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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0105
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Kirchenordnung 1552

schall de preister mit vlite ehrkunden, offe 45 dat
kind vorhen to huss gedofft sy edder nicht. Unde
so idt gedofft were, schall he mit flite fragen, wo
emer 45a unde mit wat worden dat kint gedofft. So in
der warheit befunden, dat dat kind na siner rech-
ten, fullkamen gebort mit water im namen des Va-
ders, des Sones unde des hilligen Geistes gedofft
were, alsedenne schall dat kind nicht tom andern
male gedoft werden 46, wente syne dope iss recht und
genochsam, sunder schall alleine aver dat kind, alse
aver denn andern kinderen, de noch ungedofft in
de kerken gebracht, ahne de exorcismos 47 gelesen
werden in dem brudthuse 48 wo folget: datt gebedt
O almechtige Godt, de du hesst dorch de sinde-
flodt 49, un dat evangelium Marci [10, 13-16].

Wo men sick by denn ungedofften kindern
holden schall.

By der dope 50 schall de preister fragen, alse men
plecht by denn ungedofften kindern: Entsegstu dem
duvell ? Und namals schall up de bekentnisse Ja de
prester wieder fragen: Hierrop bistu gedopet im
namen des Vaders, des Sohnes und des hilligen Gei-
stes ? Antwort: Ja. Darupp de prester spreke: So be-
stedige ick solck eine dope alse wahrhaftig. Du bist
in denn dodt Jesu Christi gedofft [Rm 6, 3] unde um-
me sinentwillen angenahmen vor ein arve 51 der sa-
licheit. Latet uns beden. De almechtige Godt und Va-
der unsers Heren Jesu Christi 52. Unde dat kind schall

45 = ob; vgl. Schiller und Lübben I, 629. III, 216;
Lasch und Borchling I, 515.

45a So die Druckvorlage! Vielleicht verlesen aus: wan-
ner, wonner = wann; vgl. O. Mensing, Schleswig-
Holsteinisches Wörterbuch V (1935), 683.

46 Vgl. Hamburger Artikel von 1535, Art. VII (Seh-
ling V, 542): .. .infantes in aedibus baptizati rebap-
tizari non debent et de hoc quoque in ordinationi-
bus cautum est. - Dem entspricht Aepin auch in sei-
ner Hamburger KO. Vgl. auch Bugenhagens Ham-
burger KO von 1529: „Van den kinderen, de im huse
gedopet sint“ (Sehling V, 510); dasselbe Kapitel
auch in Bugenhagens Lübecker KO von 1531 (Seh-
ling V, 356); Braunschweiger KO von 1528: „Van
den heveammen“ (Sehling VI, 1, bes. 360).

47 = ohne die Exorzismen. Zur Begründung Bugen-
hagen in seiner Braunschweiger KO von 1528, Seh-
ling VI, 1, 360: Exorzismusanwendung bei einem
Getauften würde den hl. Geist lästern.

48 In dem Brauthause, d. h. in einem Vorbau der Kir-
che, wo ursprünglich auch die Trauungen stattfan-
den; vgl. Lasch und Borchling I, 361.

hirmede Gade bovahlen unde mit in denn tall 53
christliker gemeine genahmen unde gerekent wer-
den 54.

Wo averst kinder van denn nerrischen bademo-
men, ehr se recht to der werlt gebahren, gedofft
werden, desulvigen kindere, navolgende in der ker-
ken gebracht, scholen aldar gedofft werden, unde
schall sodane dope, de gegeven, ehr dat kind recht
und fullkamen gebahren, vor unrecht und nichtich
geholden und geachtet werden 55.

Nachdeme idt vaste gewisse und wahr iss, dat
Christenerlude kinder, de se gerne dem Heren Chri-
sto tobringen unde dopen laten wollen unde doch
dorch einfall dodt gebahren, tor dope nicht kahmen,
ut Gades genaden dorch der olderen und anderer
godtseligen lude love unde gebedt by ohrer moder
denn Geist Godes kohnen ehrlangen, wedder ge-
bahren unde gehilliget werden, schall sodanen kin-
deren de begreffnisse mankt den anderen Christen
nicht benahmen werden, unde scholen nicht alse ver-
laren kinder geholden unde geordelet werden.

Mit allem flite averst schall dat volk geleret unde
vormahnet werden, datt se de kinderken, wen se ge-
bahren, up datt forderlickste dem Heren Christo
dorch de dope tobringen unde jo nicht an der dope
vorsumen, dat en sulvest to ungnaden und ohren kin-
deren to vorlust ohrer salicheit kunde gereycken.

Dewile 56 in der dope beiderleye im gebruke iss,
alse dat me de kindere offte ganz geblotet dopen

49 Gebet aus Luthers Taufbüchlein, Bek.Schr., 539.

50 Bei der Taufe, d. h. in der Kirche, am Taufstein;
vgl. Bek.Schr., 540 mit Anm. 1. — Die hier beschrie-
bene Handlung ist die Fortsetzung der in der zwei-
ten Hälfte des vorigen Kapitels besprochenen Zere-
monie. Die Überschrift „Wo men sick...“ führt irre.

51 = Erbe; vgl. Schiller und Lübben I, 734;
Lasch und Borchling I, 611.

52 Vgl. den hier nur angedeuteten Segen in Luthers
Taufbüchlein, Bek.Schr., 541.

53 Tall = Zahl; vgl. Schiller und Lübben IV, 506.

54 Aepins Hamburger KO enthält nur die allgemeinere
Anweisung, daß über den bereits im Hause getauf-
ten Kindern nur noch das Evangelium gelesen und
gewöhnliche Gebete gesprochen werden sollen.

55 Ausführlich schreibt Bugenhagen darüber in der
Braunschweiger KO im Kapitel „Van den heveam-
men“ (Sehling VI, 1, 359ff.; vgl. bes. 360f. mit
Anm. 24).

56 Die Bestimmungen dieses Absatzes stehen der Sache
nach auch in Aepins Hamburger KO. Vgl. dazu un-
ten S. 709, Anm. 28.

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