Fisbeck jetzt Visitationen ab, breitete die evangelische Lehre aus und festigte sie 72. Von vornherein war
in Harlingerland die Reformation lutherisch ausgerichtet, und die folgenden Jahre und Jahrzehnte dien-
ten der Festigung des lutherischen Bekenntnisses. Das ius episcopale und das ius patronatus an den
Kirchen gingen durchweg an den Landesherrn über 73.
Graf Erich von Hoya erstreckte die Gültigkeit seiner KO von 1573 auch über Harlingerland. Be-
reits am 12.März 1573 soll er sie, Arend zufolge 73a,dort publiziert haben. Nach der uns vorliegenden
Hs der KO freilich wurde sie am 3. Juni 1574 sämtlichen Pastoren der beiden Ämter, Esens und Witt-
mund, in Gegenwart des Grafen ausgehändigt. Nachdem die Pastoren sich mit der KO einverstanden er-
klärt und versprochen hatten, sich danach zu richten, approbierte der Graf sie eigenhändig für Harlin-
gerland, worauf der Superintendent zu Esens und der zweite Superintendent zu Wittmund je ein Ori-
ginal, die übrigen Pastoren je eine Abschrift erhielten. Gleichzeitig gebot der Graf, die KO mindestens
zweimal jährlich zu publizieren. Für die Pastoren wurden vierteljährliche Zusammenkünfte angeord-
net, in denen sie über die Hauptartikel des christlichen Glaubens nach der Augsburgischen Konfession
wie über andere Kirchensachen gemäß der KO disputieren sollten 74. Denkbar scheint, daß es sich bei der
hier gemeinten und uns vorliegenden Fassung der KO um eine 1574 angenommene Kurzform einer der
Forschung bislang unbekannten, umfassenderen KO von 1573 handelt 74a.
Die KO fußt auf einer älteren, nicht überlieferten KO der Grafschaft Hoya sowie auf mehreren Man-
daten des Grafen Erich, die in der KO ausdrücklich genannt sind, und bildet selbst teilweise wieder den
Grundstock für die Hoyasche KO von 1581 75. Möglicherweise ist bei Abfassung der KO von 1573/74
auch die freilich nur in einzelnen Ordnungspunkten zu fassende KO des Stiftes Verden von 1572 be-
nutzt 76, es sei denn, daß schon die ältere Hoyasche KO diese Punkte enthielt, wodurch sich das Verhält-
nis Verden-Hoya gegebenenfalls umkehren würde. Auch die Lüneburger KO von 1564 76a könnte herange-
zogen sein. Die KO hat z.T. sehr stark den Charakter einer Polizeiordnung. Wie auch bei anderen Poli-
zei- und KOO evangelischer Territorien - so bei der wohl ebenfalls benutzten Nienburger Polizeiordnung
von 1551 bzw. 1569 - wird man den Einfluß der Reichspolizeiordnungen nicht ausschließen können.
Seit langer Zeit galt die Hoyasche bzw. Harlingerländer KO von 1573/74 als verschollen oder gar
verloren. In Band VI, 2 der evangelischen KOO mußte unter dem Titel „Grafschaft Hoya“ noch auf
den Abdruck verzichtet werden, da die KO nicht ermittelt werden konnte. Es ist besonders das Verdienst
von Herrn Pastor Chr. Lüpkes in Stedesdorf und von Herrn Pastor i. R. L. Janssen in Aurich,
daß sie uns jetzt vorliegt. Herr Pastor Lüpkes hat, nachdem er auf den Verlust der KO aufmerksam
geworden war, in Urlaub und Freizeit unermüdlich nach der KO gesucht und sie dann gemeinsam mit
Herrn Pastor Janssen ermittelt. Es handelt sich dabei um eine Abschrift, die nach Schrift und Pa-
pier etwa der zweiten Hälfte des 17. Jh.s angehören dürfte. Sie befindet sich unter den Beständen des
Konsistorialarchivs, die zur ev.-luth. Landessuperintendentur gehören und in Aurich im Pfarrhaus
Schulstraße 2 untergebracht sind.
Ein kurzer Auszug der KO ist von Funck 77 veröffentlicht, ein umfassenderer von Richter 78 mit-
geteilt, wobei Richter anscheinend dieselbe Druckvorlage benutzt hat, die uns jetzt zur Verfügung steht.
Eine sehr schöne Gegenüberstellung der beiden Auszüge mit zahlreichen Worterklärungen ist von Herrn
Pastor Lüpkes hergestellt worden, ehe er die KO fand, und in Vervielfältigungen verschiedentlich
verbreitet. Wir drucken die KO nach der genannten Abschrift: Text Nr. 23 (IV).
72 Vgl.H. Hamelmann, 793; B. Arend, 149; Reimers, Einführung, 13; Th. Cöster, 11.
7 3 Vgl. B. Arend, 46. - Vor der Reformationszeit hatte im Harlingerland der Bremer Domscholaster das Beset-
zungsrecht an den Pfarren; vgl. Kochs, Kirchengeschichte, 44.
73a Vgl. Reimers, Balthasar Arends Zeit-, Jahr- und Tagweiser, 12; B. Arend, 46, Anm. 1.
74 Vgl. unten S. 750f. 74a Vgl.unten S.725 mit Anm. 2. 75 Vgl. Sehling VI, 2, 1122ff. 76 Vgl. dazu oben S. 138f.
76a Sehling VI, 1, 533ff. 77 Ch. Funck III, 6, 153-162. 78 Ae. L. Richter II, 353-357.
