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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0357
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Bertram 21 bemerkt, war a Lasco, aufs ganze gesehen, weder lutherisch, noch völlig zwinglisch noch völ-
lig calvinisch 22.

Zur Vereinheitlichung der Lehre 23 verfaßte a Lasco 1544 eine Lehrschrift, die „Moderatio doctri-
nae“ 24, die die katholische, zwinglische und z. T. auch die lutherische Abendmahlslehre zurückwies, die
Art der Gegenwart Christi im Abendmahl offen ließ 25, und forderte von den Predigern ihre Annahme 26.
Auf diese Weise hoffte er ein friedliches Neben- und Miteinander der Lehrmeinungen zu erreichen. 1546
ließ a Lasco in Gemeinschaft mit anderen Emder Predigern handschriftlich einen Katechismus heraus-
gehen und im Coetus verbreiten 27, der eine calvinnahe Abendmahlslehre enthielt 28. Er sollte die bis da-
hin teilweise noch gebräuchlichen Katechismen Luthers und Brenz’ 29 ersetzen und als Grundlage fort-
laufender Katechismuspredigten an den Sonntagnachmittagen dienen 29a. Vermutlich ließ a Lasco im
Anschluß an die Abfassung dieses Katechismus’ einschneidende Veränderungen des Gottesdienstes in
seiner Emder Gemeinde vornehmen. Darauf wird noch näher einzugehen sein.

A Lascos Maßnahmen blieben nicht ohne Widerspruch. Konnte er schon die Entfernung der Bilder
und die Aufhebung des katholischen Gottesdienstes der Mönche in Emden nicht durchsetzen, so stieß
er erst recht auf harten Widerstand bei dem Bestreben, seine Kirchenzuchtideen zu verwirklichen. Der
Widerstand ging von der Emder Gemeinde aus und fand die Unterstützung des Magistrats 30. Auch ge-
lang es a Lasco nicht, die Geistlichen wirklich zur Einheit in der Lehre zu führen; die Lutheraner
opponierten 31. Zu Beginn des Jahres 1546 stellte er deshalb sein Superintendentenamt zur Verfügung 32,
ließ sich aber noch im Sommer desselben Jahres bewegen, es wieder aufzunehmen, da er von der Gräfin
die Zusicherung erhielt, daß die Pastoren, die sich der Lehrvereinigung nicht fügen wollten, ihres Amtes
entsetzt werden sollten 33. Ob dann tatsächlich Amtsentsetzungen erfolgt sind, erscheint fraglich.

Die Geistlichen blieben im Coetus vereint; aber die Lehreinheit wurde nicht erreicht.Der Emder
Katechismus von 1546 wie schon die Moderatio doctrinae fanden keine allgemeine Anerkennung. In
den letzten Amtsjahren a Lascos zeichnete sich das Schisma bereits deutlich ab.

Das einzige zur Zeit der Superintendentur a Lascos zustandegekommene, auch die Kirchenverhält-

21 J.F. Bertram, Reformations- und Kirchen-Geschichte, 91.

22 Vgl.J.Weerda I, 29. 31. 37ff. II, bes. 194.

23 Wie sehr a Lasco an einer einheitlichen Lehre gelegen war, geht z. B. aus dem Brief an Pellikan vom 31. August
1544 (A. Kuyper II, 584) hervor.

24 Eine frühere Lehrschrift a Lascos „Epitome doctrinae ecclesiarum Phrisiae Orientalis“ von 1544 (A. Kuyper

I, 481-557) war wegen Widerspruches ungedruckt und unbekannt geblieben. Die „Moderatio doctrinae“ ist in
ihrer eigentlichen Fassung nicht erhalten; vgl. jedoch „Epistola Ioannis a Lasco ante quinquennium ad amicum
quendam scripta, continens in se summam controversiae coenae Domini breviter explicatam“ (April 1545; Kuy-
per I, 465-479, und H. Dalton, Lasciana, 43-60; auch J.M. Reu I, 3, 1, 2, 700*f.; dazu K. Hein, 63ff.;

J. Weerda I, 32. 35. 37ff.; Experiment, 180f.).

25 Vgl.A. Kuyper I, 470; H. Dalton, Lasciana, 47f.; dazu J.Weerda I, 82; Experiment, 181.

26 Vgl. J. Weerda, Experiment, 180f.

27 Vgl. Bericht, 173f.; E.Meiners I, 331ff.; J.M. Reu I, 3, 1, 2, 709*ff.; J.Weerda I, bes. 92ff.

28 Der Katechismus scheint in seiner ursprünglichen Form nicht erhalten zu sein. Bekannt ist die für die Londoner
Fremdengemeinde hergestellte niederländische Übersetzung des Johannes (Jan) Utenhove von 1551, abgedruckt bei
A. Kuyper II, 341ff. Eine irrtümlich Martin Micron zugeschriebene hochdeutsche Ausgabe erschien 1563, ab-
gedruckt bei J. M. Reu I, 3, 2, 3, 1103ff. Wie J. Weerda I, Beilage, zeigt, fußt diese jedoch auf der erweiterten
niederländischen Ausgabe von 1553.

29 Vgl. Gegenbericht, BVI (H. Garrelts, 114); dazu Bericht, 174; E. Meiners I, 330f.; unten S. 390, Anm. 86.
29aVgl.A. Kuyper II, 496. 497; H. Dalton, a Lasco, 260f.

30 Vgl. a Lascos Brief an Hermann Lenthius vom 6. September 1545 (A. Kuyper II, 596f.); Brief an Bullinger
und Pellikan vom 23.März 1546 (Kuyper II, 602); dazu H. Dalton, a Lasco, 268f.; Kruske, 64. 65.

31 Vgl. E. Meiners I, 288; H. Dalton, a Lasco, 265ff.; Kruske, 64.

32Vgl. a Lascos Brief an Bullinger und Pellikan vom 23.März 1546 (A. Kuyper II, 602); Brief an Harden-
berg vom 16. Mai 1546 (Kuyper II, 606); auch E. Meiners I, 288; H. Dalton, a Lasco, 269f.; Kruske, 66.
33 Vgl.a Lascos Brief an Hardenberg vom 15.Juni 1546 (A. Kuyper II, 607f.); auch E. Meiners I, 289;
H. Dalton, a Lasco, 270; Kruske, 66; J.Weerda, Experiment, 181.

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