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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0218
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Stift Verden

weges zu spiel oder zimmerstätten und noch viel
weniger von bürgern oder bauren mit ihrem unflat
beschmitzt noch verunehret werden soll, wie den
auch hiemit das spazierengehen auf dem domhoff
und auf dem chor, sowol des Sontags als auf die
hohen festage, ernstlich und bey höchster straff
und ungnad verbotten sein soll 90.

Wir gebieten auch allen obrigkeiten, ambleuten,
vogten, kirchgeschwornen und küstern, das sie die
mauren und planken, auch stiegeln 91 der kirchhöffe
je und alleweg in bau und besserung erhalten, also
das kein viehe, pferde, kühe, schweine etc. darauf
kommen und schaden tun könne.

Da auch uber das viehe darauf kommen würde,
so soll dasselbige gepfändet und eingeschützet wer-
den, biß es derjenige, dem es eigentümlich zu-
kombt, gebürlich wieder lösset.

Dieweil 92 auch befindlich, das viel leute in ihrem
gottlosen leben also ersoffen sein, das sie umb ihrer
mutwilligen sünd willen, als ehebruch, wucher, die-
berey etc., sich viel lieber der predigt des göttlichen
worts und gebrauch der heiligen, hochw[irdigen]
sacrament [enthalten] den sich bessern und von
ihren sünden ablassen wollen, darüber sie den ofter-
mals in ihren sünden dahinsterben:

Kreuzgang enthielten. Der nördliche Kreuzgang
wurde 1765, der westliche 1779 beseitigt, als die dar-
an liegenden Gebäudeflügel für Schule und Lehrer-
wohnungen neu errichtet wurden. Der heute noch
vorhandene östliche Kreuzgang (vgl. dazu oben S.
155, Anm. 43) stammt in seinen ältesten Teilen noch
aus der Zeit vor dem Brand des 13. Jh.s (vgl. oben
S. 152f., Anm. 31). Vgl. v. Ortenberg, 10, Anm. 1;
H. W. H. Mithoff V, 118f.; Kunstdenkmäler der
Provinz Hannover V, 1, 42 ff. - Auch sonst befanden
sich unter dem Fußboden des Domes zahlreiche
Grabgewölbe (vgl. C. Spangenberg, 91. 94. 107.
118. 120. 125. 189. 219. 223. 230). Bei einer Renovie-
rung des Doms 1829/32 wurden sie zugeworfen und
die Grabplatten und Erinnerungsmale mit Ausnahme
der Sarkophage der Bischöfe aus dem braunschwei-
gischen Fürstenhaus (Christophs, Georgs und Phi-
lipp Sigismunds) entfernt. Vgl. Ch. G. Pfann-
kuche, Die neuere Geschichte, 163f.; v. Orten-
berg, 10f.; Mithoff V, 112f. 117f.; Kunstdenk-
mäler der Provinz Hannover V, 1, 33. 37. 38f. - Im
übrigen diente der südlich des Doms gelegene Dom-
platz als Begräbnisstätte für die Domgemeinde (vgl.
Kunstdenkmäler der Provinz Hannover V, 1, 45).
Am 18. Juni 1612 ordnete Philipp Sigismund die An-
legung eines neuen Friedhofs im Osten der Domstadt
auf dem „Borchvelde“ an, damit dort bes. in Pest-

So setzen, ordenen und wollen wir, das die, so
ohne buß und bekerung zu Gott, auch ohne ent-
pfangene absolution und sacrament dahinsterben,
nicht, wie andere gleubige und bußfertige Chri-
sten, ehrlich mit procession, gesängen und andern
christlichen und löblichen caeremonien sollen be-
graben werden.

Es sollen auch keine schulmeister, pastorn und
kirchendiener solche leut zum begräbniß begleyten.
Solche leut mügen die ihrige, ein jeglicher nach sei-
ner gelegenheit, selbst begraben.

Es sollen dan ferner keine körper begraben wer-
den innerhalb vierundzwanzig stunden 93. Wann
aber dieselbige nach ihrem seligen abscheide ganz
und gar verflossen, mag man vermöge dieser unser
hiehergesetzten ordnung mit ihnen verfahren, in-
massen ein solches auch von unserm lieben ante-
cessore, bischopf Eberharten, vor diesem verord-
net und im ganzen heiligen römischen reich ver-
abscheidet ist 94.

Wann dan nun eines christlich verschiedenen
menschen todter körper zum kirchhoff gebracht
und zur erden bestattet werden soll, alsdan soll
man, wie gebreuchlich, mit glocken leuten, damit
die lebendigen ihres todtes und letzten sterbstünd-

zeiten die Toten aus den Dörfern beigesetzt würden.
Er gestattete die Niederreißung der teils verfallenen
Kirche des Klosters Mariengarten in der Stadt Ver-
den (vgl. dazu Einleitung, oben S. 149), damit aus
dem Material eine Friedhofskapelle errichtet würde.
Vgl. die Akten im Stadt-A. Verden: A I 2; dazu
C. Meyer, Stadtgeschichte, 171.

90 Vgl. Einleitung, oben S. 141.

91 Stiegel (niederdeutsch: stegele) = Tritt zum Über-
steigen über einen Zaun, dann auch Stufengang, so
auch bei Khchhöfen; vgl. Grimm, Deutsches Wör-
terbuch X, 2, 2 (1941), 2823f.; Schiller und Lüb-
ben IV, 376.

92 Folgende drei Absätze in sachlicher, teils auch wört-
licher Anlehnung an die Lüneburger KO und die
Wolfenbüttler KO, Sehling VI, 1, 564. 176.

93 Vgl. Hoyasche KO, Sehling VI, 2, 1193; dazu fer-
ner Lauenburger KO, Bl. 254 r, wo achtzehn Stun-
den Zwischenzeit zwischen Tod und Begräbnis fest-
gesetzt werden. Die KO des Herzogs August zu
Sachsen von 1580 ordnet zwölf Stunden Zwischen-
zeit an; vgl. Sehling I, 437.

91 Vgl. hierzu Lauenburger KO, Bl. 265; sächsische KO
von 1580, Sehling I, 438f. (betr. Beerdigung von
Pestleichen — meint unsere KO solche Verordnun-
gen?).

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