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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0349
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Hilfe an den Bremer Magistrat, der die Prediger Johann Timann 38 und Johann Pelt 39 entsandte4 0.
Diese begannen mit Predigten in Emden, Aurich und Norden, stießen aber schon bald auf heftigen
Widerstand 41. Schließlich, nach dem Marburger Religionsgespräch 42, stellten sie unter Benutzung der
Marburger Thesen wie unter Berücksichtigung der Landesverhältnisse, jedoch auch unter Heran-
ziehung der Bugenhagenschen KOO für die Städte Braunschweig 43 und Hamburg 44 eine KO auf 45. Die
KO zeigt daher auch Ähnlichkeit mit anderen von Bugenhagen abhängigen KOO, so mit der gleichfalls
von Johann Timann verfaßten Bremer KO von 1534 46, die im ganzen freilich viel ausführlicher angelegt
ist. Für die Feier des Abendmahls sollte die Ordnung des Kurfürstentums Sachsen, wohl Luthers
Deutsche Messe von 1526 47, maßgeblich sein. Ein Druck dieser Ordnung und ihre Verbreitung im Land
wurden in Aussicht gestellt.

Die KO war also trotz aller Versuche, zwischen den Gruppen zu vermitteln, doch lutherisch.

Der Graf approbierte die KO am 13. Dezember 1529. Am 13. Januar 1530 ließ er alle Prediger
nach Emden kommen 48, hielt ihnen die Ordnung vor und verlangte ihr Urteil darüber. Da man mit
den Verhandlungen zunächst nicht weiterkam, antworteten etliche Prediger am folgenden Tag mit einer
Bittschrift, in der sie sich wegen ihrer Lehre rechtfertigten, sich auf das Bekenntnis von 1528 beriefen
und den Grafen baten, sie ihrer Abendmahlslehre wegen nicht weiter zu beschweren, bezüglich der äußeren
Zeremonien aber ihren Gehorsam versicherten 49. Ob der Graf darauf noch weiter in die Prediger ge-
drungen ist, läßt sich nicht sagen; ausdrücklich verbot er anscheinend den Konkubinat und die katho-
lische Messe 50. Daß er zunächst an der KO festhielt, ist sicher.

Mehrere Prediger, die sich der KO widersetzten, wurden ihres Amtes enthoben 51. Am 19. Januar

38 Johann Timann aus Amsterdam fand 1525 Anstellung an St. Martini in Bremen. Näheres vgl. Sehling VII, 2,
„Stadt Bremen“. Vgl. auch Sehling VI, 2, 1122; E. Kochs III, 38.

39 Johann Pelt, früher Guardian des Amsterdamer Minoritenklosters, in Bremen Prediger an St. Ansgar; vgl.
E. Kochs III, 38 mit Anm. 4.

40 Vgl. E. Beninga, Chronyk, 654f.; U. Emmius, Historia, 848; C.A. Cornelius, 26 mit Anm. 5 (zur Datie-
rung der Ankunft der Bremer); E. Kochs III, 37.

41 Vgl. Gegenbericht, A VI (H. Garrelts, 103); auch H. Hamelmann, 827f., und Antwort, 4, wo Melchior Binck
als Urheber des Aufruhrs hingestellt wird; dazu E.Kochs III, 39ff.

42 Vgl. dazu die Fußnoten zur KO von 1529.

43 Braunschweiger KO von 1528: Sehling VI, 1, 348ff.

44 Hamburger KO von 1529: Sehling V, 488ff.

45 Vgl. E. Beninga, Chronyk, 654ff.; U. Emmius, Historia, 848f.;E.Meiners I, 84f. — Zur Wertung der KO
im Hinblick auf die konfessionellen Verhältnisse in Ostfriesland vgl. J.Weerda, Experiment, 168ff.

46 Sehling VII, 2.

47 Vgl. dazu Anm. 43 zur KO von 1529, unten S. 364.

48 Ber Graf soll von verschiedenen Seiten zur Durchführung der KO gedrängt worden sein, so durch Kurfürst Johann,
durch Luther wie durch Bugenhagen; vgl. Zwingli, Ep. 992 (CR 97, 498f.); U. Emmius, Historia, 851;
dazu C.A. Cornelius, 33; E. Kochs III, 53.

49 Vgl. E. Beninga, Chronyk, 656f.; U.Emmius, Historia, 850ff.; E.Meiners I, 86ff. Die Supplikations-
schrift der Prediger befand sich in Form eines alten Druckes (vgl. dazu unten S. 339, Anm. 34) in dem schon
mehrfach erwähnten Sammelband der „Kunst“ in Emden; vgl. Catalog, 15. Sie ist abgedruckt in den Anmerkungen
zu Beninga, aaO., 665-670; in niederländischer Sprache bei Meiners I, 94-98. Vgl. dazu E.Kochs III,
54ff.; J.Weerda, Experiment, 171f.

50 Vgl.E. Beninga, Chronyk, 657ff.; dazu die KO, unten S. 369. 371.

51 Graf Enno berichtet über die Vorgänge an den Landgrafen von Hessen in einem Brief vom 25. März 1530 (nach
C.A. Cornelius, 58f.): Nun habe ich vorleipte predicanten von sollichen ihren missbrauche und unvorstande
wollen abzihen, zu vil malen, heimlich und uffenbar, underrichtet, ermanet und begert, von solichem tun mussig
zu gan. Sie sein mir ungehorsam wurden, der meinen etliche und zur grossen anzal an sich geladen, geheuft und fast
zum aufrur die ganze menge des folgs bracht, derwegen ich nochmals mit ihnen gedult tragen und ein ordinants,
wie E. F. G. inverleipt genediglich befinden werden, habe aufgericht. Dieselbe haben sie vorachtet, vorworfen und
nicht halten wollen, vil weniger die gemeine von ihrem forichten gepredigten valschen oppinion abweisen. Dieweil
ich dan ogenscheinlich erfunden, das die sache ummer erger worden iss, bin ich genottrenget (solt net dieser ganze
ort in ergerniss und irtum gefallen sein), soliche prediger, sunderlich weliche nicht haben wollen abstan, der doch

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