Stadt Osnabrück
ein kind, der werde nicht hineinkommen. Und sollen
darbey die gevattern ermahnet werden 64, daß sie
auf die kinder, von deren glauben sie ein offentlich
bekantniß tun werden, ein fleissiges aug halten, da-
mit sie in reiner lehr und namhaftig im Catechismo
Lutheri 65 underrichtet und in wahrer forcht Gottes
zu einer ehrlichen hantierung auferzogen werden.
Darauf der prediger begehrt, daß dem kind ein
christlicher nam gegeben werde. (Den exorcismum
belangent, weil derselbig als ritus libertati christia-
nae subiectus in diesen kirchen bißhero indifferenter
gehalten worden ist 66, inmassen der herr Doctor
Chemnitius part. 3 Loc. Comm. in loco de baptis-
mo 67 der lutherischen kirchen meinung erklärt hat,
lassen wirs daselbs bey billich bleiben.) Und 68 zeich-
net dann das kind mit dem zeichen deß heiligen
kreuzes an der stirn und brust, sprechent: Nimb hin
das zeichen deß heiligen kreuzes, beydes, an der
stirn und brust. Ferner spricht er: Lasset uns nu
Gott, den Vatter aller barmherzigkeit, im namen
seines eingebornen lieben Sohns Jesu Christi vor die-
ses kind (diese kinder) anruffen, bettet also:
O allmächtiger, ewiger Gott, Vatter unsers Herrn
64 Eine entsprechende Vermahnnng an die Gevattern
ist etwa die Exhortation „Lieben freunde, ihr habt
dis kindlein dem Herrn Christo zugetragen..wie
sie sich z. B. in den sächsischen KOO von 1540ff.
und 1580 (Sehling I, 266f. 366), in der Gruben-
hagener KO von 1581 (Sehling VI, 2, 1067f.), in
der Hoyaschen KO von 1581 (Sehling VI, 2, 1158)
(im Wortlaut nicht überall ganz übereinstimmend)
befindet. Vgl. Höfling, Taufe II, 82f. Eine andere
Patenvermahnung vgl. in der KO für Lippe, Spie-
gelberg und Pyrmont von 1571, Bl. Aa I.
65 Vgl. hierzu oben S. 222 mit Anm. 2 und S. 255 mit
Anm. 81.
66 Im Jahr 1567 muß der Exorzismus in Osnabrück
noch allgemein üblich gewesen sein. Damals taufte
der Geistliche Andreas Cronenberg unter Anwendung
des Exorzismus und wurde deshalb von einem nach
Osnabrück gekommenen Fremden während der Tauf-
handlung zur Rede gestellt. Als der Prediger Wil-
helm Voß für den Fremden Partei nahm, war das
ein Grund mit für seine Entlassung. Vgl. H. Hamel-
mann, 1163; Spiegel, Voß, 657; W. Schäfer,
22; dazu Einleitung, oben S. 242 mit Anm. 99. — Die
im Stift Osnabrück benutzte Verdener KO behielt
den Exorzismus bei; vgl. oben S. 172 mit Anm. 52.
67 Martin Chemnitz’ Loci theologici, entstanden aus
seinen Vorlesungen über Melanchthons Loci in Braun-
schweig, wurden 1591 von Polycarp Leyser und Chem-
nitz’ Söhnen in drei Teilen herausgegeben. Zu unse-
Jesu Christi, wir ruffen dich an uber diesen (N), dei-
nen diener (deine dienerin), der (die) deiner taufe
gab bittet: Nimb ihn (sie) auf, Herr, und wie du
gesagt: Bittet, so werdet ihr nehmen, suchet, so wer-
det ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan,
[Mt 7, 7] so reiche doch nu das gut dem, der da bittet
(der, so da bittet), und öffne die tür deme, der da an-
klopfet (der, die da anklopfet), daß er (sie) den ewi-
gen segen dieses brots erlange (erlangen) und das
verheissene reich deiner gnaden empfange (empfan-
gen), durch Christum, unseren Herren. Amen.
Lasset uns nu hören das heilige evangelium S. Marci
[10, 13-16].
