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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0333
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5. Armenordnung der Stadt Osnabrück 1573(?) / 1587 1.

Tom derden, so sollen dannoich de also togelatene
armen sich (by den begreffnissen 9 oder armenkisten Anno 87
offt 10 büdel 11, andern de almosen vörtogripen, gar)
nicht (,noch oick) den ganzen dach avendz spade und
morgens fro to bedelende up den straten (,besondern
in scholen und kercken alle dage, wann geprediget
werdet,) finden laten (und jegen offt under der tidt
nicht umbher - noch tor porten uttogaen, dann)
alleine up de fest- und Sondage van teinen biß to
einer uhr und de andern werkeldage (im sommer na)
achten (und den winter na negen) uren wente to twel-
ven vor der burgere husern und den namitdach van
eyner wente to veer uren up der Frigheit 12 umb-
gahen und de almosen samblen, idoch den armen
schölern besonderlich den avend biß to seven uhren
mit christlichem gesange de almosen to verwerven
nagegeven. Und welche armen darenboven nicht to
(schole und) kercken gahen und predigen hören oder
sunst oick vorbadener tidt bedelende upr strate be-
funden werden, erer teken eyne tydtlang na gelegen-
heit verlustig synn (und vom bedeln affgewiset wer-
den).

Tom veerden 13 sollen de rechten huißarmen,
lamen, kranken etc., de sich to bedeln schämen oder
sunst darumb nicht utgaen können, in jederer les-
schup 14 van husen to husen by namen durch unsere
van allen stenden verordneten upgetekenet und also

Nachdem oft und mennigmal daröver geklaget
und sich im werke befunden, dat dejennigen, so idt
nottruftiglichen nicht bederven 2, by husen gahen
und de almosen samblen, oick de frembdern bedeler
sich fast dicke 3 herzudrengen, dardurch dan alhir
den rechten, noittruftigen armen dat broit vören-
tagen und de burger und inwönnere fast beschweret
werden, so hebben wy, burgermeistere und rait der
stadt Osenbrugk, deßfals tosampt unseren freunden,
mit to rade gehörig 4, in behoif des gemeinen besten
vor nutte und guit angesehen, eindrechtiglich be-
slotten und willen:

Erstlich, dat nene armen, binnen unser stadt won-
haftig, umblanges 5 de huisere gaen und almosen
samblen sollen, se synn dan van unsern vorordneten
[mit namen und wo olt sie syn, upgeschreven,] darto
togelaten und der behoif mit teken 6 vorsorget [und
diesulven up dem bösem 7 geneyet 8 hebben],

Tom andern, darmit nu, de also togelaten werden,
woll ertagen und nicht tom ergesten geraden, sollen
de armen kindere, welche aver seß jair olt syn, to
schole gahen und sich de metkens von twölf jaren,
de jungen averst van veertein jaren, wo se dann
nicht by der schole to bliven duchtich weren, van
der straten to deinste und arbeide begeven und et-
wan tom handwerke verholpen und darna to bede-
lende widers nicht vorstadet werden.

1 Druckvorlage: Staats-A. Osn. Dep. 3bVIIIFach
18/19 Nr. 10, Bl. 16-18 v, zeitgenössische Abschrift.
Verglichen ist ein Konzept: ebd. Dep. 3b IV Fach
93 Nr. 2. Die darin fehlenden Worte bei uns in ecki-
gen, die dort nachgetragenen Worte in runden Klam-
mern, Hinweise auf das Jahr 1587 bei uns am Rand
(vgl. Einleitung, oben S. 246). Die Überschrift
ist von uns hinzugefügt.

2 = bedürfen, nötig haben; vgl. Schiller und Lüb-
ben I, 173; Lasch und Borchling I, 164.

3 Fast dicke = sehr oft; vgl. Schiller und Lübben
V, 209; Lasch und Borchling I, 664.

4 Vgl. oben S. 290 mit Anm. 1.

5 = rings umher, in der Umgegend; vgl. Schiller
und Lübben V, 7.

6 = Zeichen; vgl. Schiller und Lübben IV, 519. —
Zu den Armenzeichen vgl. oben S. 22 mit Anm. 31.

7 = Busen, das die Brust bedeckende Gewand; vgl.
Schiller und Lübben I, 459; Lasch und
Borchling I, 331.

8 = genäht; vgl. Schiller und Lübben III, 170.

9 Vgl. dazu KO von 1543, oben S. 257.

10 = oder; vgl. oben S. 227 mit Anm. 2.

11 Vgl. dazu KO von 1543, oben S. 26 1f.

12 Freiheit = kirchlicher Bereich der Immunität, die
im Zentrum der Altstadt gelegene Domsfreiheit und
die Johannisfreiheit in der Neustadt; vgl. Einlei-
tung, oben S. 233 mit Anm. 2. „Domsfreiheit“ und
„Johannisfreiheit“ sind auch Straßennamen in
Osnabrück.

13 Hier folgte in der Druckvorlage noch „synn und“,
ist aber gestrichen; im Konzept ist es nachgetra-
gen.

14 Die Leischaften, in die sich die Stadt Osnabrück
gliederte, waren: 1. die Binnenburg, die Burg oder
die Marktleischaft, 2. die Haseleischaft, 3. die Buten-
burg, 4. die Johannisleischaft — diese vier bildeten
zusammen die Altstadt 5. die Neustadt; vgl.
H. Rothert in: MO 57 (1937), 69f. und Stadtplan.
- Die ursprüngliche Bedeutung und die Entstehung
des Wortes „Leischaft“ sind umstritten; vgl. dazu
auch Schiller und Lübben II, 659.

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