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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0069
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Konsistorialordnung um 1616

auß denen ihm bekanten oder sonsten einkommenen
sachen die proposition, wie auch, do wir nicht zugegen,
seines gutachtens nach erforderung der sachen und der-
selbigen gelegenheit die umbfrage tuen und zuletzt
ahn unserer statt mit seinem voto den schluß machen,
waruber dan durch einen unserer hierzue verordneten
secretarien ein formblich, richtigk protocol gehalten
werden soll, damit hiervon zu allen zeiten der definition
wie auch derselben motiven bestendige nachrichtung
genommen werden können.

Er soll auch daran sein, das ein jeder collega in sei-
nem voto, welches doch einem jedwedern freygelaßen
werden soll, einer gewißen decision und deren motiven
kurzlich und ohn ohnnötigk weitleuftigkeit 20 sich be-
fleißige. Die vota sollen nicht allemal nach dem numero
auß dem mehrerm denn schluß machen, sondern von
allen consistorialn fleißigk examiniret, ponderiret und,
da müglich, zu einer einhelligen meinung gebracht oder
in mangel derselben unsers außschlags hiervon erwar-
tet werden.

Bey der umbfragk und den stimmen sollen alle heim-
liche affecten und verbitterung verhütet und dahin
durch unsern kanzelar aller fleiß angewendet werden,
das unter den consistorialn alle mittel und ahnlaß zu
schedlicher trennung der gemütter vermitten bleiben,
inmaßen er bey guter zeit, do er hiervon das weinigste
vermerken wirt, denselben ohn weitleuftigkeit gelimpf-
lich oder nach noturft mit unserm vorbewust ernstlich
vorbauwen soll.

So sollen auch unsere hierzu verordnete kirchendie-
ner keine auß unsern bestallten ministris oder schulen-
dienern, wie zun zeiten geschicht, unter dem praetext
eines vermeitenden scandali in ihren befundenen ex-
cessen unzimblich zu ubertragen sich unterstehen, son-
dern jederzeit nach rat des collegii verhoffte beßerung
derselben helfen suchen, in mangel aber derselben pro
aedificanda magis ecclesia quam fovendo scandalo uff
ernste, abhelfliche mittel einstimmen und bedacht
sein.

Eß soll auch in solchen mangelen der kirchen- und
schuldiener nicht iderzeit den bloßen berichten der
landdiener volstendiger glaube absolute beigemeßen,
sondern, dieweil an denselben auch biesweilen mangel
erscheinet, durch die consistorialen heimbliche und
fleißige nachforschung und erkundigung bey den inge-
pfarreten und andern benachbarten deßwegen fur-

20 Druckvorlage: weitleutigkeit; Stück 2: weitleuftig-
keit.

21 „unserer kanzelei“ steht nur in Stück 2.

22 Kanzleiordnung: ordnen und wollen wir, daß es bey
der für uns gefundenen bremischen taxordnung, so
wir hiemit nochmals, biß auf fernere unsere special-
verordnung und verbesserung unsern kanzlern hie-
mit zu observiren und anbefehlen, verbleiben soll
(vgl. aaO. 56). Vgl. die Taxordnung im Staats-A.

genommen werden. In den befundenen excessen der
kirchendienern soll nicht alsobald a remotione dersel-
ben angefangen, sondern per viam suspensionis inscia
ecclesia zur beßerung procediret werden, qua decreta
derselben reditus pro rato temporis dem consistorio
eingeliefert und ad pios usus verwendet werden. Wurde
aber dardurch furters keine beßerung verursacht, als-
dann sollen solche ergerliche personen mit unserm vor-
bewust und consens removiret und derselben stelle mit
gottsfurchtigen, qualificirten personen wiederumb be-
stellet werden.

Wir wollen auch hierein nicht allein die unserige im-
mediate von unß bestalte, sondern auch durch unsere
praelaten und andern patronen praesentirte kirchen-
diener weiniger nicht gemeinet haben, denen wir dan
ebenso wenigk als den unserigen ungemittelten solche
ergerliche excesse zu offenem scandalo der christlichen
kirchen und unserm despect ohngestraffet hingehen zu
laßen gedenken. Eß soll aber bei solchem allem niemand
ubereilet,weiniger jemant seine defensiones abgeschnit-
ten, sondern jederzeit gebuhrliche erkantnuß der
sachen durch noturftige urkund und beweiß hierein
furgenommen werden, damit sich niemand mit fugen
darwieder zu beschweren.

Die mißiven, schrifte und processe sollen durch un-
sern kanzelär oder, do es die sachen erdulden, durch
unsern hierzu verordeneten secretarium concepiiret
und verfertigt, auch von ihm ingroßiret und, do es
müglich, jederzeit unter unser subscription, sonsten
aber in unserer kanzler und räte namen anfenglich bies
uf fernere unsere verordnung abgehen und außgefer-
tigt, auch mit dem kanzeleysecret durch unsern kan-
zeler versiegelt werden. So sollen auch in diesem col-
legio unserer kanzelei 21 tax und deren darüber be-
schehenen verordnung 22 nachgegangen und niemand
daruber im geringsten beschweret werden, derselben
vorrat unser kanzler zum halben teil unter den ver-
ordneten secretarien und andere auß den consistorialn
personen nach gehabter mühe außteilen soll.

Damit dan auch die consistorialacta und -schriften
in ihrer eigenen abgesonderten registratur mit anderen
kanzeley- und kammersachen unvermischet bleiben, so
soll darzu ein sonderer schrank und repositur in unser
kanzeley zu gemeiner registratur verordneten gewelb
dem secretario eingegeben und darin alles mit ratt un-
seres kanzlers verwarlich registriret werden 23. Was auch

Hann.: Stade Br. Arch. Des. 5 b Fach 128 Nr. 15 a,

Bl.21.

23 Kanzleiordnung: Damit denn auch [bey] der kanzley-
registratur eine sondere richtigkeit gehalten werde,
so wollen wir einen unserer sekretarien dazu ver-
ordnen, welche für anderen dieselbige in gebühren-
der formb mit rat und angeben unsers kanzlers anstel-
len und halten..., daß ein jedes verwarlich und an
seinen gebührenden ort registrirt werde (vgl.aaO. 58).

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