Und sie brachten kindlein zu Jesu, daß er sie an-
rührete. Die jünger aber fuhren die an, die sie tru-
gen. Da es aber Jesus sahe, ward er unwillig und
sprach zu ihnen: Lasset die kinder zu mir kommen
und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das reich
Gottes. Warlich, ich sage euch: Wer das reich Gottes
nicht empfähet als ein kindlein, der wird nicht hin-
einkommen. Und er herzet sie und leget die hand
auf sie und segnet sie.
rem Text vgl. Pars tertia, De baptismo, IV: Reti-
nenda est illa distinctio, quod substantia baptismi
consistat in illa actione et in illis verbis: Baptizate
in nomine Patris, Filii et Spiritus sancti. Reliqua,
quae in actione baptismi in nostris ecclesiis vel di-
cuntur vel fiunt, non pertinere ad ipsam substan-
tiam baptismi, sed etiam sine illis baptismum esse
integrum et perfectum. Quia vero sunt succinctae
et utiles declarationes et commonefactiones ponen-
tes ob oculos doctrinam, efficaciam et usum bap-
tismi, ritus illi non sunt temere vel reiiciendi, vel
damnandi, sed ita declarandi, ut ecclesia inde aedi-
ficetur, utque rudiores totam doctrinam baptismi ex
ritibus actionis baptismi sibi in mentem revocare
possint. Ex his fundamentis disputatio de exorcismo
facile potest expediri... Si vero haec doctrina de
peccato originis, de potestate et regno satanae et de
efficacia baptismi plana confessione concedatur, sub-
stantia, integritas et efficacia baptismi non est alli-
gata ad praescriptum illum ritum verborum exor-
cismi, sed ecclesia habet libertatem, ut doctrinam
illam aliis verbis, scripturae magis consentaneis, pro-
ponat et explicet... (Ausg. Frankfurt u. Wittenberg.
Chr. H. Schumacher, 1690, S. 148).
68 Im wesentlichen folgt das Formular jetzt Luthers
Taufbüchlein von 1526, läßt aber, abgesehen von ge-
ringeren Abweichungen, außer dem Exorzismus auch
das vorangehende Gebet„Allmächtiger, ewiger Gott,
der du hast durch die sintflut...“ fort.
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ein kind, der werde nicht hineinkommen. Und sollen
darbey die gevattern ermahnet werden 64, daß sie
auf die kinder, von deren glauben sie ein offentlich
bekantniß tun werden, ein fleissiges aug halten, da-
mit sie in reiner lehr und namhaftig im Catechismo
Lutheri 65 underrichtet und in wahrer forcht Gottes
zu einer ehrlichen hantierung auferzogen werden.
Darauf der prediger begehrt, daß dem kind ein
christlicher nam gegeben werde. (Den exorcismum
belangent, weil derselbig als ritus libertati christia-
nae subiectus in diesen kirchen bißhero indifferenter
gehalten worden ist 66, inmassen der herr Doctor
Chemnitius part. 3 Loc. Comm. in loco de baptis-
mo 67 der lutherischen kirchen meinung erklärt hat,
lassen wirs daselbs bey billich bleiben.) Und 68 zeich-
net dann das kind mit dem zeichen deß heiligen
kreuzes an der stirn und brust, sprechent: Nimb hin
das zeichen deß heiligen kreuzes, beydes, an der
stirn und brust. Ferner spricht er: Lasset uns nu
Gott, den Vatter aller barmherzigkeit, im namen
seines eingebornen lieben Sohns Jesu Christi vor die-
ses kind (diese kinder) anruffen, bettet also:
O allmächtiger, ewiger Gott, Vatter unsers Herrn
64 Eine entsprechende Vermahnnng an die Gevattern
ist etwa die Exhortation „Lieben freunde, ihr habt
dis kindlein dem Herrn Christo zugetragen..wie
sie sich z. B. in den sächsischen KOO von 1540ff.
und 1580 (Sehling I, 266f. 366), in der Gruben-
hagener KO von 1581 (Sehling VI, 2, 1067f.), in
der Hoyaschen KO von 1581 (Sehling VI, 2, 1158)
(im Wortlaut nicht überall ganz übereinstimmend)
befindet. Vgl. Höfling, Taufe II, 82f. Eine andere
Patenvermahnung vgl. in der KO für Lippe, Spie-
gelberg und Pyrmont von 1571, Bl. Aa I.
