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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0193
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Kirchenordnung 1606

Vater unser, der du bist im himmel, geheiliget werd
dein name, zukome dein reich, dein will gescheh,
als im himmel auch auf der erden. Unser täglich
brodt gib uns heut, und verlaß uns unser schuld,
als wir verlassen unsern schüldigern. Und führ uns
nicht in versuchung, sondern erlöß uns von dem
bösen. Amen [Ende der Noten].

Verba institutionis coenae dominicae.

[Noten:] 76

Unser Herr Jesus Christus, in der nacht, da er vor-
raden ward, nam er das brodt, dankte und brachs
und gabs seinen jüngern und sprach: Nemet hin
und esset. Das ist mein leib, der vor euch gegeben
wird. Sölchs tut zu meinem gedechtnis. Deßglei-
chen nam er auch den kelch nach dem abendmal,
dankte, gab ihn und sprach: Trinket alle draus.
Dieser kelch ist das neu testament in meinem blut,
das vor euch vergossen wird zur vergebung der sün-

Kirchenmusik I, 1, Nr. 341; dazu vgl. S. 553. 619f. -
Auch die Hauptvorlagen unserer KO, die Lünebur-
ger und die Wolfenbüttler KO, enthalten diese auch
sonst weit verbreitete Vaterunserweise; vgl. Hand-
buch, 547. 548.

76 Die Melodie: Handbuch, Nr. 400; dazu vgl. S. 553
und 629. Diese Melodie erscheint stets dort, wo obige
Vaterunserweise auftritt.

77 Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Got-
teszorn wandt“, Lied Luthers, anknüpfend an ein
lateinisches Lied von Johannes Hus, jedoch nach
Charakter und Tendenz durchaus andersartig und
selbständig, zuerst 1524 erschienen im Wittenber-
gischen Sangbüchlein und in den Erfurter Enchiri-
dien; vgl. WA 35, 142ff. 435ff. 500f.; Wackernagel
III, Nr. 10; Ev. Kgb. u. Kulp Nr. 154; auch S.
Kümmerle, aaO. I, 663f.

78 Lied Luthers, anknüpfend an eine vorreformatorische
Strophe, die Luther bereits 1523 in der Formula mis-
sae empfiehlt, wobei er zwei Zeilen der katholischen
Überlieferung allerdings ausgelassen haben will (vgl.
WA 12, 218; Sehling I, 9). Der Grundstrophe hat
Luther zwei neue Strophen hinzugedichtet. Erschie-
nen ist das Lied 1524 im Wittenbergischen Sang-
büchlein und in den Erfurter Enchiridien, entstan-
den vermutlich erst in demselben Jahr. Vgi. WA 35,
181 ff'. 452f. 514f.; Wackernagel II, Nr. 990. III,
Nr. 11; Ev. Kgb. u. Kulp Nr. 163; ferner S. Küm-
merle, aaO. I, 497f.

79 Nach dem lateinischen Agnus Dei (vgl. Anm. 80) ge-
dichtet von Nikolaus Decius, gedruckt zuerst nie-
derdeutsch im Rostocker Gesangbuch von 1531 bei
Ludwig Dietz; vgl. Wackernagel III, Nr. 619ff.;

den. Sölchs tut, so oft ihrs trinket, zu meinem ge-
dechtniß [Ende der Noten],

Wann die wort der einsetzung des testaments
Christi gesungen, soll darauf das volk mit beyder
gestalt nach des Herrn Christi selbst einsetzung
und verordnung communiciert werden.

Unter der communion singet man: Jhesus Chri-
stus, unser heyland etc. 77, Gott sey gelobet und ge-
benedeyet etc. 78, O lamb Gottes unschüldig etc. 79,
Agnus Dei, deutsch oder lateinisch 80, nach dem
jedeßmal viel oder wenig communicanten fürhan-
den sein.

Nach der communion folget die collecta
oder gebett 81.

Wir danken dir, allmechtiger Herre Gott, das du
uns durch diese heylsame gabe hast erquicket, und
bitten deine barmherzigkeit, das du uns solches ge-
deyen lassest zu starkem glauben gegen dir und zu

Plitt-F. Cohrs, RE 3 4, 528f.; S. Kümmerle,
aaO. II. 1890, 562ff.; Ev. Kgb. u. Kulp Nr. 55.

80 Der auf Joh 1, 29 gegründete, liturgische Anruf
„Agnus Dei, qui tollis peccata mundi...“ wurde der
Überlieferung nach von dem römischen Bischof Ser-
gius (687-701) dem Akt der Brotbrechung in der
Messe beigegeben. Er wird später dreimal gesungen,
seit dem 11. Jh. das dritte Mal statt „miserere nobis“
„dona nobis pacem“. Vgl. L. Eisenhofer, Hand-
buch der katholischen Liturgik II. 1933, 203f.; G.
Rietschel-P. Graff, Lehrbuch der Liturgik I 2.
1951, 332ff.; J. A. Jungmann, Missarum Sollem-
nia II. 1948, 403ff.; W. Jannasch u. E. Jammers,
RGG 3 I, 176f. - Vgl. verschiedene deutsche Fassun-
gen im Handbuch der deutschen evangelischen Kir-
chenmusik I, 1, Nr. 84ff. Vgl. auch Ev. Kgb. u. Kulp
Nr. 136.

81 Luthers Dankkollekte aus der Deutschen Messe von
1526 (WA 19, 102; Sehling I, 16), auch enthalten
in der Lüneburger KO und in der Wolfenbüttler KO,
Sehling VI, 1, 549. 149; desgleichen in der KO für
Lippe, Spiegelberg und Pyrmont, Bl. X III v f., und
in der Oldenburger KO, Bl.Dd IVv, ebenfalls in der
Grubenhagener KO von 1581 und in der Hoyaschen
KO von 1581, Sehling VI, 2, 1076 und 1150; auch
in der Lauenburger KO, Bl. 131 v; in der Osna-
brücker KO von 1618, unten S. 270; auch sonst weit
verbreitet. Weiteres vgl. bei Höfling, 68. 126; auch
oben S. 76 mit Anm. 83; zum lateinischen Ursprung
der Kollekte (Postcommunio der Messe des 18. Sonn-
tags nach Pfingsten im Missale): P. Drews, Beiträge
zu Luthers liturgischen Reformen. 1910, 95f. Mis-
sale eccl. Verd., fol. OXVII v.

11 Sehling, Niedersachsen II/l

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