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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0292
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Stadt Osnabrück

kerspels, darin he schal gesettet werden, doch dat
men tovoren gude tüchnüsse van emme hebbe
enes 57 frommen levendes und reiner lere.

De insettinge yffte confirmatio schal geschen in
der kercken vor der gemene vor deme altar mit ge-
bede und upleggung der hande, doch dat dat volk
tovoren vermanet werde vam predigstole tom ge-
bede vor den nien praedicanten. Und idt schal de
praedicante, so dar angenommen wart, laven 58 by
siner seelen seligkeit, dat he wdl dat evangelium 59
predicken und de sacramente vorrecken 60 und ut-
delen na dem bevele unses Heren Christi, schal ock
darup tom hilligen sacramente gaen in jegenwer-
digheit der ganzen gemeine etc.

nen, dem Superintendenten und den anderen Pa-
storen angenommen werden. An der Annahme eines
Kaplans hat der Pastor entscheidenden Anteil. Wie-
der anders ist die Regelung in Hamburg und noch-
mals abweichend in Herford: „Van der erwelinge
und affsettinge und vorsorginge der predicanten“.
Zu Ansätzen presbyterialer Gemeindeverfassung im
Hinblick auf die Pfarrbesetzung in Bugenhagens
KOO vgl. E. Wolf, Peregrinatio. 1954, 269f. 276f.
In Osnabrück kam das Selbstbewußtsein der Kirch-
spielsleute der Stadtkirchen, das sich mit der Aus-
bildung einer Gemeindeverfassung (freilich nicht
hinsichtlich der Pfarrbesetzung) und dem Neubau der
Kirchen durch die Bürger bes. seit dem 14. Jh. ent-
wickelt hatte (vgl. Einleitung, oben S. 233; S. 249,
Anm. 20. 27; S. 250, Anm. 31), presbyterialen An-
sätzen entgegen. 57 Legerbuch: eres.

58 = geloben; vgl. Schiller und Lübben II, 640. 736f.

59 Die übrige Überlieferung: dat hillige evangelium.

60 = überreichen, spenden, austeilen; vgl. Schiller
und Lübben V, 423; Lasch und Borchling I, 904.

61 = Wirtschaften, d. h. Hochzeiten; vgl. Schiller
und Lübben V, 690.

62 Vgl. Lübecker KO: „Van esaken“, „Wertschop, vor-
lavinge, geluckbedinge unde des gelicken, des hil-
ligen dages bet umme segers viven to vormidende“
(Sehling V, 356. 358f.); Hamburger KO von 1529:
„Van eesaken“, „Wertschop des hilligen dages up
den middach to vormidende“ (Sehling V, 509.
515f.); Braunschweiger KO: „Van ehesaken“ (Seh-
ling VI, 1, 384) und das entsprechende Kapitel der
Mindener KO. Vgl. auch Bremer KO : „Van eesaken“
und die folgenden Abschnitte. - Unsere KO sieht für
die Entscheidung strittiger Ehesachen ein Konsisto-
rium aus weltlichen und geistlichen Gliedern vor,
während die anderen genannten KOO die Ehestrei-
tigkeiten vom Rat entschieden haben wollen. Doch

Van ehsaken, wertschoppen 61 und tohope-
geven 62.

Sovele als de ehstiftinge belanget, wil hoch von-
nöden syn, dat ein ersam radt late ein ernstlick
mandat utgaen, dadorch verbaden werde, dat ne-
mand henfürder sick verdriste, hemelicke echte 63
to macken, sonder dat idt geschehe mit weten, wil-
len und rade der olderen, vormunders yffte der neg-
sten fründe. Wente idt iß nen recht echt, de wed-
der Gades gebott vam gehorsame der kinder heme-
liken und motwilligen gemaket wert. Idt plegt ock
selden mit egenen friggen 64 wol to geraden. Und
wanner de frigge also recht und ordentlicken in
gadesfrochte wörde gemaket und angefangen, so
wörde man süß destoweneger [!] klage van den
ehsaken hören etc.

räumen Hamburg und Minden wie schon die Braun-
schweiger KO die Hinzuziehung des Superintenden-
ten in besonders schwierigen Fällen ein. Vgl. auch
Aepins Hamburger KO : „Van dem ehestande“ (Seh-
ling V, 555). Dort ist für die Eheschließung in den
verbotenen Graden und bei Geschiedenen die Ein-
willigung von Rat, Superintendent und der Pastoren
gefordert. — Für die Regelung unserer KO in Be-
tracht zu ziehen sind neben vor Augen stehender
geistlicher Jurisdiktion wohl auch auswärtige Ein-
flüsse, wie die Bemühungen um Errichtung gemisch-
ter Konsistorien in den sächsischen Fürstentümern
um diese Zeit; vgl. darüber Sehling I, 55ff. 200ff.
92ff. Vgl. auch die Wolfenbüttler KO von 1543:
„Van der oversten superintendentia, vom consistorio
und van einer sunderliken scholen“ (Sehling VI, 1,
47 ff.). Näheres wird noch untersucht.

63 Auch die Lübecker KO wendet sich gegen die heim-
lichen Ehen, indem sie von dem Jawort ohne Wissen
der Eltern spricht. Öffentlichkeit der Ehe bzw. des
Verlöbnisses bedeutete für die Reformatoren soviel
wie Einwilligung der Eltern oder nächsten Freunde;
vgl. auch Luther, Von Ehesachen. 1530 ;WA 30 III,
207. Die Unsitte der heimlichen Eheschließung war
durch das kanonische Recht bedingt, dem zufolge
auch die heimlich erfolgten sponsalia de praesenti,
ebenso die sponsalia de futuro mit nachfolgendem
tatsächlichen Ehevollzug eheschließende Wirkung
hatten; vgl. R. Sohm, Das Recht der Eheschlie-
ßung usw. 1875, 110ff.; E. Sehling, Die Unter-
scheidung der Verlöbnisse im kanon. Recht. 1887;
auch Scheurl-Sehling, RE 3 5, 200ff. Vgl. auch
Sehling VI, 2, 805 mit Anm. 11 und 10; Einleitung,
oben S. 246, Anm. 33; H. Dombois, RGG 3 VI,
1361.

64 Friggen = Freien; vgl. Schiller und Lübben V,
532; Lasch und Borchling I, 999.

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