65 Vgl. hierzu oben S. 222 mit Anm. 2 und S. 255 mit
Anm. 81.
66 Im Jahr 1567 muß der Exorzismus in Osnabrück
noch allgemein üblich gewesen sein. Damals taufte
der Geistliche Andreas Cronenberg unter Anwendung
des Exorzismus und wurde deshalb von einem nach
Osnabrück gekommenen Fremden während der Tauf-
handlung zur Rede gestellt. Als der Prediger Wil-
helm Voß für den Fremden Partei nahm, war das
ein Grund mit für seine Entlassung. Vgl. H. Hamel-
mann, 1163; Spiegel, Voß, 657; W. Schäfer,
22; dazu Einleitung, oben S. 242 mit Anm. 99. — Die
im Stift Osnabrück benutzte Verdener KO behielt
den Exorzismus bei; vgl. oben S. 172 mit Anm. 52.
67 Martin Chemnitz’ Loci theologici, entstanden aus
seinen Vorlesungen über Melanchthons Loci in Braun-
schweig, wurden 1591 von Polycarp Leyser und Chem-
nitz’ Söhnen in drei Teilen herausgegeben. Zu unse-
Jesu Christi, wir ruffen dich an uber diesen (N), dei-
nen diener (deine dienerin), der (die) deiner taufe
gab bittet: Nimb ihn (sie) auf, Herr, und wie du
gesagt: Bittet, so werdet ihr nehmen, suchet, so wer-
det ihr finden, klopfet an, so wird euch aufgetan,
[Mt 7, 7] so reiche doch nu das gut dem, der da bittet
(der, so da bittet), und öffne die tür deme, der da an-
klopfet (der, die da anklopfet), daß er (sie) den ewi-
gen segen dieses brots erlange (erlangen) und das
verheissene reich deiner gnaden empfange (empfan-
gen), durch Christum, unseren Herren. Amen.
Lasset uns nu hören das heilige evangelium S. Marci
[10, 13-16].
Und sie brachten kindlein zu Jesu, daß er sie an-
rührete. Die jünger aber fuhren die an, die sie tru-
gen. Da es aber Jesus sahe, ward er unwillig und
sprach zu ihnen: Lasset die kinder zu mir kommen
und wehret ihnen nicht; denn solcher ist das reich
Gottes. Warlich, ich sage euch: Wer das reich Gottes
nicht empfähet als ein kindlein, der wird nicht hin-
einkommen. Und er herzet sie und leget die hand
auf sie und segnet sie.
rem Text vgl. Pars tertia, De baptismo, IV: Reti-
nenda est illa distinctio, quod substantia baptismi
consistat in illa actione et in illis verbis: Baptizate
in nomine Patris, Filii et Spiritus sancti. Reliqua,
quae in actione baptismi in nostris ecclesiis vel di-
cuntur vel fiunt, non pertinere ad ipsam substan-
tiam baptismi, sed etiam sine illis baptismum esse
integrum et perfectum. Quia vero sunt succinctae
et utiles declarationes et commonefactiones ponen-
tes ob oculos doctrinam, efficaciam et usum bap-
tismi, ritus illi non sunt temere vel reiiciendi, vel
damnandi, sed ita declarandi, ut ecclesia inde aedi-
ficetur, utque rudiores totam doctrinam baptismi ex
ritibus actionis baptismi sibi in mentem revocare
possint. Ex his fundamentis disputatio de exorcismo
facile potest expediri... Si vero haec doctrina de
peccato originis, de potestate et regno satanae et de
efficacia baptismi plana confessione concedatur, sub-
stantia, integritas et efficacia baptismi non est alli-
gata ad praescriptum illum ritum verborum exor-
cismi, sed ecclesia habet libertatem, ut doctrinam
illam aliis verbis, scripturae magis consentaneis, pro-
ponat et explicet... (Ausg. Frankfurt u. Wittenberg.
Chr. H. Schumacher, 1690, S. 148).
68 Im wesentlichen folgt das Formular jetzt Luthers
Taufbüchlein von 1526, läßt aber, abgesehen von ge-
ringeren Abweichungen, außer dem Exorzismus auch
das vorangehende Gebet„Allmächtiger, ewiger Gott,
der du hast durch die sintflut...“ fort.
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