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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0415
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Kirchenordnung 1535 (Ausführungsgutachten)

Volget, wes de Luinenborger predicanten, belangende des superattendenten und der predicanten, wo
de schoelen geschickt und wat eer ampt sy, oeck wat eer underholt und beßoldinge synn schall etc. 22.

Van denn superattendenten 23.

Und up dat sulvige to geschicklicher gescheen
moege, soe wil de noet erforderen, dat in dussem
lande van der overicheyt vorordent und gesettet
weerde ein vortrefflicher, geleerter man, welcher in
gotlicher schrift furtrefflich geleret, dat he nicht
allene de gesunde lere recht leren, sunder ock ge-
waltig sy, den weddersagenern wederstreven und
de gemene Gades van den anstoeten der untelliger
wulven, so itzundes den schaepstall Christi unvor-
scheemt ummelopen, behuiden und bewaren mögen
und können [vgl. Act 20, 28 f.].

Desulvige schal sine waninge hebben binnen Emb-
den als an den furnemesten oert des landes, und in
dem harte des landes, darsulvest pastoer und ein
superattendent, dat is, ein upseher syn aver dat
ganze land, aver alle pastoren und kerckendeneren
des landes.

Syn bevell scal syn, dat he acht darup schal heb-
ben, dat nemant tom predickampt eder anderen
kerckendenste togelaten weerde ane sinen weten und
willen, item, dat he acht hebbe, wat in dem lande
hen und heer geleret werde durch de predigers, dat
nicht jergendein wolf hemelick heermslike und de
gemene Gades vorfoere 24.

Item, wo de pastores leven, eft ock jemand in
einen ergerliken levent sitte mit sinen wive, kinde-
ren, huusgesinde; wente so weinich ein ungeleerder

22 Druckvorlage: Hs aus der Universitätsbibliothek
Bonn (S. 336), die sog. „Penborgschen Kollektaneen“
(vgl. dazu Einleitung, oben S. 320), Schweinsleder-
einband, Folio, Bl. 38r-45r, 16. Jh. - Stärkere Ab-
weichungen bei E. Meiners (vgl. dazu Einleitung,
oben aaO.) sind in den Fußnoten angegeben.

23 Vgl. hierzu KO von 1529, oben S. 361 f.; Unterricht
der visitatoren... im kurfürstenthum zu Sachsen.
1528: „Von verordnung des superattendenten“
(Sehling I, 171). Auch im „Unterricht“ werden
Bewahrung der rechten Lehre, Bekämpfung von
Irrlehre und Prüfung der Kandidaten als Aufgaben
des Superintendenten beschrieben. Unsere Ordnung
berücksichtigt aber die Landesverhältnisse. Über
die Einsetzung eines Superintendenten s. Einleitung,
oben S. 321 f.

24 Meiners: verstoere.

und ungeschickeder predicante to liden, so weinich
is ock to liden, de ein ergerlick levent vöert, alse
de doen, so in eebrock vallen, de sick mit oeren
wiveren slaen und unfredelick leven voeren, un-
getogen kinder hebben, unehrlick gesinde holden,
dagelix sick in den kroegen vinden laten und mit
den buren stedichlick drunken drinken, dobbelen 25,
spelen, vechten, slan und dergeliken dingen. So-
dane pastoren und kerckendeneren schal men voert-
meer 26 nenerleye wys dulden in der christliken ge-
mene, sonder ane alle barmherticheit afstellen.

Und up dattet examineren und erfrosschen deren,
so ton predigampt und anderen kerckendensten
togelaten schoelen weerden, upt allerschicklickste
togae, sehen wy vor gudt an, dat de overicheit neven
den superattendenten vororden etliche geleerde
menner, predicanten und andere ut dem rade unses
g. heren, de men erkennet godtfruchtich und ein
iver to Godt to hebben und de gelegenheyt desses
landes und der kercken weten 27, to welcken de exa-
minandus schal togelaten weerden, dat also de sake
uprichtich und mit ripen rade geschee und alle be-
droch vorhuidet mach weerden und de examination
desto kreftiger geachtet werde; wente in dem munde
twyer eder dryer personen alle sake bestae [Dt 19,15].

Und up dat de gemen sick nicht to beklagen heb-
ben, alse wolde men se oerer gerechticheit gar und
ganz beroven in der wale der kerckendener 28, so
sehen wy vor gudt an, dat ock etliche ut der ge-

25 = würfeln, auch andere Spiele, wie Karten, Brett-
spiele, spielen, losen; vgl. Schiller und Lübben
I, 527f.; Lasch und Borchling I,435.

26 = fortan, in Zukunft; vgl. Lasch und Borch-
ling I, 955.

27 Hier ist die Errichtung einer Art Konsistorium vor-
geschlagen, das in dieser Form nicht zustande kam.
Über die spätere Bildung des Emder Kirchenrates
und seine Tätigkeit s. Einleitung, oben S. 322 f. -
Gleichfalls schon eine Art Konsistorium, wenn auch
in anderer Ausrichtung, sah die KO der Stadt Lüne-
burg von 1531 vor; vgl. Sehling VI, 1, 649.

28 Das hier berücksichtigte und hervorgehobene Recht
der Gemeinden auf Wahl ihres Pfarrers beruhte auf
dinglicher Grundlage. Die Erbauer und Ausstatter
der Kirchen und ihre Erben konnten auch ihren
Priester wählen. Auch die weniger Begüterten waren

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