und reformierter Gottesdienst gehalten war, 1559/60 wieder lutherischer Gottesdienst eingeführt wurde 94,
begann ein Teil der Gemeinde, nach Lütetsburg zu gehen, um dort mit Erlaubnis Unico Manningas
am reformierten Gottesdienst teilzunehmen 95. Zeitweise wurde der Gegensatz in Norden wieder not-
dürftig überbrückt; als aber Ligarius als Hofprediger bei seinen Visitationen wieder auf rein luthe-
rische Lehre und Formen drang, sonderten sich die Reformierten wieder stärker ab und wandten sich
nach Lütetsburg96. Schließlich kam es zum offenen Schisma. Auf Bitten der Reformierten ließ Graf
Johann ihnen 1579 das sog. Gasthaus in Norden für ihren Gottesdienst einräumen und sandte ihnen
einen Prediger 97;die Gemeinde wählte sich Älteste und Diakonen 98. Aber Graf Edzard wollte keine refor-
mierte Gemeinde in Norden dulden und wirkte den Anordnungen Johanns entschieden entgegen99. Nach
dem eigentlich ergebnislos verlaufenen Gespräch zu Berum 1 ließ er den reformierten Prediger aus dem
Gasthaus vertreiben 2. Wiederholte Eingaben der Reformierten an Graf Edzard und später an seinen
Sohn Enno um das Recht freier Religionsausübung hatten nicht den gewünschten Erfolg 3. So waren
die Norder Reformierten weiterhin auf Lütetsburg angewiesen4.
Für die auf diese Art vergrößerte Lütetsburger Burggemeinde - die Einwohner der Herrlichkeit
waren z. T. lutherisch und gingen nach Norden und Hage zum Gottesdienst 5 - ließ Wilhelm zu Inn-
und Knyphausen als Patron seiner Kirche, als Lütetsburger Obrigkeit und Erbe des ius episcopale 1606
durch seinen Burgkaplan Tido Henrici 6 eine KO aufstellen, wobei die Emder KO von 1594, die stellen-
94 Vgl. unten S. 352.
95 Vgl. Schreibend der Pastoren auffm Lande, FV (H. Garrelts, 163); M. Rückert, 31; E. Graf Knyphausen-
Lützburg, 7. 26; Garrelts, Ligarius, 34.
96 Vgl. Edzards Edikt vom 22. Februar 1579 in Abgenöthigte Antwort, 174f.; Bericht, 277; H. Garrelts, Ligarius,
94.
97 Vgl. Abgenöthigte Antwort, 89ff.; Supplikation der Norder Lutheraner an Graf Edzard vom 8. November 1579 bei
E. R. Brenneysen Tom. I, Lib. VII, 391f.; Schreiben des Grafen Johann vom 13. November 1579 an den Kirch-
vogt Johann Kühorn, Kopie im Lütetsburger Kirchenbuch, Bl. 163, Lütetsburger Haus-A., Abt. IIa Nr. 48, Deposi-
tumim Staats-A. Aurich, Druck des Schreibens bei M. Rückert, 36ff.,und bei E. Graf Knyphausen-Lütz-
burg, 26f. Vgl.auch H. Garrelts, Ligarius, 95.
98 Die Listen der Ältesten und Diakonen im genannten Lütetsburger Kirchenbuch (vgl. auch M. Rückert, 148 ff .) be-
ginnen mit dem Jahr 1580. Doch haben offenbar auch schon früher Wahlen stattgefunden; vgl. Edzards Edikt vom
22. Februar 1579, Abgenöthigte Antwort, 175; H. Garrelts, Ligarius, 94.
99 Vgl. die entsprechenden Mandate Edzards, abgedruckt in Abgenöthigte Antwort, 177ff.; H. Garrelts, Ligarius,
95.
1Vgl.oben S. 333f. mit Anm. 76. 2 Vgl. Abgenöthigte Antwort, 90; H. Garrelts, Ligarius, 101.
