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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0096
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formation in Buxtehude lassen vermuten, daß auch hier früh evangelische Neigungen bestanden haben 7,
daß aber die Abhängigkeit des gesamten kirchlichen Lebens vom katholischen Altkloster bei der Haltung
des Erzbischofs eine gesetzliche Einführung der evangelischen Lehre und eine Neugestaltung des Kirchen-
wesens erschwerte. Überliefert ist nur, daß der Rat 1542 die lutherische Religion einführte, die Betfahrten
zur Marienkapelle und andere katholische Zeremonien abstellte und über die Vikarien- und andere Ge-
fälle zugunsten des Predigtstuhls an der Pfarrkirche und zugunsten der Schule verfügte 8. Möglicher-
weise war er zu diesem Schritt ermutigt durch das siegreiche Vorgehen des Schmalkaldischen Bundes
gegen Heinrich d. Jüngeren von Wolfenbüttel, den Bundesgenossen des Erzbischofs 9.

Es scheint, daß das Reformationswerk danach wieder gehemmt wurde. Jedenfalls wurden die kirch-
lichen Verhältnisse erst 1552 endgültig im evangelischen Sinne geregelt, wesentlich durch die vom Ham-
burger Superintendenten Johannes Aepinus 10 auf Bitten des Rates ausgearbeitete KO, die der Rat an-
nahm 11.

Die KO ist damals anscheinend nicht gedruckt worden. Ein zeitgenössisches handschriftliches Ex-
emplar befand sich nachweislich noch 1932 im Stadtarchiv Buxtehude, ist danach verschwunden und
bis jetzt noch nicht wieder aufgefunden worden. Eine nahezu vollständige und angeblich buchstaben-
getreue Abschrift (Maschinenschrift) davon besaß Professor J. M. Reu in Dubuque/USA 12.

7 J. H. v. Seelen, 283ff.; Rotermund, Annalen IV, 870ff., und L. M. H. Pape, 23f., messen dem 1523 (das

Jahr wird fälschlich mit 1522 oder 1524 angegeben) zu Buxtehude abgehaltenen Provinzialkonzil (vgl. auch oben

S. 7) für das Bekanntwerden der evangelischen Lehre in Buxtehude große Bedeutung zu. Zu diesem Provinzial-
konzil sandte der erste evangelische Prediger Bremens, Heinrich von Zütphen, statt, wie es der Erzbischof gefordert
hatte, selbst zu erscheinen, Predigten und Thesen. Vgl. L. Mushard zum Jahr 1522 (abgedruckt bei v. Seelen,
310); J. Renner, aaO. zu demselben Jahr. Vgl. das Schreiben des Erzbischofs zur Berufung des Provinzial-
konzils und zur Vorladung Heinrichs von Zütphen vom 24. Februar 1523, sowie den Geleitbrief des Erzbischofs für
Bruder Heinrich vom 25. Februar 1523 in: Bremisches Jb, aaO. 3ff.; Thesen Heinrichs von Zütphen ebd.
288ff.

8 Das Datum ist überliefert durch das Protocollum publicum vom 23. April 1629 im Stadt-A. Buxtehude. - D. Chy-
traeus, 402, berichtet: Buxtehude etiam... religionis emendatio suscepta, et reditus collegii vicariorum, cuius
superior praepositus veteris monasterii erat, reliqui ad ministros ecclesiae et scholae alendos, translati sunt. - Im
übrigen vgl. L. Mushard zum Jahr 1542, außerdem zum Jahr 1372, der u. a. angibt, der Rat habe verordnet,
daß die Gefälle der Marienkapelle wieder zu besserem Gebrauch der Pfarrkirche verwandt werden sollten, damit
die Pastoren, Kaplane und Schulgesellen unterhalten würden. — Ferner vgl. J. H. v. Seelen, 286f. 310; J. H.
Pratje, Altes und Neues X, 208; Religions-Geschichte II, 2, 26f.; Rotermund, Annalen IV, 391. 402. 870.
874f.; L.M.H. Pape, 28f.; E. Krohn in: H. Roscher I, 30; M. Schindler, 64. — Zur Einziehung der
Vikariengüter und -einkünfte ist zu bemerken, daß diese, wie sich auch aus der KO von 1552 ergibt (vgl.unten
S. 91, Anm. 40), offenbar nur allmählich geschehen ist. — Im Zusammenhang mit der Einführung der Refor-
mation ist vielleicht auch das Vermächtnis des Bürgermeisters Heinrich Tostede zu sehen, der in seinem Testament
eine beträchtliche Summe zur Erhaltung der Prädikanten aussetzte; vgl. Staats-A. Hann. Depositum Buxtehude
Nr. 637 vom 30. Juni 1544. — Vgl. auch die Urkunde vom 31.März 1545, ebd.Nr. 640, in der es sich um die
Überweisung einer Summe aus einem Vermächtnis zur Erhaltung des Gottesdienstes an die Vorsteher der St. Petri-
kirche handelt, wobei Bürgermeister und Rat „als de averste vorstendere der kercken“ die Überweisung genehmigen.

9 So meint auch L. Mushard zum Jahr 1542; vgl. auch J. H. Pratje, Religions-Geschichte II, 2, 26f.; ferner
L. M. H. Pape, 26f. - Zu den Ereignissen um Heinrich den Jüngeren vgl. Sehling VI, 1, 4.

10 Zu Aepinus vgl. unten S. 68, Anm. 1.

11 Vgl. auch L. Mushard zu diesem Jahr; J. H. von Seelen, 310f.; J. H. Pratje, Religions-Geschichte II, 2,
40; H. Schlichthorst, Grundriß, 327f., u. a.

12 Reu macht von der ihm damals vorliegenden Kopie in I, 3, 2, 801*, Mitteilung. Nach einigen Schwierigkeiten
ist es uns gelungen, diese Kopie (Reu hielt sie anscheinend für vollständig) aus Reus Nachlaß zu erhalten. Wie
einem beigefügten Schreiben zu entnehmen ist, ist die Abschrift — denn um eine solche handelt es sich — im Jahre
1932 angefertigt. Nach Auskunft des jetzigen Verwalters des Buxtehuder Stadtarchivs, Herrn Oberstudienrat i. R.

H. Langelüddeke, wurde die KO bereits einige Jahre vor dem Krieg in dem damals unzulänglich untergebrachten

Stadt-A. vermißt. Trotz intensiver Suche im Buxtehuder Rathaus und vielfältiger anderweitiger Bemühungen, auch
durch Herrn Oberstudienrat Langelüddeke und den inzwischen verstorbenen Herrn Missionsdirektor D. Elfers in
Hermannsburg, konnte die KO bis jetzt nicht wieder aufgefunden werden. Auch alles Fahnden nach einem even-
tuellen zweiten Exemplar, insbesondere im Staats-A. und beim Landeskirchenrat Hamburg sowie in den Stader
Archiven, blieb ergebnislos.

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