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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0199
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Kirchenordnung 1606

krug und alles andere, so ihnen am gottesdienst
hinderlich sein mag (ausserhalb der not und liebe
des nechsten), meiden und hindansetzen sollen.

Von dem methodo concionandi, art und

weise, den eintfältigen zu predigen 32.

Die fest- und feyertag und so oft christliche zu-
samenkunften in der gemein Gottes gehalten wer-
den, seind zu dem ende eingesetzt und verordnet,
das die rechte, seligmachende lehr von Gott und
unserm heyland Christo Jesu offentlich gepredigt
und die hochw. sacramenta nach Christi befehl und
einsetzung außgeteylet, genomen und enpfangen
werden, das auch Gott von vielen menschen ge-
lobet und ihm für alle seine guttaten gedanket
werde.

Derwegen wollen wir jungen und angehenden
predigern zugut die beste und ohn allen zweyfel
die fruchtbareste formam concionandi, wie sie ihrer
befohlenen gemeine die säeligmachende lehr gött-
liches worts richtig fürtragen sollen, hieher setzen
lassen, damit Gottes ehre, erkäntnis und anruffung,
auch der zuhörer sowol der pastorn selbst eigene
seligkeit gesucht und befordert werde.

Es ist von vielen fürnehmen und gelerten kir-
chendienern, dazu mit grossem nutzen und fromen
der kirchen und gemeinen, an unterschiedlichen

32 Gegen Ende des 16. Jh.s trat an die Stelle der ein-
fachen analytischen Predigt mehr und mehr eine
kompliziertere, kunstvolle Predigtweise. Zunächst
herrschte die sog. Lokalmethode, der zufolge aus
dem Text mehrere Hauptpunkte herausgegriffen und
ahgehandelt wurden. Lukas Osiander (De ratione
concionandi. Wittenberg 1584) verfolgte dabei be-
sonders das Interesse, dem Bibeltext gerecht zu wer-
den, und forderte vor der Abhandlung des betr. „lo-
cus“ eine Erklärung des Textteiles (vgl. unsere KO,
Punkt 3). Auf diese Paraphrase sollte die confirma-
tio des „locus communis“ folgen (vgl. unsere KO
Punkt 4), eventuell auch eine confutatio (vgl. ebd.).
Daneben ließ er die Verwendung des biblischen Stof-
fes zu „exhortationes, reprehensiones, consolationes“
gelten (vgl. ebd.). Der Einteilung in propositiones
und Behandlung der „loci“ konnte zur besseren Er-
klärung des Gesamttextes eine narratio vorangehen
(vgl. Punkt 1 und 2). Am Schluß sollte der Epilog
mit einer Wiederholung der wichtigsten Haupt-
punkte folgen (vgl. unsere KO). Ganz ähnlich argu-

orten diese art und weise zu predigen gehalten und
in acht genomen worden, das nemlich, sobald von
der kanzel ein evangelium, ein epistola oder sonst
ein biblischer text verlesen,

1. der prediger desselben kurzen inhalt und zu
welchem stück des heiligen catechismi er gehöre,
erzehlet, damit also die auditores selbst die sum-
mam des verlesenen texts fassen und desto leichter
ohne sonderliche mühe behalten können.

2. So haben auch ihrer viel auf gar ein erbauliche
weise neben der summa und inhalt des texts und
anzeigung des catechismi ein oder mehr kürze
sprüchlein auß dem alten und neuen testament hin-
zugetan, damit dan, wie sich im werk befunden,
den einfeltigen, sonderlich den kindern, knaben
und megdlein, sowol auch dem gemeinen man und
dem gesinde nicht wenig, sondern viel gedienet ge-
wesen.

3. Es ist auch nicht alleine ein sonderliche zier,
sondern auch ein gut iuvamentum memoriae für
prediger und zuhörer, wenn der text in gewisse pro-
positiones oder heuptstück abgeteylet und folgen-
des mit feinen, deutlichen (des heiligen Geistes) und
nicht mit geborgeten, prechtigen worten, fein ein-
feltig und richtig erkläret wird.

4. Auf die erklärung des textes sollen bey einem
jeder heuptarticul die fürnembste lehren, trost,
warnung und vermanungen, so darin begrieffen,

mentierte Jakob Andreä (Methodus concionandi, ed.
Polycarp Leyser 1595). Ausführlich behandelte er
noch das Bibel- und Textstudium der Prediger.
Ebenfalls ganz ähnlich schrieb Ägidius Hunnius über
die Predigt (Methodus concionandi. Wittenberg
1595), wobei er die eigentliche Behandlung loci com-
munis „applicatio“ nannte. Die „applicatio“ als be-
sonderen Teil der Predigt mit „usus“ = Nutzanwen-
dungen, „admonitio, consolatio, adhortatio et dete-
statio“, hatte Andreas Pangratius (Methodus concio-
nandi, monstrans verum et necessarium artis rheto-
ricae in ecclesia usum... 1571) vorgesehen. Bei ihm
wird der biblische Text jedoch nicht in gleicher Weise
berücksichtigt wie bei Osiander, Andreä und Hun-
nius. Vgl. M. Schian, Die lutherische Homiletik in
der zweiten Hälfte des 16.Jh.s, in: Theologische
Studien und Kritiken, Jg. 1899, 621f., bes. 76ff. 67ff.;
auch RE 3 15, 668; einiges auch bei E. Ch. Achelis,
Lehrbuch der Praktischen Theologie I 2. 1898, 633 ff.;
Leiturgia II, 291f. (A, Niebergall).

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