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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0047
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der Konsistorialen sollte es sein, unbeschadet der Rechte der anderen Würdenträger im Erzstift, die Rechte
des Erzbischofs in kirchlichen Belangen wahrzunehmen und zu festigen. Die Ordnung dürfte den ein-
zigen Versuch eines bremischen Erzbischofs darstellen, für sein Land eine neue, anderen evangelischen
Ländern, soweit es die Verhältnisse erlaubten, ähnliche Kirchenverfassung zu schaffen. Auf die Gegeben-
heiten des Erzstifts wirft sie ein helles Licht, so daß es schon deshalb gerechtfertigt erscheint, sie, wenn
auch unter Vorbehalt, hier aufzunehmen. Die in ihr geforderten Katechismuspredigten wurden schon durch
Mandat vom 13. Dezember 1614 5 für gesetzlich erklärt. Das undatierte Mandat des Erzbischofs Fried-
rich untersagt Verwandtenehen in den von „göttlichen und weltlichen Rechten“ verbotenen Graden und
die Trauung solcher Personen, die den Pfarrern unbekannt sind, und nimmt dabei auf ein älteres Edikt
Bezug. Die Konsistorialordnung, auch wegen der möglicherweise relativ sehr späten Abfassungszeit, in
Kleindruck: Text Nr. 7.

Zur Regierungszeit des Erzbischofs Johann Friedrich fanden auch mehrfach Visitationen statt. 1601
ließ der Erzbischof die unter seiner Aufsicht stehende Pfarre in Twielenfleth visitieren. Der Visitations-
bericht 6 bezieht sich jedoch nur auf die Kirchengüter und das Einkommen des Pfarrers. 1604 ordnete
der Dompropst Friedrich von Braunschweig-Lüneburg (1602-1648) eine Visitation seiner Kirchen an,
wobei er, offenbar von Lüneburger Verhältnissen ausgehend, in Ermangelung eines Superintendenten
im Erzstift den Superintendenten von Celle oder von Nienburg heranzuziehen erwog 7. Zu weiteren Visi-
tationen in Twielenfleth und in den Kirchen des Dompropstes vgl. die einschlägigen Akten des Staats-
archivs Hannover 8.

Aus der Zeit Johann Friedrichs ist noch eine Ordnung für das Kloster Neuenwalde überliefert, die
dazu dienen sollte, die Schwierigkeiten des Klosters, über die die Nonnen schon seit der Regierungs-
zeit Erzbischof Heinrichs klagten 9, zu überwinden. Langes Festhalten des Klosters am katholischen
Glauben (bis ca. 1574) inmitten einer bereits lutherischen Umgebung hatte nicht nur zur Auflösung des
klösterlichen Patronatsverbandes, sondern auch zum Verlust bzw. zur Auflockerung der klösterlichen
Grundherrschaft geführt 10. Das Kloster verarmte, die Gebäude verfielen, den Nonnen fehlte der nötige
Unterhalt. Von Zeit zu Zeit war man auch in Verlegenheit um einen gewissenhaften Verwalter wie um
eine tüchtige, uneigennützige und zuchtvolle Domina 11. Im Zusammenhang mit den vielfältigen Ver-
suchen zur Wiederherstellung der Ordnung wurde 1606 eine Klosterordnung für Neuenwalde entworfen,
aber erst 1614 durch den Erzbischof in Kraft gesetzt. Das Konzept von 1606 und das besiegelte und
unterzeichnete Original befinden sich im Staatsarchiv Hannover 12. Wir drucken die Ordnung nach dem
Original unter Angabe der ersten Fassung, sofern die Endfassung abweicht, in den Fußnoten. Text Nr. 8.

Schließlich sind im Erzstift noch zahlreiche Mandate und Ordnungen für die einzelnen Teile des
Landes zur Beschränkung dcs Aufwandes bei Familienfesten, wie Hochzeiten, Taufen usw., ausgegangen
und öfter erneuert worden, auch noch unter dem letzten Erzbischof 13, die es hier nicht lohnt, im ein-
zelnen aufzuzählen.

5 Staats-A. Hann. Stade Br.Arch. Des. 5b Fach 186 Nr. 10.

6 Staats-A. Hann. Stade Br.Arch. Des. 5b Fach 190 Nr. 123.

7 Vgl. Staats-A. Hann. Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 40 Nr. 39: Schreiben Friedrichs vom 14. 4. 1604 an das Dom-
kapitel und vom 24. 6. 1604 an den Domherrn Engelbert Wiepermann; Hinweise auf die 1604 tatsächlich erfolgte
Visitation in den Akten der Visitation von 1614/15, ebd. und bei H. Schlichthorst, Beyträge III, 332ff. Vgl. auch
E. G.Wolters, Kirchenvisitation, 73f.

8 Siehe Anm. 7. Akten über die Visitation der Dompropstei von 1621: Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 186 Nr.13.Vgl.
dazu E. G.Wolters, Kirchenvisitation, 73f.

9 Vgl. den Schriftwechsel im Staats-A. Hcmn. unter Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 76 Nr. 88, 89, 90 und 93.

10 Vgl. die ausführliche Darstellung von E. v. Lehe in: H. Rüther, Neuenwalde, 38ff. 47ff.; ferner E. Drägert
und v. Lehe, in: JbMM 40 (1959), 75ff., und 41 (1960), 17ff. 11 Näheres siehe unten S. 39, Anm. 1.

12 Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 76 Nr. 98 (Konzept) und Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 76 Nr. 103.

13 Vgl. Staats-A. Hann. Stade Br. Arch. Des. 5b Fach 186 Nr. 6; zu den Aufwandsbeschränkungen in Wursten G. v.
d. Osten,Wurstfriesische Familienfeierlichkeiten, in: JbMM 21 (1923/24), 10ff.

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