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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0285
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Kirchenordnung 1543

In den hüseren by den kranken schal man aver
dat brod und wyn die worde deß Herrn Christi, da-
mit he dat hillige sacramente ingesettet hefft, met
luder stimme lesen, up dat die kranke und 62 ander
lüde, so darby sint, verstan, wat dar gehandelt
wert. Dat sacramente in der monstrantion[!] to be-
waren und dat ummetodragen offte darmet also
tom kranken to gaen, deß hebben wy nen bevehl
van Christo. Ick wil noch schwigen de andern gro-
ten und schrecklicken mißbrücke und affgoderie,
die by dem sacramente im pawstdome gewesen sint.
Idt schollen averst die predicanten nicht allene de
kranken berichten, sondern schollen ock verpflich-
tet syn, daglichs to en to gaen und se to besocken,
to trösten mit Gades worde, bet so lange, dat idt
tor betteringe sleyt yffte dat Gott sinen willen mit
en schaffet.

Item, so dar mißdeder sint, de tom dode schollen
verordelet werden, de scholen ock de predicanten
up dat flitigste mit Gades worde underwisen und
se vorerst dorch dat gesette bringen 63 to erkent-
nisse erer sünden, darna sie trösten met dem evan-

abgelehnt der große, mit weltlichen Strafen verhun-
dene Bann; vgl dazu unten S. 721, Anm. 40.

62 Sonst: und de.

63 Druckvorlage und Niederschrift: „bringen“ fehlt.
Legerbuch wie der Text.

64 Nach sonstiger Überlieferung: loven.

65 Das Hospital St. Antonii und Elisabeth, gewöhnlich
„Zum Twente“ genannt, war 1339 von dem Bürger-
meister Johann Twente zum Besten der Kranken
und Armen, die vor den Kirchentüren, auf den Stra-
ßen usw. lagen und bettelten, gegründet worden
(Urkunde vom 26. 5. 1339, abgedruckt bei Fride-
rici-Stüve I, 240ff.). Zur geistlichen Versorgung
der Insassen wurde eine Kapelle geweiht, auch ein
Priester angestellt. Das Bestimmungsrecht über die
Stiftung hatte der Rat. Zwischen dem inneren und
äußeren Hegertor gelegen, wurde das Hospital 1553
anläßlich der Bedrohung der Stadt durch Herzog
Philipp Magnus von Braunschweig abgebrochen und
die Einrichtung in die Schweinestraße, spätere Ma-
rienstraße verlegt. Die Schutzheiligen wechselten an-
fangs; so erschien neben Elisabeth auch St. Barbara.
Vgl. H.W. H. Mithoff VI, 130; Kunstdenkmäler
der Provinz Hannover IV, 1 u. 2, 208f.; L. Hoff-
meyer, Fürsorge, 28; Chronik I, 448; L. Huys,
36f.; bes. H. Rothert in: MO 58 (1938), 134ff. -
Hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen, geboren
1207, † 1231, Wohltäterin der Armen. Gedenktag:
19. November. Vgl. S. M. Deutsch, RE 3 5, 309ff.;
F. v. Sales Doyé, Heilige und Selige der röm.-
kath. Kirche I. 1929, 309f.; F. Heiler, RGfG 3 II,

gelio, dat se dorch Christum hebben einen gnädigen
Gott und vergevinge erer sünden, so sie dat leven 64.
Und so sie deß verstandes sind und begeren dat
hillige sacrament, schall man en dat ock geven in
der gefenknüsse, gelick als man den kranken dat
gifft in den hüseren.

Van den hospitalen tom Twente 65 und tom
hilligen Geist 66.

Idt wil ock vannöden syn, dat in düssen beeden
hüsern de armen lüde mit Gades worde und mit dem
hilligem sacramente versorget werden, also dat se
in der wecken einmal yffte twe 67 dat evangelium
hören und sonderlick, dat de to bedde ligen, va-
ken 68 und flitigen vermahnet und getröstet werden
mit Gades worde. Solches könte wol ein predicante
in beyden hüsern utrichten yffte, so idt vannöden
wer, dat idt enen van den kapellanen to Unser Le-
ven Frawen bevolen 69 und upgelegt worde, bet so
lange Gott gnade geve, dat man mer personen hol-
den und besolden könde. Idt moste everst dem ka-

433 f. — Die legendäre Märtyrerin St. Barbara gilt
u. a. als Patronin der Sterbenden. Gedenktag: 4. De-
zember. Vgl. Herzog-Hauck, RE 3 2, 395; F. v.
Sales Doyé, aaO. 108f. — Hl. Antonius, vermut-
lich der Mönchsvater, † 356, Schutzpatron u. a. ge-
gen zahlreiche Krankheiten, bes. Hautkrankheiten,
auch Epilepsie. Gedenktag: 17. Januar. Vgl. F. v.
Sales Doyé, aaO. 73f.; H. Dörries, RGG 3 I, 461.

66 Das Hospital zum Hl. Geist wird am 23. 1. 1250 zu-
erst genannt (vgl. Urkundenbuch II, Nr. 578); in
demselben Jahr bestimmte das Domkapitel im Ein-
verständnis mit Bischof und Stadt die verlassenen
Gebäude der ersten Franziskanerniederlassung in
Osnabrück an der Lohstraße (vgl. unten Anm. 72)
zur Aufnahme des Hospitals (vgl. Urkundenbuch II,
Nr. 593). Ein vom Domdechanten zu ernennender
Priester sollte die geistlichen Obliegenheiten besor-
gen, die weltliche Verwaltung in den Händen zweier
vom Rat bestellter Provisoren liegen. 1295 wurde das
Hospital wegen mehrfacher Feuersbrünste vor das
Hasetor (vgl. Urkundenbuch IV, Nr. 428), 1553 (vgl.
Anm. 65) wieder in die Stadt in die Hasemauerstraße
verlegt. Vgl. H. W. H. Mithoff VI, 129; Kunst-
denkmäler der Provinz Hannover IV, 1 u. 2, 206 f.;
L. Hoffmeyer, Fürsorge, 17ff.; Chronik I, 447f.;
L. Huys, 35f.; H. Rothert in: MO 57 (1937),
159 ff.

67 Legerbuch: twee mall.

68 = oft; vgl. oben S. 223, Anm. 11.

69 Druckvorlage: bevelen. Sonstige Überlieferung ent-
sprechend dem Text (Legerbuch: bevallen).

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