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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0252
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rich um eine Reform der weltlichen und geistlichen Gerichtsbarkeit 91. 1585 richtete er eine ständige Be-
hörde zur Ausübung der landesherrlichen Jurisdiktion während seiner Abwesenheit ein 92.

Bernhard von Waldeck, der, von Haus aus evangelisch, 1588 dennoch die päpstliche Bestätigung und
die Regalien des Stifts erhielt 93, nachdem er seinen Glauben mehrfach verleitgnet 94, am 29. Januar 1586
auch den Eid auf das Tridentinum abgelegt hatte 95, war nach Stellung und Charakter zu schwach, um
sich für den Protestantismus einzusetzen 96.

Philipp Sigismund, der seine Wahl wohl hauptsächlich dem Wunsch nach einem starken Schutzherrn
in einer von kriegerischen Wirren (spanisch-niederländischer Krieg) erfüllten Zeit und einem guten
Haushalter für das arme Stift verdankte 97, zeigte sich kompromißlos in seinem lutherischen Bekenntnis
und tätiger als seine Vorgänger. Er sah sich aber bald einem Domkapitel gegenüber, in dem die Lax-
heit allmählich dem Geist des Jesuitismus wich. Durch Kapitulation 98 und Zusage an den Papst 99 hatte
er sich verpflichten müssen, die katholischen Untertanen in ihrem Glauben zu schützen. Auf Grund des
in der Kapitulation gleichfalls gesicherten Augsburger Religionsfriedens fühlte er sich aber auch berech-
tigt, die Protestanten und die lutherische Religion vor den Rekatholisierungsversuchen des Domkapitels
zu bewahren, indem er, in Streitfragen um Pfarr- und Schulbesetzung usw., so handelte und entschied,
daß die Protestanten keine Einbuße erlitten 1. Dabei war seine Position noch schwächer als die seiner
Vorgänger, da er als treuer Protestant weder die päpstliche Bestätigung noch die kaiserliche Belehnung,
abgesehen von einem 1598 auf drei Jahre erteilten Regalienindult und einer Verleihung der Regalien
„in perpetuum“ am 20.März 1604 unter der Bedingung der Qualifikation zum katholischen Bischof
innerhalb von fünf Jahren 2, erhielt und insofern rechtlich als Statthalter des Domkapitels, das im Be-
sitz der Regalien blieb, angesehen werden konnte 3. In seiner Kirchenpolitik konnte er sich aber auf die
Stadt und z. T. auch auf die inzwischen größtenteils zum Protestantismus übergegangene Ritterschaft
stützen. Im übrigen genoß er durch seine edle Gesinnung, seine Gerechtigkeit, seinen Fleiß, seine ge-
ordnete Hofhaltung und Mildtätigkeit auch bei den Katholiken das höchste Ansehen 4. Eine einheitliche
Ordnung der Osnabrücker Kirche im lutherischen Sinn durchzuführen, war ihm jedoch unmöglich. Auch

91 Vgl. dazu die Landtagsverhandlungen vom 8. Apnt 1579 und vom 28. Novemher 1580; Staats-A. Osn. Msc. 100 I,
Bl. 368vf. 388vf. 393. Abdruck der entworfenen Reformationsartikel für die landesherrliche Justiz im Codex
constitutionum I, 1, 1ff.; vgl. dazu M. Bär, Verwaltungsgeschichte, 7f. mit Anm. 1 und 7. Die folgenden Bischöfe
setzten die Arbeit auf diesem Gebiet fort. 92 Vgl. oben S. 212f. mit Anm. 17.

93 Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 311; bes. B. Krusch, 232ff.

94 Vgl. die Orig.-Kapitulation von 1585 im Dom-A. Osn.: Bernhard verspricht nicht nur, das Domkapitel und die
seiner Jurisdiktion Unterworfenen bei der katholischen Lehre zu schützen, wie sie mit allen Zeremonien hergebracht
sei und in der Domkirche geübt werde, sondern auch, sich selbst nach der katholischen Religion zu verhalten,
dabei zu leben und zu sterben, bei Hofe einen gelehrten katholischen Priester zu unterhalten, auch bei den Archi-
diakonen und im Stift für Observierung des Katholizismus zu sorgen.

95 Das Notariatsinstrument im Dom-A. Osn. Abdruck bei M. Strunk, Annales Paderbornenses III. 1741, 514ff.

96 Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 302ff. — Wie der Abt Maurus Rost in den Iburger Klosterannalen erzählt, soll Bern-

hard gegen Ende seines Lebens deutlich mit seinen evangelischen Neigungen hervorgetreten sein. Angeblich habe
er in der Iburger Klosterkirche durch Aufschlagen mit dem Stock den katholischen Gottesdienst unterbrochen, um
seinen Hofprediger reden zu lassen; vgl. Geschichtsquellen III, 90. 220, Anm. 478. B. Krusch, 241, bezweifelt,
wohl mit Recht, auf Grund des sonst von Bernhard gezeichneten Charakterbildes ein solches Auftreten in der Iburger
Klosterkirche. — Th. Röling, 119, schreibt von Bernhard, daß er, obwohl katholisch, dennoch den Evangelischen
„seiner Friedsamkeit nach“ nichts Böses getan habe. 97 Vgl. B. Krusch, 242ff.

98 Die umfangreiche Orig-Urk. von 1591 im Dom-A. Osn.; vgl. auch Staats-A. Osn. Rep. 100 Abschn. 12a Nr. 13
(Acta betr. Wahl und Kapitulation des Bischofs Philipp Sigismund 1591. Bl. 74ff.: gedruckter Extrakt aus der
Wahlkapitulation). 99 Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 354f.; B. Krusch, 251jf.

1 Zum Osnabrücker Schulstreit s. unten „Stadt Osnabrück“, S. 245. Der Augsburger Religionsfriede wurde von
Philipp Sigismund ebenso verstanden wie von Heinrich; vgl. S. 219 mit Anm. 90.

2 Vgl. B. Krusch, 269f. - Staats-A.Osn. Rep. 100 Abschn. 13 Nr. 3, bes. Bl. 126 (Verpflichtung Philipp Sigis-
munds vom 20.März 1604, Konzept).

3 Orig.-Urk. vom 22. August 1591 im Dom-A. Osn.: Philipp Sigismund übernimmt die ihm vom Domkapitel sede
vacante anvertraute Verwaltung des Stifts. 4 Vgl. Geschichtsquellen III, 90f. (Iburger Klosterannalen).

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