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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0276
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halten honnten 13, dern Jesuitismus erschloß, faßte der Rat das evangelische Kirchenwesen in einer straf-
feren Ordnung zusammen und verlieh ihm so die Überlegenheit gegenüber den Kapiteln mit ihrem aus-
einanderstrebenden Klerus. 1596 wurde das Superintendentenamt, das seit der Amtsniederlegung Slei-
bings 1565 unbesetzt war, neu eingerichtet und Andreas Dithmarus, Pfarrer an St. Katharinen 14, da-
mit betraut. Gleichzeitig stellte der Rat eine Ordnung auf, die die Pflichten und Rechte des Superinten-
denten, die Neueinrichtung des Konsistoriums, jetzt bestehend aus den Mitgliedern des geistlichen Mini-
steriums, den Gemeindekirchräten und dazu verordneten Ratsherren, zur Beratung der kirchlichen Fragen
verfügte, wobei sich der Gesamtrat die Oberleitung über die kirchlichen Angelegenheiten vorbehielt. Die
Ordnung war darauf angelegt, die Einheitlichkeit von Lehre, Kultus und Kirchenzucht zu sichern. Sie
befindet sich als handschriftliches, besiegeltes Original im Staatsarchiv Osnabrück 15. Einige Mitteilungen
daraus vgl. bei Reu 16. Wir drucken sie nach dem Original: Text Nr. 3.

Anläßlich der Bestellung des Wolfgang Helvicus 17 zum Nachfolger des Andreas Dithmarus im
Jahre 1610 wurde die Ordnung von 1596 erweitert, besonders im Hinblick auf die Pflichten der dem
Superintendenten unterstellten Geistlichen. Auf Grund des gleichfalls im Staatsarchiv Osnabrück 18 auf-
bewahrten handschriftlichen, besiegelten Originals drucken wir einen Auszug aus der Ordnung von 1610,
der im wesentlichen die gegenüber der Ordnung von 1596 hinzugefügten Teile enthält: Text Nr. 4.

Eine abermalige Neubearbeitung erfuhr die Ordnung im Jahre 1669 anläßlich der Bestallung des
Superintendenten Johannes Eberhard Meyer 19. Später wurde sie in eine Prediger- und in eine Super-
intendentenordnung geteilt und blieb so mehr als 200 Jahre für die evangelischen Geistlichen verbindlich 20.

Eine völlige Wändlung war inzwischen im höheren Schulwesen Osnabrücks eingetreten. Schon
vor 1570 machte das Domkapitel Anstalten, die evangelischen Lehrer aus der Domschule zu entfernen,
woraufhin der Rat sich zur Neugründung einer Schule anschickte und evangelische Lehrer berief 21.
Bischof Johann legte sich aber gegen die Einrichtung einer Ratsschule ins Mittel 22. Schließlich kamen
die streitenden Parteien zu einer Übereinkunft, wonach der frühere Zustand wiederhergestellt wurde 23.
Am 25. April 1575 versprach das Domkapitel auch, die Domschule noch zu verbessern; dafür sagte der
Rat die Abschaffung der Winkelschulen zu 24. Aber 1595 versuchte das Domkapitel energisch, die Schule

13 Wilhelm Voß (vgl. oben S. 242, Anm. 99) wurde als Domprediger erst entlassen, als er geheiratet hatte; vgl. Spie-
gel,Voß, 654. Vgl. auch oben S. 240 mit Anm. 79.

14 Auf eine bisher unbeachtete Tätigkeit des Wittenbergschülers Dithmarus in Bremen 1565—1570 und sein Eintreten
für die luth. Abendmahlslehre dort verweist W. Schäfer, 31f. 34/35 (Osnabrücker Ratsprotokoll 1589). Weiteres
über Dithmarus s. unten S. 290, Anm. 2.

15 Staats-A. Osn. Dep. 3b IV Fach 44 Nr. 1 a, Bl. 4-10 v. 16 J. M. Reu I, 3, 1, 2, 1041 *f.

17 Zu Helvicus vgl. bes. W. Schäfer, 42f. Danach wurde H. 1560 zu Gr. Gerau b. Darmstadt geboren, besuchte 1577
das Marburger Pädagogium, 1583 die Universität Heidelberg, wurde 1587 Prediger zu Elnhausen, später in Ober-
u. Niedenweimar; 1607—1610 wirkte er in Lemgo. Er soll sich überall als Lutheraner gezeigt haben. Weiteres s. unten
S. 296, Anm. 4. 18 Staats-A. Osn. Dep. 3b IV Fach 44 Nr. 1a, Bl. 14-22.

19 Orig. vom 17. Dezember 1667 mit zahlreichen Unterschriften, die letzte von 1790, im Staats-A. Osn.: Dep. 3b IV
Fach 44 Nr. 1a, Bl. 24-35r. - Zu Johannes Eberhard Meyer vgl. unten S. 299, Anm. 30.

20 Vgl. C. Stüve, Hochstift II, 417, Anm. 2. Bei der Neuordnung des ev. Kirchenwesens nach der kath. Zwischen-
zeit beschloß der Rat am 16. Dezember 1633, „das es bei den bisher uffgerichteten legibus ecclesiasticis zu bleiben“
(aus dem Ratsprotokoll mitgeteilt bei W. Schäfer, 54).

21 Vgl. Hartmann, Rathsgymnasium, 3; Stüve, Stadtverfassung, 113; F. Runge, Ratsgymnasium, 19. — Die
veränderte Haltung des Domkapitels ist sicher auch im Zusammenhang mit der sich verhärtenden katholischen Ge-
sinnung des Bischofs zu sehen; vgl. dazu oben S. 218; auch Runge, aaO. 17f.

22 In einem Brief vom 24. Januar 1570 warnte Bischof Johann den Rat vor der Errichtung einer Partikularschule,
und in einer Instruktion für seine Räte zu den Verhandlungen in Iburg vom 28. Juni 1570 behauptete er, die Rats-
schule sei gegen die Privilegien des Kapitels, und verlangte, der Rat solle aufgefordert werden, von seinem Vor-
haben abzustehen; Kopie oder Konzept des Schreibens vom 24. Januar und Orig. der Instruktion vom 28. Juni
im Staats-A. Osn.: Rep. 100 Abschn. 35 Nr. 3, Stück 1 und 2. Vgl. auch F. Runge, Ratsgynmasium, 20.

23 Über die Verhandlungen im einzelnen ist nichts bekannt; vgl. F. Runge, Ratsgymnasium, 20.

24 Der Vergleich (Kopie) im Staats-A. Osn.: Rep. 100 Abschn. 35 Nr. 2, Bl. 56f.; vgl. C. Stüve, Hochstift II, 277;

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