Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0219
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kirchenordnung 1606

leins, das sich alle augenblick zutragen und be-
geben kan, erinnert, und das sie sich darzu jeder-
zeit bereit und gefast machen, umb soviel desto
mehr und ernstlicher ermahnet werden.

Woferne nu an einem jeden ort schulen und dem-
nach schüler fürhanden sein, so sollen dieselbige
mit dem schulmeister und collegis für der leich her-
gehen, die pastores aber derselbigen folgen und die
leich mit nachfolgenden christlichen gesängen be-
singen, als da sein:

Si bona suscepimus etc. 95, Mitten wir im leben
sind 96, Mit fried und freud etc. 97, Aus tiefer not
etc. 98, Erbarm dich mein, o Herre Gott etc. 99, Wir
gleuben etc. 1 Auf dem gottesacker: Nu last uns
den leib begraben etc. 2 Darauf die collecta: O all-
mechtiger, ewiger Gott etc. fol. 3

So es auch von den predigern begert und ihnen
die billiche belohnung gebotten wird, sollen sie un-
verweigerlich bey dem begräbniß eine christliche
leichpredigt tun und die anwesende zuhörer solcher
predigt vom todt, dem zorn Gottes wieder die
sünde, von vergebung der sünden und errettung
vom todt durch den heyland Christum, von der

95 Vgl. das lateinische Responsorium aus Hiob 2, 10 bei
Lucas Lossius, Psalmodia, hoc est, cantica sacra
veteris ecclesiae selecta... Noribergae 1553, 195; da-
zu L. Schoeberlein, Schatz des liturgischen Chor-
und Gemeindegesangs usw. III. 1872, 790. 796 ff.;
Handbuch der deutschen evangelischen Kirchen-
musik I, 1, 610f. mit Nr. 312ff.

96 Lied Luthers, das in seiner ersten Strophe auf die
altkirchliche lateinische Antiphona de morte zurück-
geht, die eins der berühmtesten Lieder des Mittel-
alters war. Schon lange vor Luther gab es deutsche
Übersetzungen davon; aber durch Luther erhielt das
Lied einen neuen, vertieften Sinngehalt. Veröffent-
lichung im Wittenberger Sangbüchlein von 1524.
Vgl.WA 35, 126ff. 453f. 515f.; Wackernagel I,
Nr. 141. II, Nr. 991 ff. III, Nr. 12; S. Kümmerle,
aaO. II, 1890, 286ff.; Ev. Kgb. u. Kulp Nr. 309.

97 Lied Luthers, freie Umdichtung des Lobgesangs
Simeons (Luk 2, 29-32), des in der alten Kirche am

2. Februar (Reinigung Marias) und auch sonst ge-

sungenen Nunc dimittis. Das Lied erschien 1524 im
Wittenbergischen Sangbüchlein; vgl. WA 35, 152ff.

438f. 503f.; Wackernagel III, Nr. 25; Ev. Kgb.
u. Kulp Nr. 310; auch S. Kümmerle, aaO. 283f.

98 Lied Luthers nach Ps 130, erschienen 1524 in einer
vierstrophigen (Achtliederbuch, Erfurter Enchiri-
dien) und in einer fünfstrophigen Fassung (Witten-
berger Sangbüchlein); die letzte ist die eigentliche
Fassung Luthers; vgl. WA 35, 97 ff. 419 ff. 492 f.;

ruhe, schlaff, leben und auferstehung der in Gott
verstorbenen Christen, item von christlicher vor-
bereytung zum tode, dessen wir alle augenblick ge-
warten müssen, fleissig und treulich unterrichten
und zu warer buß und bekehrung zu Gott, glau-
ben, begiert und hoffnung des ewigen lebens und
unaufhörlichem gebet umb ein seliges ende ver-
mahnen.

Die themata concionum sollen die pastores ex
bibliis nehmen und jedesmal, wenn leichtpredigten
zu halten, den text zuvor auß dem buch mit an-
ziehung des capitels, propheten, evangelisten oder
apostels, so denselbigen beschrieben, deutlich, klar
und verständlich ablesen.

Das aber diesesfals den pfarkindern oder zu-
hörern die undankbarkeit, wie dan auch eins teyls
predigern der geiz, so viel mal auf beyden seyten
(leider allzu gemein), durchauß abgeschnitten und,
soviel müglich, gleicheit zu halten, beyder teylen
ursach und anlaß gegeben werde, so setzen, ordnen
und wollen wir, das in stetten und flecken, uber
einen reichstaler 4 oder goltgülden 5 für ein leich-
predigt zu geben, niemand verbunden sein soll. Wer

Wackernagel III,Nr.5f.; Ev.Kgb. u. Kulp Nr.195.
99 Lied von Erhart Hegenwalt, erschienen Wittenberg
1524; vgl. Wackernagel III, Nr. 70; dazu WA 35,
16. 20.148. 339. 497. 1 Vgl. oben S. 156, Anm. 52.

2 Lied von Michael Weiße, zuerst im Gesangbuch der
böhmisch-mährischen Brüder von 1531; 1540 in das
Magdeburger Gesangbuch Michael Lotthers auf-
genommen, jedoch mit einigen Veränderungen und
einer neuen Schlußstrophe, dann dauernd im Lie-
derschatz der luth. Kirche; in den Begräbnisliedern
von 1542 fälschlich Luther zugeschrieben, ebenso im
Klugschen Gesangbuch von 1543 und im Babstschen
von 1545, wo Luther den Fehler in der Vorrede kor-
rigiert; vgl.WA 35, 307 ;Wackernagel III, Nr. 395f;
Ev.Kgb.u.Kulp Nr. 174; S.Kümmerle,aaO.413ff.

3 Eine entsprechende Zahl fehlt in der Druckvorlage.
- Eine Begräbniskollekte steht in der Druckvorlage
auf S. 147. Sie beginnt aber: Allmechtiger Gott, der
du durch den tod deines Sohns die sünde und tod
zunichte gemacht...; vgl. Sehling VI, 2, 1080.

4 Eine große Silbermünze als Äquivalent zum Gold-
gulden wurde zuerst 1484 in Tirol unter dem Namen
„Großer Groschen“ oder „Großer Pfennig“ geprägt.
Seit etwa 1518 schlugen die Grafen Schlick in Böh-
men aus ihrem Joachimstaler Bergsilber, die „Joa-
chimstaler Guldengroschen“ (= Taler), die dem
späteren Reichstaler den Namen gaben. Seit 1566
war der Taler Reichsmünze; er hielt 25,98 g Silber
und galt 1580 90 Kreuzer. Besonders in Norddeutsch-

187
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften