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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0386
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P.F. Reershemius bezeugt 26, daß sie in Osteel, Siegelsum und Engerhafe eingeführt gewesen sei und in
Engerhafe noch zu seiner Zeit gebraucht werde. Ob sie ursprünglich in allen lutherischen Gemeinden
Ostfrieslands gebraucht wurde, wußte er freilich nicht zu sagen. Demnach wurde die Agende des Liga-
rius noch benutzt, als schon die KO von 1631 für die lutherischen Gemeinden aufgestellt war 27. Die bei-
den verlorenen Formulare waren zur Zeit der Abschreiber aber offensichtlich nicht mehr im Gebrauch 28.

Wir drucken die Agende des Ligarius von 1583, soweit sie überliefert ist, nach den uns vorliegenden
Abschriften: Text Nr. 21 (IV).

Die schon genannte lutherische KO von 1593, die sog. Marienhafer KO, ist, wie an Hand der For-
mulare für Taufe und Abendmahl festgestellt werden kann, unter Benutzung der Agende von 1583 ver-
faßt. Möglicherweise ist die Agende auch für das Trauungsformular herangezogen. Ein Formular für
die Krankenbedienung bietet die KO von 1593 nicht. Für die kirchenrechtlichen Bestimmungen hat die
Hoyasche KO von 1581 29, die auch im Harlingerland gebraucht zu sein scheint 30, offenbar teilweise als
Vorlage gedient. Auch für zusätzliche liturgische Bestimmungen und Texte ist sie herangezogen.

Die KO von 1593 befindet sich handschriftlich im Ephoralarchiv zu Norden, in der Universitäts-
bibliothek Tübingen und im Staatsarchiv Aurich 31. Das Norder Exemplar dürfte zeitgenössisch sein,
trägt aber weder Datum noch Unterschriften; vermutlich handelt es sich um den Entwurf. Die beiden
anderen Exemplare sind Abschriften, von denen die erste ca. vom Anfang des 17. Jh.s, die zweite aus
dem späteren 17. Jh. stammen dürfte. Sie enthalten einige Erweiterungen gegenüber dem Norder Exem-
plar und geben auch die Unterschriften der Geistlichen wieder. Doch scheinen die Schreiber, insbesondere
der Schreiber des Auricher Exemplars, nicht immer sorgfältig verfahren zu sein, so daß nicht alle
Varianten Glaubwürdigkeit verdienen. Die Vorrede ist bei Funck gedruckt; auch führt Funck die
Namen der Unterzeichneten auf 32. Auszüge bzw. Teilstücke der KO sind z.B. bei Bartels 33 und Reu 34
mitgeteilt. Eine eingehende Beschreibung der KO mit wörtlichen Mitteilungen daraus liefert Brenney-
sen in seiner handschriftlichen „Kirchen-Historie von Ostfrießland“, § 91, S. 840ff. 35.

Wir drucken die Marienhafer KO von 1593 nach der Handschrift im Norder Ephoralarchiv unter
Heranziehung der genannten Abschriften: Text Nr. 22 (IV).

Zu den lutherischen KOO Ostfrieslands im 16. Jh. gehört auch die Harlingerländer KO von 1573/74,
die wir als Text Nr. 23 (IV) bringen. Doch bedarf das Harlingerland einer besonderen Einleitung.

Die 1631 von dem Hofprediger Walther aufgestellte lutherische KO lehnt sich stark an die Braun-
schweig-Lüneburgischen Landes-KOO an.

6. Kurze Umreißung einzelner Gebiete des ostfriesischen Kirchenwesens im 16. Jh.
Das Pfarrbestellungsrecht war, wie schon mehrfach angedeutet, in Ostfriesland bis zum Ende des
Reformationsjahrhunderts strittig. In den Landgemeinden war der auf dinglicher Grundlage beruhende
Genossenschaftspatronat der grundbesitzenden Bauern, deren Vorfahren in Gemeinschaftsleistung die
Kirche errichtet und ausgestattet hatten, althergebrachtes Recht, das sich u. a. in der Pfarrwahl reali-
sierte. Auf derselben Grundlage beruhende Patronate besaßen auch Klöster, Adelsfamilien und andere

26 Vgl. P. F. Reershemius, 31; H. Garrelts, Ligarius, 120.

27 H. Garrelts, Ligarius, 120, bemerkt hierzu: „In Engerhafe ist die Agende bei Taufen und Kommunionen von
Ligarius... erst den Formen der Agende der evangelisch-lutherischen Landeskirche der Provinz Hannover 1901
gewichen.“ A. Frerichs, 21, will in Norderland noch (1883) überall in den Zeremonien die Agende des Ligarius
durchblicken sehen. Vgl. auch unten S. 671, Anm. 1.

28 Vgl. auch H. Garrelts, Ligarius, 117f. 29 Abgedruckt Sehling VI, 2, 1128ff.

30 Vgl. unten S. 359.

31 Universitätsbibliothek Tübingen, Depot der ehem. Preußischen Staatsbibliothek, Ms. germ. fol. 1294; Staats-A.
Aurich, Rep. 135 Nr. 146.

32 Ch. Funck IV, 7, 54-57. 33 P. Bartels, Schulwesen, 28f., Anm. 34.

34 J. M. Reu I, 3, 1, 2, 753 *ff. 768 *f. 35 Staats-A. Aurich, Msc. A 154.

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