Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0330
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Stadt Osnabrück

Gottes, mehrer unterweisung der gemaind, erbau-
ung und furtpflanzung der wahren und reynen christ-
lichen religion. Wir seint auch nit gemeint, inmaßen
eß fur Gott und den menschen nicht zu verantwor-
ten, hinfurter zu gestatten und zuzusehen, daß unter
so weinig predigern in dieser gemaind ein sulche
simultas und diffidenz, wie sich ein zeit hero befun-
den, sein sölle. Wöllen sie aber in gute sich nicht
unterweisen und verwarnen laßen, so werden und
mußen wir oberkeit wegen unumbgenglich ein ander
ernstlichs einsiehen tun.

9] Und dan züm neunten 17, daß sie selbst hieneben
ein unärgerlich leben fuhren, auch sambt den ihrigen
der ganzen gemaind mit guten, erbarn und zuch-
tigen sitten und gebehrden furgehen, damit dem eitel
und leider täglich wachßender und zunemender
uppigkeit in dieser gemaind soviel die mehr gesteu-
ret und gewehret werden muge... 18

35] Letstlich und zum beschluß gepieten wir, bur-
germeistere und radt obgenannt, ernstlich und wöl-
len, daß irstlich ein jeder prediger sich uf der kanzel
des blinden, ehrenrurigen stechens uf unß, den radt,
seine collegas in sacro ministerio verbi, seine kirch-
räte und sunsten menniglichen enthalten und den
delatoribus nicht zu viel glauben soll.

36] Hette er aber etwas uf unß, den radt, seine
collegen, seine kirchräte oder auch jemandten an-
ders wegen einigs groben unchristlichen exceßes in
specie zu sprechen, so soll er den- oder dieselben unß,
der oberkeit, angeben oder selbst zuvor privatim
daruber zum reden stellen. Wurde selbiger alßdan
schuldig befunden und nach vorgehender straffe
oder christlicher ermahnung von seinem bösen wesen
nicht abstehen, alßdan damit nach der lehre Christi
Matth. 18. cap. [15ff.] verfahren a.

37] Züm andern, daß ein jeder prediger sich des
leidigen fullsaufens, dadurch Gott erzurnet, daß hei-
lige predigambt geschendet und den feynden unse-
rer wahren religion, desto ubeler von derselben zu

a Am Rand steht in der Druckvorlage: Matt. 18.
Nempe in dissidiis privatis, de quibus agit Christus
Matthaei 18, inquens: So dein bruder etwas wider
dich sundiget, so straf ihn zwischen dir und ihm
17 Vgl. den entsprechenden Absatz der Ordnung von
1596 oben S. 291, dort beginnend „Und dan zum
funften“. - In der Ordnung von 1610 sind auch die
folgenden, hier fortgelassenen Absätze durch eine
am Rand stehende Zahl bezeichnet, und zwar

judiciren und zu reden, anlaß gegeben wurt, hinfuro
mußigen sölle.

38] Und dan züm dritten, daß ein jeder sich nicht
allein in doctrina, sondern auch tota sua vita et mo-
ribus befleißige, ut sit typus fidelium iuxta doctri-
n[am] Paul[i] ad Tit[um] cap. 2, ne quod una manu
aedificat, duabus destruat.

39] Diese vorgeschriebene punkten und articulen
wollen wir, burgermeistere und radt obgenannt, von
unsern predigern steif und fest gehalten haben. Und
diejennige, welche sich denselbigen conformiren wer-
den, sollen dieselben zu halten angeloben und mit
eigenen handen unterschreiben.

40] Solte aber einer oder ander von unsern pre-
digern, sulche articulen sambt und sonders anzu-
nemen, zu halten und zu subscribiren, sich beschwe-
ren, daruber soll er sich gutt rund erkleren und uf
solchen fall seines dienstes mit guten willen hiemit
erlaßen sein.

41] Würt auch einer oder ander von unsern pre-
digern, diese vorgehende articulen anzunemen und
zu halten angeloben, hernacher gleichwoll dieselben
in vergeß stellen und dawieder handlen, der soll da-
durch sich seines dienstes alßpalt selbst entsetzt
haben, darnach ein jeder sich zu achten wiße.

Und 19 in urkund dieses allen, auch festhaltung
obgeschriebener articulen und punkten, haben wir,
burgermeistere und radt obvielgenannt, unser stadt
secret oder ad causas eingesiegel hienieden aufs spa-
cium wißentlich getruckt, wie dan auch der bestäl-
ter superintendens neben den andern, beider kir-
chen, D. Mariae et S. Catharinae, predigern, welche
dieselben articulen zu halten promittirt, sich mit
eigenen handen untergeschrieben. Geschehen im
jahre nach der geburt Christi tausentsechßhundert-
undzehen, denn sechßzehenden Novembris.

[Siegel]

Ego M. Wolffgangus Helvicus, ecclesiarum evan-

allein. Caeteroqui publica scandala, cuiuscunque

ordinis, publice esse reprebendenda, Paulus monet

et praecipit 1. Timoth. 5, versu 20.

durchlaufend bis zum Schluß.

18 Zur Fortsetzung s. oben S. 291ff.

19 Vgl. den entsprechenden Schlußabsatz der Ordnung

von 1596 oben S. 294f.

298
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften