Ärgernis mußte es auf reformierter Seite auch erregen, daß Ligarius als Hofprediger eine einem
Superintendenten nahekommende Stellung einnahm, Visitationen abhielt und dabei versuchte, das luthe-
rische Bekenntnis auszubreiten, auch Sorge trug, daß freiwerdende Pfarrstellen von Graf Edzard nur
mit zuverlässig lutherischen Geistlichen besetzt wurden 77. Andererseits diente es nicht der Beruhigung
der Verhältnisse, daß Graf Johann versuchte, Anordnungen Edzards durch gegenteilige Anordnungen
zunichtezumachen 78.
1583 hob Edzard anläßlich eines zwar schon länger zurückliegenden, jedoch offenbar noch nach-
wirkenden, unter Führung Altings im Coetus mit großer Härte durchgeführten Verfahrens gegen einen
schuldig gewordenen Pfarrer 79 den Coetus nach anfänglicher Suspendierung gänzlich auf 80. Wenn er
jedoch glaubte, mit dem Emder Coetus, in dem Menso Alting den Vorsitz führte 81, den Calvinismus in
der Grafschaft an der Wurzel getroffen zu haben, so hatte er sich getäuscht. Kurze Zeit darauf richtete
Graf Johann in seinem Gebiet zwei neue Coetus ein, einen im Leerortmer und einen im Greetmer Amt 82.
In der für den Coetus in Leer 1583 aufgestellten Ordnung 83 wurde die Emder Kirche mit den ihr
gleichgesinnten Landgemeinden ausdrücklich in die Reihe der reformierten Kirchen einbezogen, der
Heidelberger Katechismus dem Emder Katechismus gleichgeordnet.
1585 wurde anstelle von Ligarius der Sohn des Tilemann Heßhusius, Gottfried Heßhusius 84, Hof-
prediger und blieb es bis 1590. Er ließ zehn „Inquisitionsartikel“ seines Vaters 85 ostfriesischen Geist-
lichen, die in der Lehre verdächtig schienen, zur Beantwortung vorlegen und entschied danach, ob sie
im Amt bleiben konnten 86. In Emden richtete er 1586 eine lutherische Gemeinde ein, die in der Neuen
einigheit“ schriftlich niederzulegen. Nach Eingang der beiderseitigen Schriften setzte der Graf eine neue Zu-
sammenkunft für den 25. Januar zu Aurich an; aber die Reformierten entschuldigten sich, weil ihnen die Form
der vorgesehenen Zusammenkunft nicht angemessen und die von Ligarius vorgelegte Bekenntnisschrift unzuläng-
lich erschien, im ganzen wohl, weil sie keine entgegenkommende Behandlung ihrer Anliegen erwarten konnten. Vgl.
Responsum Comitis vom 23. Januar 1580, FVIff. (Garrelts, 166ff.); E. Meiners II, 88ff. 158ff.; Garrelts,
Ligarius, 96ff.; H. Ernst, 2f.
77 Vgl.H. Garrelts, Ligarius, 114f. 86ff.
78 Vgl. darüber den Bericht des Ligarius „Attentata in religionssachen“; Staats-A. Aurich, Rep. 135 Nr. 30, ab-
gedruckt bei E. R. Brenneysen Tom. I, Lib.VII, 387ff.
79 Über die Vorgänge im einzelnen vgl. Antwort auf die Missive, E Vlff. (H. Garrelts, 151ff.); Bericht, 348ff.;
E. Meiners II, 151ff.
80 Vgl. Missive, 107. 109f.; Bericht, 312ff. 360; E.Meiners II, 180ff. 200; H. Garrelts, Ligarius, 121ff.;
H. Klugkist Hesse, 144ff.; J.König, 116.
81 Nach der Antwort der Lutheraner auf die Missive, E VIII (H. Garrelts, 154), war es mit dem Coetus zuletzt
sehr schlecht bestellt. Nach dem Verfahren gegen den Pastor von Jemgum soll der Coetus machtlos und unter sich
uneins geworden sein. „Dann ob sie noch wol ein zeitlang versamlung gehalten, so sind dennoch die gemüter viel
des Menzons härtigkeit überdrüssig geblieben... (Menzo mit seinen adhaerenten hielt noch all nach seiner weise
caetum)“. Von den Reformierten wurde diese Darstellung als unrichtig zurückgewiesen; vgl. Bericht, 347f.
