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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0224
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Stift Verden

sprechen und einrede hat oder erhebliche verhinde-
rung weiß, als ein tertia persona, solches dem con-
sistorio anzeigen.

Wann auch irrung zwischen eheleuten fürfallen
oder nahe verwandte freunde in gradibus prohibi-
tis 19 sich miteinander ehelich einlassen wolten, die
soll kein pastor in unserm stift zusamengeben, son-
dern sie oder dieselbige an das consistorium wei-
sen, sich daselbs bescheides zu erholen und, dem-
selbigen gemeß zu leben, sie vermahnen. In summa,
alle casus matrimoniales, wie sie mügen beschaffen
sein, sollen an das consistorium gebracht und
von demselbigen verhöret und verabschiedet wer-
den.

Zum vierten sollen für das consistorium gehören
allerhand mißverstend und irrung, so zwischen pa-
storn, diacon und custodi und also unter ihnen selbs
sich zutragen oder fürfallen.

Zum fünften: Da auch irrungen und uneinigkei-
ten zwischen den pastorn und ihren zuhörern ent-
stünden und deßhalben klag fürfallen würde, so
sollen dieselbige gleichßfals an das consistorium ge-
bracht, die parteyen vorgefordert, verhört und also
die sachen entschieden werden.

Zuletzt sollen auch dieselbige kirchenrichter und
beysitzer des consistorii treues und fleissiges auf-
sehen haben, das die pastores, sowol auch andere
kirchendiener, wenn die beambten in verhelfung
derselben angehörigen sachen seumig oder nach-
lessig weren, wieder unrecht geschützt, auch andern
recht tun und leiden, dazu der kirchen einkommen
und güter bey der kirchen erhalten, oder so etwas
davon entwendet, daß dasselbige wiederumb resti-
tuieret, zurecht gebracht und also die kirchengüter
wie auch die gemeine almosen bey den hospitaln
in esse 20 erhalten werden.

19 Eine ausführliche Liste der verbotenen Grade ent-
halten z. B. der „Einfeltige unterricht von ver-
botenen personen und graden... im stift Merseburg“
von 1548, Sehling II, 29ff., und die Generalartikel
des albertinischen Sachsen von 1557, Sehling
I, 335ff.; danach auch die Wolfenbüttler KO,
Sehling VI, 1, 219ff., und die Oldenburger

KO, Bl. Zz Iff. - Vgl. auch Mecklenburger KO, Seh-
ling V, 212 (nach der offiziellen niederdeutschen
Ausgabe der KO von 1557); KO für Lippe, Spiegel-
berg und Pyrmont, Bl. Bb Iff.; Lauenburger KO,

Von visitation der kirchen.

Dieweil bey aller und jeder regierung, sie sey
geistlich oder weltlich, zum allerhöchsten von-
nöten, das die personen, denen die regierung inson-
derheit befohlen, selbst allenthalben gute aufsicht
haben, so wil ein solches fleissiges aufmerken für-
nemlich bey der visitation der kirchen vonnöten
sein, damit die bißhero erzehlte hochnötige stück
in der kirchenregierung desto schleuniger gefordert,
die gebrechen erkündiget und gebessert werden
mügen.

Derhalben soll die visitation durch das ganze
stift Verden in beysein der sembtlichen beysitzer
des consistorii gehalten, und dabey auch die schu-
len 21 fleissig visitieret und in acht genommen wer-
den sollen.

In solchen visitationibus sollen die verordnete
sich erkunden und fleissig nachforschen, erstlich,
ob auch die obrigkeit, beambten und untertanen
jedes orts, item prediger und zuhörer, haußvätter
und haußmütter, kinder und gesind dieser unser
kirchenordnung allenthalben gemeß leben und der-
selben nachkommen. Und woferne bey einem oder
dem andern teyl mängel befunden würden, so sol-
len die leut, wer und welches standes die sein, zur
emendation und besserung vermahnet, die mut-
willige verechter und ubertretter nach gelegenheit
in straff genommen werden.

Zum andern sollen sie darauf sehen und fleissige
achtung haben, das die reine lehr göttliches worts
und der rechte gebrauch der heiligen, hochw[irdi-
gen] sacramenten und andere ritus ecclesiastici
nicht etwa an diesem oder einem andern ort mit
frembden oder verführischen ihrtumben verfel-
schet und also in lehr oder ceremonien, dieser unser

Bl. 75vff. Vgl. auch oben S. 87 mit Anm. 10; unten
S. 528 f. 20 = in gutem Zustand.

21 Zu den Schulen in der Stadt Verden und dem Süder-
ende vgl. oben S. 154f., Anm. 41 und 43; zur Schule
in Rotenburg vgl. Einleitung, oben S. 144 mit
Anm. 1. — In Scheeßel entstand einige Zeit nach
der Reformation, wohl noch vor 1600, eine Schule.
Den Unterricht erteilte der Küster. Vgl. H. Meyer,
Scheeßel, 504. Ähnlich dürfte es auch in anderen
Kirchorten gewesen sein; vgl. unten S. 201 bei
Anm. 69.

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