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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0409
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Kirchenordnung 1535 (Agende)

Und dar man nenen mangel an der tydt hefft, sal
men ock singen in der gemeyne de letanie to due-
desch, alze de to Witenberch im drucke utgegaen
ys 46, de wy in korten in allen ampten ock senden
willen, dat de lude dardorch beweget werden, Godt
den Heren vor alle noedige saken in der gemeyne
to bidden, in den duedschen kercken in duedscher,
in latynschen kercken latinesch. Und solcks mach
men doen vor edder na dem predigen, na dem ge-
fallen des pastors und gelegenheit der steden und
tydt. Unde dusse ordenynge vam den syngen godt-
licker psalmen, lavesengen, gebeden, lectionen der
godtlicken scriften, epistolen und der evangelien, wo
de hier bevoer angetekent ys, scholen unse predi-
canten in der vorsammelynge der gemeyne alle Son-
dage und andern festdagen holden, ock wen men dat
aventmall nicht holden wyll und nene communican-
ten dar synt. Wente wy weten van Gads gnaden wol,
dat desse dynge nicht syn de substancia coenae Do-
mini, sunder synt gude exercitia, usinge in der
christengemeyne, durch de aposteln also gebruket
und to bruken geleret, alze dan ock dersulvigen alzo
gebruket de hilligen veder bet up unsen tyden to,
wowol nicht ane misbruck veler menschen. Darumme
begern wy und willen, dat se in unsen gemeynen ock
geholden werden, dat welck darmede to Gads wort
to horen, to bewegen unde verorsaken.

Idt scholen averst de predicanten darbeneven
unsen luyden leeren, dat dusse dyngen nicht gefor-

46 Vgl. zur Wittenberger Litanei oben S. 41, Anm. 14.

47 = ohne, frei, ledig (mit Gen.); vgl. Schiller und
Lübben I, 85f.; Lasch und Borchling I,82.

48 = irgendeiner; vgl. Schiller und Lübben II, 407.

49 Noch heute wird in Emden, während die Kommu-
nikanten des ersten Tisches sich sammeln, „O Lamm
Gottes“ (vgl. dazu oben S. 161, Anm. 79; unten
S. 379 mit Anm. 70) gesungen; vgl. J. Weerda I, 21.

50 Noch a Lasco empfing in Emden das Abendmahl
kniend über einem Handtuch; vgl. Gegenbericht,
B III (H. Garrelts, 110); J. Weerda, Entstehung,
24. Spätestens 1546 wurde der Brauch abgeschafft;
vgl. Weerda I, 21, Anm. 3.

51 Der Brauch, daß erst die Männer, dann die Frauen
zum Tisch des Herrn gehen, entspricht Luthers Deut-
scher Messe. Er hat sich bis heute in Emden erhal-
ten; vgl. J. Weerda I,21.

51a Vgl. dazu oben S. 364 mit Anm. 45.

52 Von späterer Hand steht in der Druckvorlage am
Rand: Weißer chorrock. — Der Chorrock beim Abend-
mahl scheint in Emden 1546 abgeschafft zu sein. In
den Interimswirren wurde von Regierungsseite in

dert werden alze nodich to der zeelen salicheit, sun-
der als christlicke gebrucke vorordent to erholdynge
christlicker tucht in der gemeyne, doch an 47 jeni-
ger 48 vorstrickynge der conscientien.

Holdynge des aventmals.

Dar nu etlicke communicanten vorhanden synt,
twee edder dree edder mehr, scholen desulvige com-
municanten na der predicken under dem gesange 49
sich vorsammelen in dem chore und stillichlick
umme dem altar her gan und darvor ordentlick kny-
len 50, de mans vor, de frouwen na 51.

Dewyle schal de prester brodt und wyn tobereyden
up dem altar na advenant des talles deren, so com-
municern willen, dat brot averst schal ungesuert
brodt syn, wo man suss lange darto gebruckt in der
kercken bet up unsen tyden. Derglyken schal in den
kelck wyn und neen beer edder melck gebruket wer-
den 51a. De prester, so dat aventmal holden schal
und dat sacrament des blodes und lyves Christi ut-
deylen, schal eyn ehrlick kleed anhebben und dar-
aver angetogen eynen witten choerrock 52. Wente wy
konnen des nicht lyden, dat de prester henfort de
geystlicken ampten in den korten palßrocken 53, alze
bueren gekledet, mer utrichten. Veel weyniger wil-
len wy ock, dat se na eygener gudtdunkelheit an
eynen discke sick setten und hußbacken broet 54, dat
to gebruken wedder den langwyrigen gebruick und
gewoenheit aller christlicken gemeynen duetscher

den Verhandlungen über die Durchführung des Inter-
ims angeregt, die Prediger möchten doch wenigstens
für den Gottesdienst, die Taufe und die Abendmahls-
feier einen Chorrock anlegen, hätte doch bis vor zwei
Jahren einer der beim Abendmahl bedienenden Pre-
diger dies Gewand getragen (thom Camp im Bericht
über die Interimswirren vom 8. August 1549); dar-
über J. Weerda I, 112ff.; Probe, 372. 379; Entste-
hung, 26.

53 Die Tracht des Bauern, ein wenig über die Knie
reichender, pelzbesetzter Rock, wie er vermutlich
auch noch etwa zur Zeit unserer KO getragen wurde,
ist abgebildet in: JbE 10, 2 (1893), Tafel II (nach
Unico Manningas Lützburger Hauschronik; vgl. da-
zu auch oben S. 371, Anm. 94).

54 In Emden verwendete schon Aportanus statt der
Altäre Tische und statt der Hostien gewöhnliches
Weißbrot; ebenso hielt es Rese in Norden. Vermut-
lich saß man auch um den Tisch. In Borssum führte
Aquilomontanus nach 1531 beim Abendmahl eine
Sitzordnung ein und feierte das Mahl mit weißem
Hausbrot. Vgl. dazu Einleitung, oben S. 315. 340.

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