82 Vgl. E. Meiners II, 213ff.; H. Garrelts, Ligarius, 124f.; J.König, 116.
83 Vgl. unten S. 341 f.
84 Magister Gottfried Heßhusius, geboren in Goslar, Hofprediger zu Aurich 1585-1590, später Pastor in Minden;
vgl.P.F. Reershemius, 37ff.; Ph. Meyer, Pastoren I, 38.
85 Tilemann Heßhusius, 1527-1588, nach mancherlei Wechsel in der Bekleidung von wissenschaftlichen und kirch-
lichen Ämtern an den verschiedensten Orten schließlich Professor der Theologie in Helmstedt, orthodox lutherisch
und äußerst streitbar, verfaßte als Professor in Jena 1570 im Anschluß an eine Kirchenvisitation auch ein „Ex-
amen theologicum“ von bedeutenderem Umfang, das wiederholt aufgelegt wurde; vgl. Hackenschmidt, RE 3 8,
8ff.; R. Dollinger, RGG 3 III, 298 (weitere Literatur s. dort). — Die zehn Inquisitionsartikel, die nur mit „Ja“
oder „Nein“ beantwortet werden sollten, ließ Christoph Pezel 1588 mit je einer Entgegnung durch den Druck
veröffentlichen. Einige Mitteilungen aus den Artikeln vgl. bei E. Meiners II, 248; vollständig abgedruckt sind
die Artikel bei G. Dedekennus, Thesaurus consiliorum... I. 1671, 817f.
86 Vgl. Bittschrift der Emder Bürger vom 30. April 1589 bei E. Meiners II, 279; Bittschrift Altings an den jungen
Enno vom 11. Dezember 1592 im Staats-A. Aurich: Msc. A 92, abgedruckt bei E. R. Brenneysen Tom.I,
Lib.VII, 410; Meiners II, 296; vgl. auch Bericht, 412ff.;Meiners II, 245ff.; H. Garrelts, Ligarius, 148ff.;
H. Klugkist Hesse, 159ff.
334
Superintendenten nahekommende Stellung einnahm, Visitationen abhielt und dabei versuchte, das luthe-
rische Bekenntnis auszubreiten, auch Sorge trug, daß freiwerdende Pfarrstellen von Graf Edzard nur
mit zuverlässig lutherischen Geistlichen besetzt wurden 77. Andererseits diente es nicht der Beruhigung
der Verhältnisse, daß Graf Johann versuchte, Anordnungen Edzards durch gegenteilige Anordnungen
zunichtezumachen 78.
1583 hob Edzard anläßlich eines zwar schon länger zurückliegenden, jedoch offenbar noch nach-
wirkenden, unter Führung Altings im Coetus mit großer Härte durchgeführten Verfahrens gegen einen
schuldig gewordenen Pfarrer 79 den Coetus nach anfänglicher Suspendierung gänzlich auf 80. Wenn er
jedoch glaubte, mit dem Emder Coetus, in dem Menso Alting den Vorsitz führte 81, den Calvinismus in
der Grafschaft an der Wurzel getroffen zu haben, so hatte er sich getäuscht. Kurze Zeit darauf richtete
Graf Johann in seinem Gebiet zwei neue Coetus ein, einen im Leerortmer und einen im Greetmer Amt 82.
In der für den Coetus in Leer 1583 aufgestellten Ordnung 83 wurde die Emder Kirche mit den ihr
gleichgesinnten Landgemeinden ausdrücklich in die Reihe der reformierten Kirchen einbezogen, der
Heidelberger Katechismus dem Emder Katechismus gleichgeordnet.