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in Harlingerland die Reformation lutherisch ausgerichtet, und die folgenden Jahre und Jahrzehnte dien-
ten der Festigung des lutherischen Bekenntnisses. Das ius episcopale und das ius patronatus an den
Kirchen gingen durchweg an den Landesherrn über 73.
Graf Erich von Hoya erstreckte die Gültigkeit seiner KO von 1573 auch über Harlingerland. Be-
reits am 12.März 1573 soll er sie, Arend zufolge 73a,dort publiziert haben. Nach der uns vorliegenden
Hs der KO freilich wurde sie am 3. Juni 1574 sämtlichen Pastoren der beiden Ämter, Esens und Witt-
mund, in Gegenwart des Grafen ausgehändigt. Nachdem die Pastoren sich mit der KO einverstanden er-
klärt und versprochen hatten, sich danach zu richten, approbierte der Graf sie eigenhändig für Harlin-
gerland, worauf der Superintendent zu Esens und der zweite Superintendent zu Wittmund je ein Ori-
ginal, die übrigen Pastoren je eine Abschrift erhielten. Gleichzeitig gebot der Graf, die KO mindestens
zweimal jährlich zu publizieren. Für die Pastoren wurden vierteljährliche Zusammenkünfte angeord-
net, in denen sie über die Hauptartikel des christlichen Glaubens nach der Augsburgischen Konfession
wie über andere Kirchensachen gemäß der KO disputieren sollten 74. Denkbar scheint, daß es sich bei der
hier gemeinten und uns vorliegenden Fassung der KO um eine 1574 angenommene Kurzform einer der
Forschung bislang unbekannten, umfassenderen KO von 1573 handelt 74a.
Die KO fußt auf einer älteren, nicht überlieferten KO der Grafschaft Hoya sowie auf mehreren Man-
daten des Grafen Erich, die in der KO ausdrücklich genannt sind, und bildet selbst teilweise wieder den
Grundstock für die Hoyasche KO von 1581 75. Möglicherweise ist bei Abfassung der KO von 1573/74
auch die freilich nur in einzelnen Ordnungspunkten zu fassende KO des Stiftes Verden von 1572 be-
nutzt 76, es sei denn, daß schon die ältere Hoyasche KO diese Punkte enthielt, wodurch sich das Verhält-
nis Verden-Hoya gegebenenfalls umkehren würde. Auch die Lüneburger KO von 1564 76a könnte herange-
zogen sein. Die KO hat z.T. sehr stark den Charakter einer Polizeiordnung. Wie auch bei anderen Poli-
zei- und KOO evangelischer Territorien - so bei der wohl ebenfalls benutzten Nienburger Polizeiordnung
von 1551 bzw. 1569 - wird man den Einfluß der Reichspolizeiordnungen nicht ausschließen können.
Seit langer Zeit galt die Hoyasche bzw. Harlingerländer KO von 1573/74 als verschollen oder gar
verloren. In Band VI, 2 der evangelischen KOO mußte unter dem Titel „Grafschaft Hoya“ noch auf
den Abdruck verzichtet werden, da die KO nicht ermittelt werden konnte. Es ist besonders das Verdienst
von Herrn Pastor Chr. Lüpkes in Stedesdorf und von Herrn Pastor i. R. L. Janssen in Aurich,
daß sie uns jetzt vorliegt. Herr Pastor Lüpkes hat, nachdem er auf den Verlust der KO aufmerksam
geworden war, in Urlaub und Freizeit unermüdlich nach der KO gesucht und sie dann gemeinsam mit
Herrn Pastor Janssen ermittelt. Es handelt sich dabei um eine Abschrift, die nach Schrift und Pa-
pier etwa der zweiten Hälfte des 17. Jh.s angehören dürfte. Sie befindet sich unter den Beständen des
Konsistorialarchivs, die zur ev.-luth. Landessuperintendentur gehören und in Aurich im Pfarrhaus
Schulstraße 2 untergebracht sind.
Ein kurzer Auszug der KO ist von Funck 77 veröffentlicht, ein umfassenderer von Richter 78 mit-
geteilt, wobei Richter anscheinend dieselbe Druckvorlage benutzt hat, die uns jetzt zur Verfügung steht.
Eine sehr schöne Gegenüberstellung der beiden Auszüge mit zahlreichen Worterklärungen ist von Herrn
Pastor Lüpkes hergestellt worden, ehe er die KO fand, und in Vervielfältigungen verschiedentlich
verbreitet. Wir drucken die KO nach der genannten Abschrift: Text Nr. 23 (IV).
72 Vgl.H. Hamelmann, 793; B. Arend, 149; Reimers, Einführung, 13; Th. Cöster, 11.
7 3 Vgl. B. Arend, 46. - Vor der Reformationszeit hatte im Harlingerland der Bremer Domscholaster das Beset-
zungsrecht an den Pfarren; vgl. Kochs, Kirchengeschichte, 44.
73a Vgl. Reimers, Balthasar Arends Zeit-, Jahr- und Tagweiser, 12; B. Arend, 46, Anm. 1.
74 Vgl. unten S. 750f. 74a Vgl.unten S.725 mit Anm. 2. 75 Vgl. Sehling VI, 2, 1122ff. 76 Vgl. dazu oben S. 138f.
76a Sehling VI, 1, 533ff. 77 Ch. Funck III, 6, 153-162. 78 Ae. L. Richter II, 353-357.
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