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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0095
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lich unter dem Ordinariat des Propstes des vor der Stadt gelegenen Benediktinerinnenklosters „Alt-
kloster“ 3, dem die Pfarrkirche inkorporiert war, standen. Die Verwaltung des Kirchenvermögens lag
jedoch z. T. in der Hand des Rates bzw. von Mitgliedern des Rates 4, der an der Marienkapelle
Patronatsrechte besaß.

Die Anfänge der Reformation liegen im dunkeln. Das frühe Auftreten reformatorischer Strömun-
gen in den beiden anderen großen Städten des Erzstifts 5, der enge Zusammenschluß der Stände, insbeson-
dere der Städte, gegen den Erzbischof 6 und die geräuschlose Art der späteren offiziellen Einführung der Re-

to Buxtehude“ als des Propstes und „unses kloster kappellan“ bezeichnet; vgl. auch die von R. Doebner in
der Zeitschrift für Kirchengeschichte 27 [1906], 472ff., und die von Pratje, Altes und Neues VI, 237ff., mit-
geteilten Urkunden). Vgl. Pratje, Altes und Neues X, 201ff. (Aufzählung der Vikarien der Stadtkirche ebd.
203ff.); K. E. Fick, 35; J. Müller, 25; E. Krohn in: H. Roscher I, 22ff.; bes. Schindler, 12ff. 22. 25;
H. W. H. Mithoff V, 31ff. — Die Marienkapelle stand am Marschtor, war im 14. Jh. errichtet und mit einem
Marienbild, das vorher in der Petrikirche gestanden hatte, ausgestattet worden. So war sie in katholischer Zeit
ein beliebter Wallfahrtsort (vgl. L. Mushard zum Jahr 1373). 1442 erhielten die Juraten der Kapelle vom Bischof
zu Verden die Erlaubnis, ein bleiernes Signum machen zu lassen, das den Pilgern, die es annahmen, vierzigtägigen
Ablaß gewähren sollte (vgl. die Urkunde bei Pratje, Religions-Geschichte II, 1, Beylagen, 18ff.). In einer Ur-
kunde vom 4. April 1537 (Staats-A. Hann. Depositum Buxtehude Nr. 214) ist von einer Summe zum Bau der
Kapelle die Rede, wobei das Gotteshaus als Kirche bezeichnet wird. 1555 wird ein Gebäude „Unser Leven Frouen
waninge“ genannt (Buxtehuder Erbebuch 1320—1555, S. 154, 1, Stadt-A. Buxtehude; Mitteilung von Fräulein
Dr. M. Schindler, Buxtehude). Auch in den Jahren 1562 und 1566 wird „Unser Lewen Frouen kercken“ noch
erwähnt (Staats-A. Hann. aaO. Nr. 286 und 667). Vgl. auch unten S. 91, Anm. 40. Demnach dürfte die Kapelle
1550 noch nicht abgerissen sein, wie teilweise angenommen wird (z.B. von Rotermund, Annalen IV, 402; auch
von Fick, 36, Anm. 73). Ihr Patrozinium hatte sie, ebenso wie die Peterskirche, von einem Gotteshaus des Dorfes
Buxtehude überkommen, das in der Klostergründungsurkunde von 1197 erwähnt wird. Den Patronat über die Ka-
pelle hatte der Rat. Vgl. Pratje, Altes und Neues X, 201. 205f. (dort auch die Aufführung der Vikarien); Reli-
gions-Geschichte II, 1, 47. II, 2, 27; Rotermund, aaO. 401f.; L.M.H. Pape, 83f.; Mithoff V, 33; Fick, 26.
36; Krohn, aaO. 22. 25; Schindler, 22. 27. — Die am Geesttor gelegene H. Geist-Kapelle war im 14. Jh.
errichtet. 1373 wird der Pfarrer der Heiliggeistkirche urkundlich erwähnt (Staats-A. Hann. aaO. Nr. 421),
bereits in einer Urkunde vom 19. Juni 1396 sind die „armen lude to dem hilgen Geste“ genannt (vgl. ebd. Nr. 58),
die danach öfter in Erscheinung treten, besonders häufig 1544 (Staats-A. Hann. aaO. Nr. 234. 636. 637; vgl.
auch E. Keyser, 84; für die spätere Zeit vgl. z. B. Staats-A. Hann. aaO. Nr. 670 von 1566; zu vergleichen
sind auch die z. T. nur noch schwer lesbaren Urkunden Nr. 648. 650. 665 u. a.). Falsch ist die Nachricht, die
Kapelle sei bei der Reformation in ein Armenhaus verwandelt (so Pratje, Altes und Neues X, 205). In der
Urkunde Nr. 636 vom 26. Juni 1544 wird die Kapelle, hier wiederum als Kirche bezeichnet, neben dem Hospital
genannt. Vollständig abgebrochen wurde sie erst im 19. Jh. Vgl. Pratje, aaO. 205f.; Rotermund, aaO.
391f.; Mithoff V, 33; Fick, 36; Krohn, aaO. 25. - Daneben gab es außerhalb der Stadtmauer die weniger
bedeutende Annenkapelle; vgl. Pratje, aaO. 205f. (mit Aufführung der Vikarien); Rotermund, aaO.
867; Pape, 84; Mithoff V, 33; Krohn, aaO. 25f. - Die Patrone der städtischen Gotteshäuser wurden übri-
gens noch 1544 auf dem sog. Buxtehuder Rathausschrank dargestellt: Petrus, der hl. Geist und Maria; vgl.
G. Keetz in: Roscher I, 87ff. — Zu den Buxtehuder Gotteshäusern vor der Reformation vgl. auch Fick in: Ro-
scher II, 39; H.W. Krumwiede, Die mittelalterlichen Kirchen- und Altarpatrozinien Niedersachsens. 1960,
245.

