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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0201
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Kirchenordnung 1606

den, das sie ihre kinderlein, soviel immer müglich,
beydes, Sontags und werktags, wan predigt gehal-
ten wird, in die kirchen bringen und täufen lassen.

Dann in der ersten kirchen, und zwar biß in et-
lich hundert jahr nach der apostel zeit, ist die hei-
lige taufe, ausserhalb der not, allein auf die grosse
festa, als Ostern und Pfingsten, in Asia aber ge-
meiniglich auf Epiphania administrieret und ge-
reicht worden 37. Das ist fürnemlich darumb ge-
schehen, das die leut durch gelegenheit der zeit des
todes und auferstehung Christi, darauf die heilige
tauf gegründet, und dan auch der erneuerung des
heiligen Geistes, wie auch der tauf Christi, dadurch
der Jordan und alle wasser uns zur tauf geheiliget
und geweihet sein, erinnert und also die ganze actio
und handlung der heiligen taufe desto herrlicher
und mit so viel mehr andacht des ganzen volkes
gehalten würde.

Soll derwegen nachmals die h. tauf an Sontagen,
und wan sonsten in der wochen gepredigt wird und
die gemeine zusamenkombt, gereicht und entpfan-
gen werden. Es soll aber sowol in der stadt Verden
als auf dem lande in allen pfarkirchen nach geendig-

37 Ostern galt vermutlich seit dem 2. .Jh. als Taufter-
min;vgl. Viktor l. (MSG5, 1485). Als einziger Tauf-
termin bezeugt auch bei Chrysostomus, Hom. I in
Act. apost., 5ff. (MSG 60, 20 ff.); bei Sokrates, Hist.
eccl. V, 22 (MSG 67, 639, 640); auf dem Konzil von
Mâcon 585, can. 3 (Mansi 9, 951; C. J. v. Hefele,
Conciliengeschichte III 2, 1877, 40); Konzil von Au-
xerre 585 oder 578, c. 18 (Mansi 9, 913f.; Hefele,
aaO. 45) usw. (z.T. für verschiedene Gegenden).
Ostern u. Pfingsten (,,Pentecoste“ bedeutet hier aber
wohl die ganze Zeit zwischen Ostern und Pfingsten)
als Tauftermine erscheinen bei Tertullian, De bap-
tismo 19 (MSL 1, 1222; CSEL 20, 217); bei Hierony-
mus, Comm. ad Zachar. cap. 14, vers. 8 (MSL 25,
1528); bei Ildefons von Toledo, De cogn. bapt. c. 108
(MSL 96, 157); bei Leo I., ep. 16, 1, und 168, 1 (MSL
54, 696. 1210); bei Gelasius I., ep. 9, 10 (MSL 59, 52)
usw. Ostern und Pfingsten zu taufen, war vor allem
römische Sitte, die von den Päpsten gegen Neuerun-
gen verteidigt wurde. Die Sitte, am Epiphaniasfest
zu taufen, kam vom Osten, war jedoch auch dort
nicht allgemein herrschend; vgl. Gregor von Nyssa,
Homilie an die an diesem Tag Getauften (MSG 46,
577ff.); Gregor von Nazianz, Orat. 40 (MSG 36,
359ff.) u.a. Vgl. Drews, RE 3 19, 444; L. Eisen-
hofer, Handbuch der katholischen Liturgik II.
1933, 230ff.; G. Rietschel-P. Graff, aaO. I 2, 167.
169. II 2, 519ff.; Hohlwein, RGG 2 V, 1023; J.
Beckmann, EKL III, 1310.

ter predigt und verrichtung der communion 38 ge-
tauft werden.

Zum dritten: Weil bey etlichen ein böser ge-
brauch, das sie allein umb des gefresses und umb
prachts willen biß in die ander, dritte und mehr
wochen die kindertauf verziehen, dadurch die kind-
lein verseumbt und etwa ungetauft dahinsterben,
als sollen hinfüro die eltern ihre kinder unvorzüg-
lich zur h. tauf beforderen und derhalben an ihnen
keinen mangel und verseumniß ohne unser höchste
straff und ungnad spüren und sehen lassen.

Zuletzt, obwol die forma und ceremonien der
heiligen tauf männiglich bekant und in Lutheri
catechismo 39 richtig verfast ist, so wollen wir sie
doch von worten zu worten hieher setzen, damit
sich ein jeder pastor desto baß darnach zu richten
und sein taufbuch in alle wege bey der hand habe 40.

Das taufbüchlein.

Vermanung an die, so die kinder zur taufe
bringen 41.

Lieben freunde in Christo, wir hören alle tage aus
Gottes wort, erfahren es auch, beyde, an unserm

38 Die Wolfenbüttler KO sieht für ihren Geltungs-
bereich vor: „an Sontagen des morgens nach ge-
endigter communion und auf den nachmittag
kurz nach der predigt und auf die werktage
alsbald auch nach der predigt...“; vgl. Sehling
VI, 1, 156. Die Lüneburger KO gibt z. T. andere
Taufzeiten an; vgl. Sehling VI, 1, 554f. Die Olden-
burger KO deckt sich an dieser Stelle wörtlich mit
der Wolfenbüttler KO; vgl. ebd. Bl. Ff II v.

39 „Das Taufbüchlin verdeutschet und aufs neu zu-
gericht“ von 1526, schon der dritten 'Wittenberger
Buchausgabe von Luthers Kleinem Katechismus
vom 13. Juni 1529 beigegeben; vgl. Bek. Schr., XXX.
535 ff.

40 Die beiden letzten Absätze entsprechen sachlich,
weithin auch wörtlich, den einschlägigen Absätzen
der Wolfenbüttler KO, wobei die Wolfenbüttler KO
den zweiten Absatz aus der Lüneburger KO entlehnt
hat; vgl. Sehling VI, 1, 156f. 555. Den ersten Ab-
satz hat auch die Oldenburger KO; vgl. ebd. Bl. Ff
II v.

41 Diese Vermahnung steht in der Lüneburger KO und
in der Wolfenbüttler KO innerhalb des Taufformu-
lars an anderer Stelle; vgl. Sehling VI, 1, 555f.
158. Ebenfalls an anderer Stelle steht sie in der
Oldenburger KO; vgl. ebd. Bl. X x IV. Am Anfang
des Formulars steht sie z.B. in der KO des Herzogs
Heinrich zu Sachsen von 1539, Sehling I, 266; in
der Mecklenburger KO, Sehling V, 204; in der KO

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