Agende (1588) 1618
Gott [Gen 3, 17-19]: Dieweil du hast gehorchet der
stim deines weibes und gessen von dem baum, dar-
von ich dir gebott und sprach: Du solt nicht davon
essen, verflucht sey der acker umb deinentwillen,
mit kummer solt du dich drauf nehren dein leben-
lang, dorn und disteln sol er dir tragen, und solt das
kraut auf dem felde essen. Im schweiß deines an-
gesichts solt du dein brot essen, biß daß du wider
zur erden werdest, darvon du genommen bist; dann
du bist erden und solt zu erden werden.
Zum 3., so ist das euer trost, daß ihr wisset und
gläubet, wie euer stand für Gott angenehm und ge-
segnet ist; dann also stehet geschrieben [Gen 1, 27f.
31]: Gott schuff den menschen ihm selbst zum bilde,
zum bilde Gottes schulf er ihn, er schuff sie ein männ-
lein und fräulein. Und Gott segnet sie und sprach
zu ihnen: Seyd fruchtbar und mehret euch und fül-
let die erden und macht sie euch undertan und her-
sehet uber fisch im meer und uber vögel unter dem
himmel und uber alles tier, das auf erden kreucht.
Und Gott sahe an alles, was er gemacht hatte, und
sihe da, es war alles sehr gut. Darumb spricht auch
Salomo [Pr 18, 22]: Wer ein ehefrau findet, der fin-
det was guts und schöpfet segen von dem Herrn.
Lasset uns betten 76.
Herr Gott, der du mann und frauen geschaffen
und zum ehestand verordnet hast, darzu mit früch-
ten deß leibs gesegnet und das geheimnuß deines
lieben Sohns Jesu Christi und der kirchen, seiner
braut, darin bezeichnet, wir bitten deine grundlose
güte, du wollest solch dein geschöpf, ordnung und
segen nit lassen verrucken noch verderben, sonder
gnädiglich bewahren, durch Jesum Christum, unsern
Herrn. Amen.
Form der ordination eines predigers.
Demnach es sich vielmalen begibt, daß neuwe be-
ruffene prediger, so zum predigampt noch nit ordi-
76 Das Gebet stimmt im wesentlichen mit dem von
Luther vorgesehenen überein. Vgl. auch oben S. 180.
77 Vgl. Superintendentenordnung von 1596, unten S.
292.
78 WA 38, 423ff. Vgl. oben S. 189f. mit Anm. 13.
79 Vgl. dazu Sehling VI, 1, 679 mit Anm. 5; 685f.
mit Anm. 18a u. 19; Th. Förster, RE 3 1, 445.
80 Vgl. dazu G. Limberg, 94f.; E. W. Zeeden, Ka-
tholische Überlieferungen in den luth. KOO des 16.
Jh. s. 1959, 61ff.; W. Maurer, RGG 3II, 830; unten
nirt seind, die ordinationem in unsern evangelischen
kirchen und von unsern predigern zu empfangen be-
geren, als sol es bey der form und weisse, wie es biß-
anhero ublich gewesen 77, auch hinfürter verbleiben,
daß nemblich derselbige, der sich angibt, zuforderst
ein richtig testimonium von seiner vocation unserm
superintendenten und folgends dem ganzen ministe-
rio vorzeige, sich darauf in presbyterio Cathariniano
examiniren lasse, zu S. Mariae ein probpredig tue
und daselbst nach beschehener probpredig nach der
form der ordination, welche Doctor Martin Luther
gestellet hat 78, von unserm superintendenten in
gegenwart der andern prediger und mit auflegung
der hände für dem angesicht Gottes und der kirchen
ordinirt werde, dessen alles ihm hernacher der super-
intendens ein offentfich von ihm und den andern
predigern unterschriebenes gezeugnuß gibt.
Censur oder disciplin der kirchen.
Ausser allem zweifel ist es, daß die censura eccle-
siastica von unserm Herrn Christo Matth. am 18.
[15 ff.] und Johannis am 20. [23] befohlen und gestif-
tet und kraft solches befelchs von dem heiligen apo-
stolo Paulo an dem incestuoso 1. Corinth. 5 [1-5],
item von S. Ambrosio an dem keyser Theodosio 79
und sonsten vielmal in primitiva ecclesia, wie auch
bißhero in evangelischen 80, und namhaftig in unsern
kirchen 81, verübet worden ist. Derowegen setzen,
ordnen und wollen wir, daß solche kirchencensur
auch hinfürter unnachlässig gehalten und in acht
genommen werde, nemblich also und dieser gestalt,
daß diejenige, welche zum gottesdienst sich nicht
der gebür einstellen oder sonsten ein ärgerlich leben
führen, erstlich von desselbigen kirchspiels predi-
gern vorgenommen und zur besserung ermahnet,
darnach, da solche vermahnung nichts fruchten
wolt, für das samptliche ministerium vom super-
intendenten vorgefordert und ihnen das gesetz ge-
8. 721, Anm. 40.
81 Vgl. KO von 1543, oben S. 252f. mit Anm. 61; Super-
intendentenordnung von 1596, unten S. 291f. 293.
Während 1543 nur der sog. kleine Bann, d.h.Versa-
gung des Abendmahls durch den Pastor, festgehal-
ten ist, sieht unsere KO im folgenden mit dem Ein-
schalten der Obrigkeit in den Prozeß der Kirchen-
zucht ein Miteinander kirchlicher und weltlicher
Strafen vor. So scheint man sich wieder dem mittel-
alterlichen großen Bann zu nähern (Lit. in Anm. 80).