3 Vgl. dazu unten S. 83, Anm. 76.

4 Dies ergibt sich aus zahlreichen Urkunden; vgl. z. B. Staats-A. Hann. Depositum Buxtehude Nr. 30 (Urkunde

von 1372). Nr. 38 und Nr. 39 (Urkunden von 1381). Nr. 214 (Urkunde von 1537). Das Amt der Kirch-
geschworenen wurde teilweise von Ratsmitgliedern wahrgenommen; vgl. z. B. ebd.Nr. 99 (Urkunde von 1464).
Nr. 112 (Urkunde von 1475). Nr. 223 (Urkunde von 1539). Nr. 228 (Urkunde von 1541). Vgl. auch Buxtehuder
Erbebuch, Stadt-A. Buxtehude, S. 118 u. 121 (1497 u. 1504). Es handelt sich hier durchweg um Angelegenheiten
der Marienkapelle. In einer Urkunde vom 31. März 1545 bezeichnen sich Bürgermeister und Rat dann „als de
averste vorstendere der kercken“; vgl. Staats-A. Hann. aaO. Nr. 640. Vgl. auch J.H. Pratje, Altes und Neues VI,
228. Die Vikare und Priester verwalteten ihre Vermögensangelegenheiten selbst und traten in vermögensrechtlicher
Hinsicht oft als Einheit auf. — Einzelheiten bedürften noch einer näheren Untersuchung, die in diesem Rahmen lei-
der nicht möglich war. 5 Vgl. oben S. 7f. 45.

6 Vgl. oben S. 7f. Über ein gelegentlich besonderes Hervortreten Buxtehudes bei den Streitigkeiten zwischen dem
Erzbischof und der Stadt Bremen und deren Beilegung vgl. L. Mushard zu den Jahren 1526, 1533; auch J. Ren-
ner, Cronica der Stadt Bremen (vorhanden u. a. in der Niedersächs. Staats- und Universitätsbibliothek Göttin-
gen) zu den Jahren 1525 und 1533; Rotermund, Annalen IV, 873f.; L.M. H. Pape, 24ff.; E. Krohn in:
H. Roscher I, 29. Vgl.den Basdahler Landtagsrezeß vom 23. September 1533 in: Bremisches Jb, 2. Serie 1
(1885), 148ff.

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