, 151; E.G.Wolters, Kirchenvisitation, 107. 122; ders.,
Ertrag, 70. 71. 85. Vgl. dazu Anm. 75 a.
74 Vermutlich kam um 1570 die Reformation im Kloster Lilienthal zum Abschluß; vgl.K. Lilienthal, 34. Im
Kloster Neuenwalde wurde wahrscheinlich durch unmittelbares Eingreifen des Erzbischofs 1574 die Reformation
eingeführt; vgl. unten S. 39, Anm. 1. Das Kloster Himmelpforten scheint die evangelische Lehre um 1580 an-
genommen zu haben; vgl. J. H. Pratje, Altes und Neues XI, 266; P. v. Kobbe I, 120. Zu den katholisch ge-
bliebenen Klöstern vgl. die Akten im Staats-A. Hann.: Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 66 Nr. 2. 3. 5, betr. Visi-
tationen; W. Klinsmann, Der Katholizismus in Bremen-Verden während des 17. Jh.s, in: Stader Archiv NF
20 (1930), 16ff.; H. Seebo, 73ff. Vgl. auch F. W. Wiedemann II, 49ff. 75 Vgl. F.W.Wiedemann II, 177.
75a Daß ein Plan zur Aufstellung solcher KO bestanden hat, ergibt sich aus der Proposition für den Landtag am
Steingraben vom 17. Juli 1572 (Staats-A. Hann. Stade Br.Arch. Des. 5b Fach 92 Nr. 14). Dort heißt es: Erst-
lich das kirchenregiment, die religion und das salichmachende wort Gottes betreffende, erkennet m. gst. f. und her
sich schuldig, fur allen dingen Gottes ere zu befordern, wie dan S. F. G. hirbevor auf gehaltenem landtage solchs
auch haben proponiren und etzlichermassen handelen lassen, wiewoll eß aber an deme, das S. F. G. befinden, wel-
cher gestalt in diesem erzstifte beides, mit der lehre, ceremonien und kirchendienste, ingleichen der kirchen gutern
grosse unrichtigkeit und mißbreuch gehalten werden, so wolten S. F. G.... sich gerne einer kirchenordenunge der
gestalt voreinigen, das auf vorgehende visitation aller kirchen, der pastorn und kirchenguter im ganzen erzstift
durchaus ein einhellig kirchenregiment, beides, an lehre, ceremonien und dem ganzen kirchendienste, Gott dem
almechtigen zu lob und ehren und den armen undertanen zu troste, ihrer seelen heil und seligkeit aufgerichtet und
hinforder richtigk gehalten werden mochte... (Domkapitel und gemeine Landschaft sollen sich diese Sache an-
gelegen sein lassen). — Zu diesem Propositionspunkt ist jedoch am Rand von anderer Hand bemerkt, daß dieser
Punkt geändert und nur proponiert sei, man wolle sich vor den stets von neuem einschleichenden Sekten hüten. -
Die mutmaßliche Visitation in der Dompropstei von 1572/73 (vgl. oben bei Anm. 73) könnte aber doch auf die
in der Proposition dargelegte Absicht zurückzuführen sein, vielleicht auch die Aufstellung der Wurster Agende 1574 ?
76 1577 veranlaßte Heinrich die schriftliche Herausgabe des bremischen Ritterrechts. Es wurde mehrfach neu
redigiert, gedruckt zu Stade 1673, nach dem Stader Druck von 1739 abgedruckt bei F. E.v. Pufendorf,
Observationes juris universi IV. 1770, Appendix I. — 1581 schuf Heinrich das Osterstader Landrecht, gedruckt
bei Pufendorf, aaO. III. 1756, Appendix I. — 1583 veranlaßte er die schriftliche Festlegung des Hadelner
Landrechts, nach der Ausgäbe von 1671 gedruckt bei Pufendorf, aaO. I, 1744, Appendix I. Vgl. dazu P.v.
Kobbe I, 247ff.; F.W.Wiedemann II, 166ff.
76a Schon die erzbischöfliche Proposition zum Basdahler Landtag vom 20. Juli 1573 enthält eingehende Vorschläge
zur Aufstellung einer Polizeiordnung. Auf dem Landtag zu Basdahl vom 17. November 1580 wurde das Projekt
von den Ständen wieder aufgegriffen, die Polizeiordnung darauf von den Bäten des Erzbischofs zusammengestellt
11