3 Abschriften der Supplikationen vom 26. Februar 1583, vom 19. Juni 1591, vom 29. Oktober 1591, von 1600, von
1610 usw. im Lütetsburger Kirchenbuch, Bl. 165ff. Vgl. dazu M. Rückert, 39ff.; E. Graf Knyphausen-Lütz-
burg, 28ff.; auch P. Fleisch, Studien zur Geschichte des Verhältnisses von Reformierten und Lutheranern in ost-
friesischen Gemeinden, in Zeitschrift f. ev. Kirchenrecht 4, 3 (1955), 313. 1612 gestattete Graf Enno freilich die Aus-
übung der reformierten Religion in Norden in einem Haus und bestätigte den Lütetsburger Hauskaplan als Prediger
der Norder Gemeinde; aber die Reformierten konnten ihr Recht wegen des Widerstandes der Lutheraner nicht aus-
nutzen. Vgl. Schreiben von Bürgermeister und Rat zu Emden an Bürgermeister und Rat zu Norden vom 6. Mai
1612 bei E. R. Brenneysen Tom. I, Lib. VII, 394f.
4 Am 14. 3. 1582 wandten sich die Norder Reformierten mit der Bitte an Graf Edzard, ihnen einen freien Paß nach
Lütetsburg zu gewähren, um dort die Predigt anzuhören, da Doktoren und Bürgermeister zu Norden ihnen den
Besuch der Predigt verboten hätten; vgl. Lütetsburger Kirchenbuch, Bl. 164f. — Über die Gestaltung der kirchen-
rechtlichen Verhältnisse auf Lütetsburg vgl. E. Graf Knyphausen-Lützburg, 35f.
5 Die Bewohner der Herrlichkeit Lütetsburg sollen ursprünglich nach Westeel eingepfarrt gewesen sein. Die gleich-
namige Herrlichkeit gehörte ebenfalls den Manninga, und die Westeeler Kirche unterstand ihrem Patronat. Herr-
lichkeit, Burg und Dorf Westeel wurden 1373 von den Fluten fortgerissen. Vgl. E. Graf Knyphausen-Lütz-
burg, 2. 9ff.; U. v. Alvensleben, 80.
6 Tido Henrici, geboren in Knyphausen, wirkte bis 1624 in Lütetsburg und war dann Pastor in Appingadam,
† 1626; vgl. M. Rückert, 145; P. E. Reershemius, 747f.; Ph. Meyer, Pastoren II, 112. Als Beginn der
Tätigkeit Henricis auf Lütetsburg ist dort das Jahr 1607 angegeben; vgl. jedoch die Vorrede zur KO, unten S. 537.
350
begann ein Teil der Gemeinde, nach Lütetsburg zu gehen, um dort mit Erlaubnis Unico Manningas
am reformierten Gottesdienst teilzunehmen 95. Zeitweise wurde der Gegensatz in Norden wieder not-
dürftig überbrückt; als aber Ligarius als Hofprediger bei seinen Visitationen wieder auf rein luthe-
rische Lehre und Formen drang, sonderten sich die Reformierten wieder stärker ab und wandten sich
nach Lütetsburg96. Schließlich kam es zum offenen Schisma. Auf Bitten der Reformierten ließ Graf
Johann ihnen 1579 das sog. Gasthaus in Norden für ihren Gottesdienst einräumen und sandte ihnen
einen Prediger 97;die Gemeinde wählte sich Älteste und Diakonen 98. Aber Graf Edzard wollte keine refor-
mierte Gemeinde in Norden dulden und wirkte den Anordnungen Johanns entschieden entgegen99. Nach
dem eigentlich ergebnislos verlaufenen Gespräch zu Berum 1 ließ er den reformierten Prediger aus dem
Gasthaus vertreiben 2. Wiederholte Eingaben der Reformierten an Graf Edzard und später an seinen
Sohn Enno um das Recht freier Religionsausübung hatten nicht den gewünschten Erfolg 3. So waren
die Norder Reformierten weiterhin auf Lütetsburg angewiesen4.
Für die auf diese Art vergrößerte Lütetsburger Burggemeinde - die Einwohner der Herrlichkeit
waren z. T. lutherisch und gingen nach Norden und Hage zum Gottesdienst 5 - ließ Wilhelm zu Inn-
und Knyphausen als Patron seiner Kirche, als Lütetsburger Obrigkeit und Erbe des ius episcopale 1606
durch seinen Burgkaplan Tido Henrici 6 eine KO aufstellen, wobei die Emder KO von 1594, die stellen-
94 Vgl. unten S. 352.
95 Vgl. Schreibend der Pastoren auffm Lande, FV (H. Garrelts, 163); M. Rückert, 31; E. Graf Knyphausen-
Lützburg, 7. 26; Garrelts, Ligarius, 34.