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Gott [Gen 3, 17-19]: Dieweil du hast gehorchet der
stim deines weibes und gessen von dem baum, dar-
von ich dir gebott und sprach: Du solt nicht davon
essen, verflucht sey der acker umb deinentwillen,
mit kummer solt du dich drauf nehren dein leben-
lang, dorn und disteln sol er dir tragen, und solt das
kraut auf dem felde essen. Im schweiß deines an-
gesichts solt du dein brot essen, biß daß du wider
zur erden werdest, darvon du genommen bist; dann
du bist erden und solt zu erden werden.
Zum 3., so ist das euer trost, daß ihr wisset und
gläubet, wie euer stand für Gott angenehm und ge-
segnet ist; dann also stehet geschrieben [Gen 1, 27f.
31]: Gott schuff den menschen ihm selbst zum bilde,
zum bilde Gottes schulf er ihn, er schuff sie ein männ-
lein und fräulein. Und Gott segnet sie und sprach
zu ihnen: Seyd fruchtbar und mehret euch und fül-
let die erden und macht sie euch undertan und her-
sehet uber fisch im meer und uber vögel unter dem
himmel und uber alles tier, das auf erden kreucht.
Und Gott sahe an alles, was er gemacht hatte, und
sihe da, es war alles sehr gut. Darumb spricht auch
Salomo [Pr 18, 22]: Wer ein ehefrau findet, der fin-
det was guts und schöpfet segen von dem Herrn.
Lasset uns betten 76.
Herr Gott, der du mann und frauen geschaffen
und zum ehestand verordnet hast, darzu mit früch-
ten deß leibs gesegnet und das geheimnuß deines
lieben Sohns Jesu Christi und der kirchen, seiner
braut, darin bezeichnet, wir bitten deine grundlose
güte, du wollest solch dein geschöpf, ordnung und
segen nit lassen verrucken noch verderben, sonder
gnädiglich bewahren, durch Jesum Christum, unsern
Herrn. Amen.
Form der ordination eines predigers.
Demnach es sich vielmalen begibt, daß neuwe be-
ruffene prediger, so zum predigampt noch nit ordi-
76 Das Gebet stimmt im wesentlichen mit dem von
Luther vorgesehenen überein. Vgl. auch oben S. 180.
77 Vgl. Superintendentenordnung von 1596, unten S.
292.
78 WA 38, 423ff. Vgl. oben S. 189f. mit Anm. 13.
79 Vgl. dazu Sehling VI, 1, 679 mit Anm. 5; 685f.
mit Anm. 18a u. 19; Th. Förster, RE 3 1, 445.
80 Vgl. dazu G. Limberg, 94f.; E. W. Zeeden, Ka-
tholische Überlieferungen in den luth. KOO des 16.
Jh. s. 1959, 61ff.; W. Maurer, RGG 3II, 830; unten
nirt seind, die ordinationem in unsern evangelischen
kirchen und von unsern predigern zu empfangen be-
geren, als sol es bey der form und weisse, wie es biß-
anhero ublich gewesen 77, auch hinfürter verbleiben,
daß nemblich derselbige, der sich angibt, zuforderst
ein richtig testimonium von seiner vocation unserm
superintendenten und folgends dem ganzen ministe-
rio vorzeige, sich darauf in presbyterio Cathariniano
examiniren lasse, zu S. Mariae ein probpredig tue
und daselbst nach beschehener probpredig nach der
form der ordination, welche Doctor Martin Luther
gestellet hat 78, von unserm superintendenten in
gegenwart der andern prediger und mit auflegung
der hände für dem angesicht Gottes und der kirchen
ordinirt werde, dessen alles ihm hernacher der super-
intendens ein offentfich von ihm und den andern
predigern unterschriebenes gezeugnuß gibt.
Censur oder disciplin der kirchen.
Ausser allem zweifel ist es, daß die censura eccle-
siastica von unserm Herrn Christo Matth. am 18.
[15 ff.] und Johannis am 20. [23] befohlen und gestif-
tet und kraft solches befelchs von dem heiligen apo-
stolo Paulo an dem incestuoso 1. Corinth. 5 [1-5],
item von S. Ambrosio an dem keyser Theodosio 79
und sonsten vielmal in primitiva ecclesia, wie auch
bißhero in evangelischen 80, und namhaftig in unsern
kirchen 81, verübet worden ist. Derowegen setzen,
ordnen und wollen wir, daß solche kirchencensur
auch hinfürter unnachlässig gehalten und in acht
genommen werde, nemblich also und dieser gestalt,
daß diejenige, welche zum gottesdienst sich nicht
der gebür einstellen oder sonsten ein ärgerlich leben
führen, erstlich von desselbigen kirchspiels predi-
gern vorgenommen und zur besserung ermahnet,
darnach, da solche vermahnung nichts fruchten
wolt, für das samptliche ministerium vom super-
intendenten vorgefordert und ihnen das gesetz ge-
8. 721, Anm. 40.
81 Vgl. KO von 1543, oben S. 252f. mit Anm. 61; Super-
intendentenordnung von 1596, unten S. 291f. 293.
Während 1543 nur der sog. kleine Bann, d.h.Versa-
gung des Abendmahls durch den Pastor, festgehal-
ten ist, sieht unsere KO im folgenden mit dem Ein-
schalten der Obrigkeit in den Prozeß der Kirchen-
zucht ein Miteinander kirchlicher und weltlicher
Strafen vor. So scheint man sich wieder dem mittel-
alterlichen großen Bann zu nähern (Lit. in Anm. 80).
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