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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0121
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Kirchenordnung 1552

accomodieren, mit den kynderen de verba und no-
mina, de in de Grammatica vorfallen, declineren und
conjugeren unde se also na ohrer gelegenheit in der
grammatica woll oven.

Van negen wente to teynen scholen de fabulen
Aesopi 22 gedudet und ohre gebruck fynn eynfoldich-
lick angetoget werden.

To twelven schall nichtes gelesen, sunder alleine
gesungen werden 23; denn scholen den kynderen de
psalmi, lectiones und senge, de me in der kercken
singen schall, aversungen werden. We dat averst to
der tydt doin schall, werd de scholmeister vorsehen,
dem der ganzen schole uppsehent bevahlen.

To eynen scholen etlike van den vornemesten col-
loquiis Erasmi 24 gelesen werden edder Pedalogia
Mustellani 25 edder sunst andere erudita colloquia.

To dren slegen schall den kynderen de Cato 26 vli-
tich gedudet unde de grammatica vlitich darinne
gedreven werden.

To veer slegen, wen de kyndere schyr willen to
huiss gann, schall ein fyne, korte sententia van wey-
nich worderen dussen kynderen gegeven werden, de
se alse ohre latin to huiss uppseggen.

De tertia classe.

Upp dem drudden classen schall de scholmeister
sehen und de kynder in dem classe mit vlyte in ehren
studiis vorderen.

Van sossen wente dat me to chore geyt, schall dat
erste deel der nyen Grammatica Philippi Melan-
thonis ordentlick denn kinderen gelesen werden, dat
se dat vordan lehren, dat in secunda classe vorby-
gegangen.

22 Die Fabeln Aesops sieht auch Bugenhagens Ham-
burger KO (ebenso Melanchthon) für die zweite
Klasse vor. Vgl. dazu Sehling VI, 1, 231, Anm. 39.

23 Um zwölf Uhr soll auch nach Bugenhagens Ham-
burger KO die Musikstunde beginnen.

24 Erasmus von Rotterdam, Colloquia familiaria (zu-
erst 1518); Opp. (Leiden 1703) I, 629ff. Auch
Bugenhagens Hamburger KO (ebenso Melanchthon)
sieht für die zweite Klasse die Colloquia vor.

25 „Pedologiam Mosellani“ nach Bugenhagens Ham-
burger KO (entspr. Mel.). Dieses 1518 in Leipzig er-
schienene Buch ist auch bei uns gemeint. Der Titel:
Paedologia in puerorum usum conscripta. Der Ver-
fasser, Petrus (Schade) Mosellanus, geboren 1493 in
Bruttig, besuchte die Schulen in Beilstein, Luxem-
burg, Limburg, Trier, wurde 1512 in Köln immatri-
kuliert, lehrte in Freiberg, studierte 1515 in Leipzig,

Van negen wente to teynen scholen den de Epi-
stolae familiares Ciceronis selectiores 27 gelesen wer-
den.

To twelven schall me singen unde den kynderen
de rudimenta musices antogen.

To enen schall ehn de Terentius 28 gelesen werden.
Van drenn wente dat de kynder to huss gahn,
schall ehn de syntaxis gelesen unde mit hogem vlite
und stedtlyker exercitation woll ingebildet werden.

Wat sunst mehr in den autoribus, linguis, dialec-
tica, rhetorica, mathematica und anderen inferiori-
bus artibus to lehrende iss, mut vordan in anderen
scholen gelehret werden.

Szo ock noch tor tydt nene kynder vorhanden,
de ad tertiam classem duchtich, schall der schol-
meister secundam mit vlite vorderen, dat he ex
secunda classe etlyke so wydt bringe, dat se ad ter-
tiam duchtig werden.

Vor allen dingen in allen lectionibus schall na ge-
legenheit der classium de grammatica gedreven und
darupp gudt acht gehat werden, dat de kynder
stedts latin reden.

Datt ock der kynder memoria na ohres vormogens
gelegenheit gebruket, unde dat se alles vaste lehren,
scholen se mit der tydt alle precipua und necessaria in
der grammatica und ock sunst de anderen guden sen-
tentias in den gehorden autoribus utwendich lehren.

Upp dat de kynder ohre grammatica woll vaten
und verdich lehren, scholen de preceptores de pre-
cepta grammaticae in schicklyke korte erothemata
gefatet lehren und fragen.

Allent, wat vorhen gelesen, schall upp desulftige
stunde ersten genochsam repetirt und vorhoret wer-

wurde dort Professor der griechischen Sprache, 1520
Magister, Mitglied des großen Fürstenkollegiums,
Bakkalaureus der Theologie, 1520 und 1523 Rektor.
Bei der Leipziger Disputation 1519 nahm er eine un-
klare Haltung ein, trat aber in ein näheres Verhält-
nis zu Luther und Melanchthon. Vgl. L. Geiger,
Allgem. deutsche Biographie 22 (1885), 358f.; R.
Stupperich, RGG 3 IV, 1150 (Lit.).

26 Vgl. unten S. 254, Anm. 77. — Die Hamburger KO
Bugenhagens sieht die Beschäftigung mit dem Cato
für die erste Klasse vor (ebenso Mel.).

27 Bugenhagens Hamburger KO sieht die Beschäfti-
gung mit Cicero für die vierte (Mel. für die dritte)
Klasse vor.

28 Die Komödien des Terentius sieht auch Bugenhagens
Hamburger KO für die dritte Klasse vor. Vgl. dazu
F. Hahn, aaO. 51; Sehling VI, 1, 232, Anm. 42.

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