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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0287
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Kirchenordnung 1543

alle wocken argumenta geven, epistolen und car-
mina to schriven. Summa, ein geschicket und fli-
tich rector wert sülven wol wetten, was den kin-
deren up dat beste vannöden wert syn.

Van twolven bet to enen alle dage schal die ganze
schole im singende geövet werden. Ock mit der tidt
scholen praecepta musices gelehrt werden.

Deß Sonavendes vormiddage scholen die kin-
dern in allen dreen classibus den catechismum 81
lehren, de klenesten kinder ersten up düdesch, dar-
na up latin, die middelsten den catechismum latine
und die körtesten 82 latineschen utleggung düden
lehren, die grötesten deßglicken. Und baven dat
scholen se repeteren 83, wat se de wecken aver van
buten gelehrt hebben. Des namiddages van twolfen
bet to einen schall man datt responsorium van Son-
dage offte vanfeste singen, ock den latineschen hym-
num und was süß 84 mehr to singende nödig iß. De
klenesten kinder scholen ere düdeschen sankböke 85
hebben und lehren de düdesche psalmen recht und
wol singen. Darna van einen bet to twen schal man
dat evangelium 86 interpretieren und darut de re-
gulas grammatices und constructiones examiniren.
Den kleinesten kindern schall man dat evangelium
up düdesch vorschriven und leren lahten.

81 Vgl. oben S. 222, Anm. 2. — Die Behauptung von
K. Knoke (ZnKG 6 [1901], 125), daß hier der 1539
erschienene niederdeutsche Katechismus des Bonnus
gemeint sei, ist von J. M. Reu I, 3, 1, 2, 1038* f.,
entschieden zurückgewiesen worden.

82 Legerbuch: korten.

83 Niederschrift (danach Fink): repeteren und upseg-
genge. Legerbuch: repeteren und upseggen.

84 = sonst; vgl. oben S. 222, Anm. 4.

85 Legerbuch: salmboeke. - Möglicherweise ist hier an
das 1543 zu Magdeburg unter Mitwirkung des Bon-
nus herausgebrachte niederdeutsche Gesangbuch ge-
dacht; über dieses: W. Jannasch, Geschichte des
luth. Gottesdienstes in Lübeck. 1928, 70. 93.

86 Die folgenden Worte bis „evangelium“ einschließlich
setzt Fink in Klammern mit der irrtümlichen Be-
merkung, sie fehlten im Druck. In der Niederschrift
sind sie von wenig späterer Hand am Rand nach-
getragen; demnach scheint es doch so, daß der Schrei-
ber der Niederschrift eine Vorlage benutzt hat und
beim Abschreiben in die falsche Zeile geraten ist.
Es wäre sinnlos gewesen, den Text ohne die bei Fink
in Klammern gesetzten Worte zu konzipieren. Vgl.
dazu Einleitung, oben S. 238, Anm. 54.

87 = Quatember, viermaliges jährliches Fasten: 1. in
der ersten Fastenwoche, 2. in der Pfingstwoche, 3. in
der Woche nach Kreuzerhöhung (14. September),

Idt scholen sick ock de rector und scholegesellen
beflitigen, dat se jo alle quatertemper 87 tom wei-
nigsten de kinder tor bicht gaen laten und tom hil-
ligen sacramente.

Und sonderlichen up de tyde, wenn de catechis-
mus vor dat gemeine volk vom pastore affte super-
intendente geprediget werd.

Visitatio der schole schall alle halve jahr gehol-
den werden, achte dage nah Paschen und nah Mi-
chaelis. Und scholen hierby wesen de twe lohn-
heren, de vorstendere ut den beiden karspelsker-
cken, to den Augustineren und de vorstendere der
schole sambt den pastoren. Und idt schall hier van
allen gebrecken gehandelt werden, so in den ker-
cken und by der schole gefunden werden, und de
rector sambt sinen gesellen up dat flitigste ver-
mahnet werden eres ampts.

Van den ceremonien 88.

Nahdemmale de papen in vorigen tiden 89 allene
um der praesentie 90 und geldes willen hebben de
ceremonien in den kercken geholden und nu tor
tidt under dem evangelio nemant van densülven
Gade recht denen will, so mote wy dorch de schol-
mesters und de kinder de ceremonien in den ker-

4. in der Woche nach dem dritten Adventsonntag.
Die Heimat der Quatemberfasten ist Rom, wo sie
schon im 5. Jh. altherkömmlich waren. Vermutlich
wurden sie zur Heiligung der Jahreszeiten eingeführt.
Nach anfänglichen Schwankungen der Termine legte
Gregor VII. die Quatemberzeiten 1078 endgültig fest.
Vgl. J. Braun, LiturgischesHandlexikon 2. 1924,
286f.; L. Eisenhofer, Handbuch der kath. Litur-
gik I. 1932, 482ff.; Leiturgia I, 486f. (G. Kunze).

88 Vgl. zu diesem Kapitel Lübecker KO: „Vam sin-
gende und lesende der scholern in allen parkerken“
(Sehling V, 347f.), ebenso das entsprechende Ka-
pitel der Hamburger KO von 1529 (Sehling V, 516)
und in der Braunschweiger KO (Sehling VI, 1,
399ff.), auch der Mindener KO; Herforder KO:
„Van der metten offt morgensange“, „Van der ves-
per“. Allgemeines zu den Horen der Schüler s. oben

S. 66, Anm. 25; zur näheren Erklärung des Stunden-
gebetes vgl. oben S. 229 ff.

89 Legerbuch: in voertiden.

90 = Präsenzgelder = Zahlungen, die durch persönliche
Gegenwart, bes. beim Stundengebet im Chor, täglich
durch die Kleriker verdient und täglich oder wö-
chentlich verteilt werden; vgl. Sehling, RE 3 15,
612; betr. Osnabrück: F. Bösken, Beiträge zur Ge-
schichte der Musik im Hochstift Osnabrück. 1937,
12 ff.

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