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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0212
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Stift Verden

fleisch gehasset, sondern er nehret es und pfleget
sein gleich wie auch der Herr die gemeine.

Zum andern höret auch das kreuze, so Gott auf
diesen stand gelegt hat. So sprach Gott zum weibe
[Gen 3, 16ff.]:

Ich wil dir viel schmerzen schaffen, w enn du
schwanger wirst. Du solt mit schmerzen kinder ge-
beren, und dein wille sol deinem manne unterwor-
fen sein, und er sol dein Herr sein.

Und zum manne sprach Gott:

Dieweil du hast gehorchet der stimme deines wei-
bes und gessen von dem baume, davon ich dir ge-
bot und sprach: Du solt nicht davon essen, ver-
flucht sey der acker umb deinentwillen. Mit kum-
mer soltu dich darauf nehren dein leben lang. Dorn
und disteln sol er dir tragen, und du solt das kraut
auf dem felde essen. Im schweis deines angesichts
soltu dein brodt essen, biß das du wieder zur erden
werdest, davon du genommen bist; denn du bist
erden und solt zur erden werden.

Zum dritten, so ist das euer trost, das ihr wisset
und gleubet, das euer stand für Gott angenehme
und gesegnet ist; denn also stehet geschrieben
Genes. 1 [27f. 31]:

Gott schuff den menschen ihm zum bilde, zum
bilde Gottes schuff er ihn, und er schuff sie ein men-
lein und freulein.

Und Gott segnet sie und sprach zu ihnen: Seyd
fruchtbar und mehret euch und füllet die erden und
machet sie euch untertan und herschet uber fisch
im meer und uber vogel unter dem himmel und
uber alles tier, das auf erden kreucht.

Und Gott sahe an alles, was er gemacht hatte,
und sihe da, es war sehr gut.

Darumb spricht auch Salomon [Pr 18, 22]: Wer
ein ehefrau findet, der findet was guts und bekömpt
wolgefallen vom Herrn.

Hier reiche er die hände uber sie und spreche:

Lasset uns beten.

Allmechtiger Herr Gott, der du man und frauen
hast geschaffen und zu dem ehestand verordnet,

70 Nobiskrug (die Herkunft des Wortes „nobis“ ist un-
sicher) = letzte Herberge am Eingang der Hölle,
auch volkstümliche Bezeichnung der Hölle über-
haupt, dann allgemein das Wirtshaus, in dem die

darzu mit früchten des leibs gesegnet und das sa-
crament deines lieben Sons Jhesu Christi und der
kirchen, deiner braut, darin bezeichnet, wir bitten
deine grundlose güte, du wöllest solchs dein ge-
schöpf, ordnung und segen nicht lassen umbsonst
sein noch verderben, sondern gnediglich in uns be-
waren durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Addatur.

Der Herr segne euch und behüte euch.

Der Herr erleuchte sein angesicht uber euch und
sey euch gnedig.

Der Herr erhebe sein angesicht auf euch und
gebe euch friede [Num 6, 24-26]. Amen.

Von besuchung, unterricht und trost der
kranken.

Dieweil wir sterbliche menschen allhie auf erden
jederzeit nichts gewissers als den todt zu gewarten
und kein augenblick dafür gesichert sein, so soll
billich ein jeder beyzeiten, und zwar nach [!] bey
gesunden tagen und gutem vermügen, sich zum
kreuz, anfechtung, krankheiten und zum tode be-
reyten. Das aber kan auf keine bessere weiß und
weg geschehen, den das sich ein jeglicher mit den
geistlichen waffen, als mit fleissiger betrachtung
und ubung christlicher lehr, warhaftiger buß, glau-
ben und gebet, oftern gebrauch der absolution und
des hochw[irdigen] nachtmals, betrachtung christ-
licher trostsprüche, wieder allerley trübsal, krank-
heit und anfechtung gefast mache.

Dann woferne es einer so lang sparet, biß ihn
plötzliche krankheit oder das letzte stündlein uber-
fellet, so ist es mit vielen schon zu lang geharret,
da alsdan der trost schwerlich eingehet und bey
vielen ganz und gar nicht haften wil. Darüber kompt
mancher zu kurz und fehret dahin in Nobiskrug 70.

Zudem, so sind die patienten vielmal nicht allein
mit eusserlicher krankheit und leibesschmerzen,
sondern mehrmals auch mit innerlichen und ge-
meiniglich mit unterschiedlichen anfechtungen be-
laden, daher es dan manchem, in solcher gelegen-

Toten noch einmal zusammenkommen, ehe sie den

Weg in die Ewigkeit antreten. Als Wirtshausname

war „Nobiskrug“ im 16. Jh. weit verbreitet. Vgl.

Grimm, Deutsches Wörterbuch VII (1889), 862ff.;

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