1585 wurde anstelle von Ligarius der Sohn des Tilemann Heßhusius, Gottfried Heßhusius 84, Hof-
prediger und blieb es bis 1590. Er ließ zehn „Inquisitionsartikel“ seines Vaters 85 ostfriesischen Geist-
lichen, die in der Lehre verdächtig schienen, zur Beantwortung vorlegen und entschied danach, ob sie
im Amt bleiben konnten 86. In Emden richtete er 1586 eine lutherische Gemeinde ein, die in der Neuen
einigheit“ schriftlich niederzulegen. Nach Eingang der beiderseitigen Schriften setzte der Graf eine neue Zu-
sammenkunft für den 25. Januar zu Aurich an; aber die Reformierten entschuldigten sich, weil ihnen die Form
der vorgesehenen Zusammenkunft nicht angemessen und die von Ligarius vorgelegte Bekenntnisschrift unzuläng-
lich erschien, im ganzen wohl, weil sie keine entgegenkommende Behandlung ihrer Anliegen erwarten konnten. Vgl.
Responsum Comitis vom 23. Januar 1580, FVIff. (Garrelts, 166ff.); E. Meiners II, 88ff. 158ff.; Garrelts,
Ligarius, 96ff.; H. Ernst, 2f.
77 Vgl.H. Garrelts, Ligarius, 114f. 86ff.
78 Vgl. darüber den Bericht des Ligarius „Attentata in religionssachen“; Staats-A. Aurich, Rep. 135 Nr. 30, ab-
gedruckt bei E. R. Brenneysen Tom. I, Lib.VII, 387ff.
79 Über die Vorgänge im einzelnen vgl. Antwort auf die Missive, E Vlff. (H. Garrelts, 151ff.); Bericht, 348ff.;
E. Meiners II, 151ff.
80 Vgl. Missive, 107. 109f.; Bericht, 312ff. 360; E.Meiners II, 180ff. 200; H. Garrelts, Ligarius, 121ff.;
H. Klugkist Hesse, 144ff.; J.König, 116.
81 Nach der Antwort der Lutheraner auf die Missive, E VIII (H. Garrelts, 154), war es mit dem Coetus zuletzt
sehr schlecht bestellt. Nach dem Verfahren gegen den Pastor von Jemgum soll der Coetus machtlos und unter sich
uneins geworden sein. „Dann ob sie noch wol ein zeitlang versamlung gehalten, so sind dennoch die gemüter viel
des Menzons härtigkeit überdrüssig geblieben... (Menzo mit seinen adhaerenten hielt noch all nach seiner weise
caetum)“. Von den Reformierten wurde diese Darstellung als unrichtig zurückgewiesen; vgl. Bericht, 347f.
82 Vgl. E. Meiners II, 213ff.; H. Garrelts, Ligarius, 124f.; J.König, 116.
83 Vgl. unten S. 341 f.
84 Magister Gottfried Heßhusius, geboren in Goslar, Hofprediger zu Aurich 1585-1590, später Pastor in Minden;
vgl.P.F. Reershemius, 37ff.; Ph. Meyer, Pastoren I, 38.
85 Tilemann Heßhusius, 1527-1588, nach mancherlei Wechsel in der Bekleidung von wissenschaftlichen und kirch-
lichen Ämtern an den verschiedensten Orten schließlich Professor der Theologie in Helmstedt, orthodox lutherisch
und äußerst streitbar, verfaßte als Professor in Jena 1570 im Anschluß an eine Kirchenvisitation auch ein „Ex-
amen theologicum“ von bedeutenderem Umfang, das wiederholt aufgelegt wurde; vgl. Hackenschmidt, RE 3 8,
8ff.; R. Dollinger, RGG 3 III, 298 (weitere Literatur s. dort). — Die zehn Inquisitionsartikel, die nur mit „Ja“
oder „Nein“ beantwortet werden sollten, ließ Christoph Pezel 1588 mit je einer Entgegnung durch den Druck
veröffentlichen. Einige Mitteilungen aus den Artikeln vgl. bei E. Meiners II, 248; vollständig abgedruckt sind
die Artikel bei G. Dedekennus, Thesaurus consiliorum... I. 1671, 817f.
86 Vgl. Bittschrift der Emder Bürger vom 30. April 1589 bei E. Meiners II, 279; Bittschrift Altings an den jungen
Enno vom 11. Dezember 1592 im Staats-A. Aurich: Msc. A 92, abgedruckt bei E. R. Brenneysen Tom.I,
Lib.VII, 410; Meiners II, 296; vgl. auch Bericht, 412ff.;Meiners II, 245ff.; H. Garrelts, Ligarius, 148ff.;
H. Klugkist Hesse, 159ff.
334