96 Vgl. Edzards Edikt vom 22. Februar 1579 in Abgenöthigte Antwort, 174f.; Bericht, 277; H. Garrelts, Ligarius,
94.
97 Vgl. Abgenöthigte Antwort, 89ff.; Supplikation der Norder Lutheraner an Graf Edzard vom 8. November 1579 bei
E. R. Brenneysen Tom. I, Lib. VII, 391f.; Schreiben des Grafen Johann vom 13. November 1579 an den Kirch-
vogt Johann Kühorn, Kopie im Lütetsburger Kirchenbuch, Bl. 163, Lütetsburger Haus-A., Abt. IIa Nr. 48, Deposi-
tumim Staats-A. Aurich, Druck des Schreibens bei M. Rückert, 36ff.,und bei E. Graf Knyphausen-Lütz-
burg, 26f. Vgl.auch H. Garrelts, Ligarius, 95.
98 Die Listen der Ältesten und Diakonen im genannten Lütetsburger Kirchenbuch (vgl. auch M. Rückert, 148 ff .) be-
ginnen mit dem Jahr 1580. Doch haben offenbar auch schon früher Wahlen stattgefunden; vgl. Edzards Edikt vom
22. Februar 1579, Abgenöthigte Antwort, 175; H. Garrelts, Ligarius, 94.
99 Vgl. die entsprechenden Mandate Edzards, abgedruckt in Abgenöthigte Antwort, 177ff.; H. Garrelts, Ligarius,
95.
1Vgl.oben S. 333f. mit Anm. 76. 2 Vgl. Abgenöthigte Antwort, 90; H. Garrelts, Ligarius, 101.
3 Abschriften der Supplikationen vom 26. Februar 1583, vom 19. Juni 1591, vom 29. Oktober 1591, von 1600, von
1610 usw. im Lütetsburger Kirchenbuch, Bl. 165ff. Vgl. dazu M. Rückert, 39ff.; E. Graf Knyphausen-Lütz-
burg, 28ff.; auch P. Fleisch, Studien zur Geschichte des Verhältnisses von Reformierten und Lutheranern in ost-
friesischen Gemeinden, in Zeitschrift f. ev. Kirchenrecht 4, 3 (1955), 313. 1612 gestattete Graf Enno freilich die Aus-
übung der reformierten Religion in Norden in einem Haus und bestätigte den Lütetsburger Hauskaplan als Prediger
der Norder Gemeinde; aber die Reformierten konnten ihr Recht wegen des Widerstandes der Lutheraner nicht aus-
nutzen. Vgl. Schreiben von Bürgermeister und Rat zu Emden an Bürgermeister und Rat zu Norden vom 6. Mai
1612 bei E. R. Brenneysen Tom. I, Lib. VII, 394f.
4 Am 14. 3. 1582 wandten sich die Norder Reformierten mit der Bitte an Graf Edzard, ihnen einen freien Paß nach
Lütetsburg zu gewähren, um dort die Predigt anzuhören, da Doktoren und Bürgermeister zu Norden ihnen den
Besuch der Predigt verboten hätten; vgl. Lütetsburger Kirchenbuch, Bl. 164f. — Über die Gestaltung der kirchen-
rechtlichen Verhältnisse auf Lütetsburg vgl. E. Graf Knyphausen-Lützburg, 35f.
5 Die Bewohner der Herrlichkeit Lütetsburg sollen ursprünglich nach Westeel eingepfarrt gewesen sein. Die gleich-
namige Herrlichkeit gehörte ebenfalls den Manninga, und die Westeeler Kirche unterstand ihrem Patronat. Herr-
lichkeit, Burg und Dorf Westeel wurden 1373 von den Fluten fortgerissen. Vgl. E. Graf Knyphausen-Lütz-
burg, 2. 9ff.; U. v. Alvensleben, 80.
6 Tido Henrici, geboren in Knyphausen, wirkte bis 1624 in Lütetsburg und war dann Pastor in Appingadam,
† 1626; vgl. M. Rückert, 145; P. E. Reershemius, 747f.; Ph. Meyer, Pastoren II, 112. Als Beginn der
Tätigkeit Henricis auf Lütetsburg ist dort das Jahr 1607 angegeben; vgl. jedoch die Vorrede zur KO, unten S. 537.
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