Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0051
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Reformation und Ordnung 1580

Keine andere religion dan die zwo, so anno
etc. 55 in dem aufgerichten religionsfrie-
den 8 begriffen, zu gestatten.

Anfenglichs, nachdem nicht alleine einer jeden
obrigkeit, sondern auch einem jeden Christenmen-
schen auf dieser erden zum hogsten angelegen sein
soll, damit die ehre Gottes in diesem vergenglichen,
zeitlichen leben mit allem christlichen eifer und
ernst müge befurdert werden, alß wöllen wir erst-
lich, das in diesem unserm erzstift Gottes wort lau-
ter, rein und unverfelscht nach inhalt der prophe-
tischen und apostolischen leher hin und wider in
kirchen und schulen soll gelehret und gepredigt,
auch in unserm erzstifte keine andere religion ge-
düldet werden dan alleine die zwo, so in dem anno
etc. 55 zu Augßburgk aufgerichteten reichsab-
schiede begriffen sein. Derwegen so wöllen wir die-
jenigen, so dagegen reden und insonderheit wider
die zwo hochwürdige sacramenta der heiligen tauf
und des Hern nachtmall heimlich oder öffentlich
schreiben oder lehren, wie dan gemeiniglich durch
die widerteufer, schwermer und sacramentierer ge-
schicht, in unserm erzstift nicht gedulden. Wo aber
die erfahren, sollen sie an stund ewiglich verwiesen
werden. Do sie aber darüber wider einschleichen

8 Der Augsburger Religionsfriede schützte die Ver-
wandten der Augsburgischen Konfession und die
Katholiken. Religionsfreiheit ohne Rechtsnachteil
hatten aber nur weltl. Reichsstände und Reichs-
ritterschaft. Eine königl. Deklaration vom 24. Sept.
1555 zugunsten der Landstände in den geistl. Für-
stentümern wurde in den Reichsabschied nicht auf-
genommen. Vgl. K. Brandi, Der Augsburger Reli-
gionsfriede vom 25. Sept. 1555 2. 1927; siehe auch
A. v. Druffel-K. Brandi, Briefe und Akten zur
Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts etc. IV.
Beiträge zur Reichsgeschichte 1553-1555. 1896,
553ff.; J. Heckel, RGG 3 I, 736f.

9 Die Carolina verfügte in Art. 127 „straff derjen-

nen, so ufrur des volks machen“. Die Strafen: Ab-

schlagung des Hauptes, Rutenstreichen, Landes-
verweisung, Verweisung aus dem Gericht, der Stadt,
dem Flecken oder dem Gebiet (Ausg. J. Kohler-
W. Scheel. 1900, 65). Zum Fallenlassen des Ket-
zerparagraphen gegenüber der Bambergensis in der
Caroiina vgl. J. Segall, aaO. 67ff. Eine „Con-
stitution“ gegen die Wiedertäufer wurde am 23. April
1529 zu Speyer erlassen (Koch-Senckenberg,
aaO. 2. Th., 302f.); vgl. dazu § 6 des Reichs-
abschieds (aaO. 294). Danach sollten die Wie-
dertäufer, „mann- und weibspersonen verständigs
alters“ mit Feuer oder Schwert „oder dergleichen“

und mit ihrer verführischen und verdammeten
lehre die einfaltigen leute verfüren wurden, sollen
sie nach inhalt des heyligen reichs constitutionen 9
am leben gestrafft werden.

Von gottslesterung.

Nachdem die gotteslesterung in gödtlichen, geist-
lichen und weltlichen rechten bei hohen peenen und
straffen verbotten und durch solch hochbeschwer-
lich übel Godt der allmechtig nicht alleine gegen
den gottslesterern, sondern auch die oberkeit, die
solchens zu wehren schuldig sein und gedulden, zu
den werken des zorns und erschrocklicher zeitlicher
und ewiger straff bewegt wird 10 und in der jungst
publicirten policeyordnungen gesatzt, wie solche
gottslesterer, nemblich, die Godt zumessen, das sei-
ner gottlichen majestät nicht bequem, oder mit
ihren worten dasjennige, so Godt zustehet, ab-
schneiden, oder ob Godt nicht ein ding vermöchte
oder nicht gerecht were oder sonst dergleichen
freventliche, verächtliche lesterwort in oder wider
Godt, seine heilige menscheit oder die gödtliche
sacramenta reden 11, der gebühr nach angegeben
und andern zum exempel am leben sollen gestraffet
werden, alß gebieten wir ernstlich, das ein jeder

hingerichtet werden „nach gelegenheit der personen
ohn vorgehend der geistlichen richter inquisition“.
„Friedbrecher, hauptsächer, landläufer und die auf-
rührige aufwickler des berührten lasters des wider-
taufs, auch die, so darauf beharren oder zum andern-
mal umgefallen“, sollten nicht begnadigt werden.
Nur bei Bußfertigen, die sich bekehren, widerrufen
und um Gnade bitten würden, wollte man unter
Umständen eine Begnadigung gestatten usw. - Diese
„Constitution“ wurde im Augsburger Reichsabschied
von 1530, § 40 (aaO. 312), erneut eingeschärft, im
Reichsabschied von Speyer 1544, § 74 (aaO. 509),
und im Augsburger Reichsabschied von 1551, § 87 ff.
(aaO. 623f.) erneuert. 1551 wird über die Nachläs-
sigkeit der Richter bei den peinlichen Halsgerichten
geklagt und das Mandat insbesondere zur Bekämp-
fung derjenigen erneuert, die „den oberkeiten nicht
huldigen und schwören oder gar keine oberkeit er-
kennen wöllen“. Vgl. auch Quellen u. Forschungen
z. Reformationsgeschichte 13. 1930 (G. Bossert),
1*ff.

10 Vom Anfang des Abschnittes bis hierher fast wört-
liche Anlehnung an Tit. I, § 1 der Reichspolizei-
ordnung von 1577 (Koch-Senckenberg, aaO.
3. Th„ 380).

11 Von „die Godt zumessen“ bis hier enge Anlehnung an
Tit. I, § 2 der Reichspolizeiordnung von 1577 (aaO.).

2*

19
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften