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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0283
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Kirchenordnung 1543

die pastoren in den kerspelskercken den text deß
evangelii utlegen up dat flitigste. Darna, wenn man
hefft concludirt, schal man den schlichten, entfol-
tigen forme der worde deß catechismi afflesen vor
den gemenen mann. Darna sal dat testament ge-
holden werden vor die communicanten.

To den Augustienern schall deß Sondages alleine
vormitdage to acht uhren dat evangelium gepre-
dickt, ock dat testament oder misse geholden wer-
den um der olden oder 35 kranken willen, die in die
ander kercken nicht kommen können. Und solckes
möte wy der not halven also verordnen, nademal
dat capitel tom Sunt Johan 36 sick beschwert, dat
evangelium und den rechten gebruck der sacra-
mente sampt den andern christlichen ceremonien
intostaden in ere kercken. Doch verhope wy uns,
Gott werde mit der tydt genade geven, dat dat ker-
spel wiederümb an synen rechten orde komme.
Wy don und geven gerne velle na, darmit man uns
nicht möge witen 37, alshadde wy nichtfrede und ein-
dracht durch dat evangelium begehrt und gesogt 38.

Deß Mantags sall to Sunt Catrinen geprediket
werden dat evangeliumMatthei,des sommers van se-
ven bet to achte, des winters van achte bet to negen.

Deß Dingstedags schal in Marien kercken gepre-
digt werden up gelicke stunde die evangelista Lu-
cas und Acta apostolorum.

Am Midwecken sall tom Augustienern gepredigt
werden die evangeliste Marcus.

35 Sonstige Überlieferung: und.

36 Die Johannes dem Täufer und Johannes dem Evan-
gelisten geweihte Kirche wurde 1011 von Bischof
Detmar in der Neustadt, die sich unabhängig von
der Altstadt entwickelt hatte, gegründet und ein
Koflegiatstift, wahrscheinlich auch schon eine Schule,
damit verbunden (vgl. Urkundenbuch I, Nr. 122;
Geschichtsquellen I, 2 [Osnabrücker Annalen]. 3
[Aufzeichnungen aus dem Johannisstift]; dazu Ur-
kundenbuch I, Nr. 276 [Festsetzung der Grenzen des
Kirchspiels St. Johannis 1147]); 1256-1291 erfolgte
ein Neubau der Kirche (vgl. Geschichtsquellen I, 3),
nachdem das ältere Gebäude vermutlich dem Stadt-
brand von 1254 zum Opfer gefallen war. 1306 ver-
einigten sich Alt- und Neustadt (Abdruck der Ur-
kunde bei J. F. A. Lodtmann I, 251f.). Vgl. Ber-
lage; H. W. H. Mithoff VI, 101f. 117ff.; A. F.
Meyer, St. Johann; Kunstdenkmäler der Provinz
Hannover IV, 1 u. 2, 87ff.; L. Hoffmeyer, Chro-
nik I, lOf. 408ff.; Geschichte, 50; H. Rothert in:
MO 57 (1937), 10. 24. 38. 72. 171ff.; in: MO 58

Am Donnerdage schall die pastor to Marien pre-
dicken ein 39 epistolen Pauli, Petri yffte Johannis,
als em wird gutdünken, geraden und best syn, nach
gelegenheit deß volkes.

Am Fridage schal die pastor to Sunt Catrinen
prediken den evangelisten Johannem offte episto-
las Petri 40 oder ock den catechismum; denn edt wird
nütte und gut syn, dat ener van den pastoren tor
wecken einmal den catechismum prediket, sonder-
licken to Sunt Catrinen, dewill idt mitten in der
stadt ist. Und düsse predike werden genoch syn in
der wecken vor dat volk nach gelegenheit düsser
stadt, dewile die gemene mann alle dage van synem
arbeyde nicht wol wesen kan. So idt die notturft 41
fordert, als wann pestilentie und andere krankheit
verhanden ist, so mach 42 man na gelegenheit in der
wecken enen jederem kerspel misse holden und die
lüde vermanen, dat sie to tyden tor bicht gaen und
sick berichten laten 43 und nicht up die lesten stunde
wachten und sick sülven versümen.

Deß Sondages und up andere festdage schall
in beyden kerspelskercken, to Marien und Sunt
Catrinen, gepredigt werden die epistel, to Sunt Ca-
trinen van twolven bet to enen. Und vor die pre-
digke schall dat düdesche Te Deum 44 gesungen wer-
den aver die ganzen kercken. Na der predigken schal
die vesper up latyn gesungen werden.

Darna, von twen bet to dren, schal die epistel to
Unser Leven Frowen gepredigt werden. Und idt

(1938), 31; L. Schirmeyer, 133f. 100f.; G.Wrede,
Die Kirchensiedlungen im Osnabrücker Lande, in:
MO 64 (1950), 65; E. Keyser, 279. Über Johannis-
kirche und -kapitel während der Reformationszeit s.
Einleitung, oben S. 235. 238f.; zur Johannisschule
ebd. S. 238f. mit Anm. 66.

37 = vorwerfen; vgl. Schiller und Lübben V, 748 f.

38 = gesucht; vgl. Schiller und Lübben IV, 284.

39 Legerbuch: de.

40 Die Wochenpredigten über ganze bibl. Bücher dürf-
ten im Prinzip auf Luthers Deutsche Messe 1526 zu-
rückgehen (WA 19, 79; Sehling I, 14; dazu G.
Kunze, Die gottesdienstliche Schriftlesung I. 1947,
127ff.; Leiturgia II, 164f.). Doch sind in unserer KO,
ebenso schon deutlich in Bugenhagens Braunschwei-
ger, Hamburger und Lübecker KO, die Predigten
von den Horen gelöst.

41 Niederschrift: nott (danach Fink); Legerbuch: noet.

42 Legerbuch: moet.

43 Vgl. unten S. 252 f. mit Anm. 60 f,

44 Vgl. oben S. 163, Anm. 90.

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