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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0274
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den Chorgesang der Schüler beim Gottesdienst in den Stadtkirchen 92. 1582 wurden zwei Ratsherren zur
Aufsicht über die Schule bestellt 93.

Das lutherische Bekenntnis, das für die Reformation in Osnabrück von vornherein bestim-
mend gewesen war, wurde unter dem Nachfolger des Pollius im Superintendentenamt, Christian Slei-
bing, 1565 gegenüber philippistischen Einflüssen aufs neue bekräftigt, indem auf Anraten von Chem-
nitz und Mörlin 94 ein Abendmahlsbekenntnis 95 abgefaßt und von den meisten Geistlichen angenommen
wurde. Am 28. Januar 1566 unterschrieben die evangelischen Geistlichen die Augsburgische Konfession,
die Apologie, die Schmalkaldischen Artikel, „item confessio[nem]iuniorumducum Saxoniae 96 et Lünebur-
gicae synodi acta“ 97, wie den Brief Luthers an die Frankfurter von 1533 über die Abendmahlsgemein-
schaft mit den Sakramentierern 98. Der die Unterschrift verweigernde Wilhelm Voß, Prediger an St. Ka-
tharinen, wurde später entlassen, obwohl er seine Unterschrift am 4. Februar 1566 unter dem Druck
der Verhältnisse nachholte99. 1579 unterzeichneten die Geistlichen die Konkordienformel 1, deren An-
erkennung auch aufrechterhalten blieb, obwohl später daneben die Wittenberger Konkordie von 1536 als
anzuerkennendes Symbol genannt wird 2.

Die KO von 1543 genügte den Ansprüchen bald nicht mehr, da sie, äußerst knapp gefaßt, einer
eigentlichen Agende ermangelte. Auch paßte sie in mancher Hinsicht nicht mehr auf die nach dem
Interim in Osnabrück veränderten Verhältnisse. 1588 erschien eine neue KO mit ausführlichen agen-
darischen Teilen, ebenfalls in niederdeutscher Sprache 3. Obwohl sie gedruckt wurde, ist von ihr schon

wohl alles lehren, was er mit seinem Gewissen vor Gott und der christlichen Gemeinde verantworten könne, nämlich
vom Sakrament des Altars nach Gottes Befehl, ebenso vom Ehestand, auch vom Artikel der Rechtfertigung usw.;
jedoch nach Gelegenheit von Ort und Zeit wolle man die Bücher Luthers nicht gelesen haben. Um christlicher Ein-
tracht willen habe Sleibing das auch zugesagt.Kopie der Bestallungvon 1558 im Staats-A. Osn.: Rep. 100 Abschn. 35
Nr. 2, Bl. 34f. Vgl. auch K. Lodtmann,Geschichte, 147; Hartmann, Rathsgymnasium, 3; F. Runge, Rats-
gymnasium, 15; J. Jaeger, 29f.;J.M.ReuI, 3, 1, 2, 1042*f. (mit Abdruck der Bestallung von 1552).

92 Vgl. den Vergleich zwischen Domkapitel und Rat vom 25. April 1575, Kopie im Staats-A. Osn.: Rep. 100 Abschn. 35
Nr. 2, Bl. 57; die vor der Bestallung Kerssenbrocks zum Rektor vereinbarten Vertragspunkte, Punkt 3, und die
Bestallung Kerssenbrocks von 1581 (Konzept), beides im Staats-A. Osn.: aaO. Bl. 1 ff.; das genannte Schriftstück
Fredeleffs von 1597, Art. 20, aaO.; auch K. Lodtmann, Geschichte, 151.

93 Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 325.

94 Zu Martin Chemnitz und Joachim Mörlin in Braunschweig s. Sehling VI, 1, 340ff. 459ff.

95 „Bekenntnisse der Predikanten zu Ossenbrugge van dem Auentmale vnses Heren Jesu Christi, publicert vnd auer
geuen Anno 1565 jegen de Sacramentarios“; vgl. B. Spiegel, Bonnus, 85; J.M. Reu I, 3, 1, 2, 1040*.

96 Hierüber vgl. H. Hamelmann, 1160. Vermutlich ist das Weimarer Konfutationsbuch von 1559 gemeint, das gegen
die auf dem Frankfurter Fürstentag 1558 unternommenen Einigungsversuche zwischen Philippisten und Gnesio-
lutheranern und die zu dem Zweck aufgestellte Formel gerichtet war; vgl. dazu RE 3 6, 171f.; 19, 59f. 98ff. 232ff.;
Bek. Schr., XXXIII. 744, Anm. 1.

97 Auf dem Tag zu Lüneburg 1561 schied man sich von den Osiandristen, Majoristen, Sakramentierern, Adiapho-
risten und Synergisten und bekannte sich zum ursprünglichen Sinn der Confessio Augustana; vgl.J.M. Reu

I, 3, 1, 2, 646*; Bek. Schr., XXXIII.

98 WA 30 III, 558ff.;vgl. dazu ebd. 554ff. - Die Kenntnis von diesen Vorgängen in Osnabrück vermittelt H. Hamel -
mann, 1160f.

99 Voß war, ehe er 1564 an die Katharinenkirche berufen wurde, Domprediger gewesen. Schon bald nach seiner Be-
rufung machte er sich verdächtig, über die Sakramente nicht streng lutherisch zu lehren. Seine Suspendierung 1566
führte indessen zu einem Aufruhr unter der Bürgerschaft, da Voß ein beliebter Prediger war. Endgültig entlassen
wurde Voß Ende März 1567. Vgl. H. Hamelmann, 1154ff.; K. Lodtmann, Geschichte, 154ff.; Friderici-
Stüve III, 64ff.; Spiegel, Voß, 656ff.; auch Staats-A. Osn. Msc. 6a, Bl. 124vf. (Fortsetzung von D. Lilies
Chronik zum Jahr 1566); J. M. Reu I, 3, 1, 2, 1040*f.; W. Schäfer, 27f. Vgl. noch unten Anm. 66 zur KO
von 1618.

1 Vgl. Th. Röling, 114 (danach: um 1580); B. Spiegel, Bonnus, 85; J. M. Reu I, 3, 1, 2, 1041 *.

2 S. weiter unten. Zur Wittenberger Konkordie von 1536 vgl. unten Anm. 10 und unten S. 265f., Anm.11. — Am
14. August 1593 übergab das geistliche Ministerium dem Rat eine Beschwerde- und Bittschrift, in der es ermahnte,
den Calvinisten in der Stadt nicht Raum zu geben; vgl. Th. Röling, 120f.

3 A e. L. Richter, KOO II, 23, hielt die KO von 1588 mit Th. Röling, 60f.,für eine Übersetzung der KO von
1543 ins Hochdeutsche. Dagegen spricht aber die Vorrede der KO von 1618 (s. unten); vgl. auch Stüve in: MO 13
(1886), 230.

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