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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0418
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Grafschaft Ostfriesland

gen, leren, vormanen, straffen und den vyanden des
geloven weren. Wo kan he gastfry wesen jegen denen,
so to ohne kamen, geleerde luide und armen, welcke
alle ohre toflucht plegen to hebben to den bisscup-
pen und pastoren als den sundergen vorsorgeren der
armen ? Und wan de buer ein so arm und elendich
wesent suit, so wort he lichtlick beweget, sinen ar-
men pastoer nicht helt van siner leren, dewile he
ohne nicht suit studeren, denket, he hebbe sulches
hinder den ploech 4 1 eder den graven gedichtet ut
sinen koppe. Derhalven fraget he na siner straffe
nicht; wente idt dunket em nicht weert, dat he van
sulchen prachersschen 45 prediger gestraffet schulde
weerden, de armer sy dan he; wente he beslut ut
sinen unvorstand, dat nemant den anderen straffen
schoele und moege, he sy dan riker und mechtiger
dan he. Dewile he averst an sinen prediker nicht
suit, so slut he by sick, de prediker hebbe des nene
fuege und rechte.

Und is leider dit dat enige stucke, dat de buer
geleert hefft ut allen predigen, so dusse negeste twolf
jaren gescheen, nemant wat to geven, des wy dan
nemant to danken hebben dan unvorstendigen, un-
geleerten predicanten, welck ut anrögent 46 des fleis-
sches ungeropent ut dem kloesteren gelopen, sick
sulvest to predicanten gestelt und den dullen poevel
to willen jegen de paepscap aen allen grund und be-
schede geropen, men schole den papen nicht ge-
ven, welck sulvest heerlopende predicanten in der
gemene Gades vele unfueges angerichtet, alse

44 = Pflug; vgl. Schiller und Lübben III, 349f.

45 = armseligen; vgl. dazu Schiller und Lübben
III, 368f.; Doornkaat Koolman II,751 (pra-
cher).

46 = Anstiften, Anregung; vgl. Lasch und Borch-
ling I, 100.

47 Druckvorlage: nu. Meiners wie der Text.

48 Meiners liest statt „den“: „etc.“.

49 = Wert, Würde; vgl. Schiller und Lübben V,
673 f.

50 Zum Emder Gulden vgl. oben S. 367, Anm. 64.]

51 Drei Pastoren an der Großen Kirche zu Emden (vgl.
oben S. 371, Anm. 90), d. h. einer für Emden, einer
für den ehemaligen Vorort Groß-Faldern und einer
für Klein-Faldern, waren üblich. Der Pastor für
Groß-Faldern erscheint in der Regel als Vikar der
Großen Kirche (vgl. Urkundenbuch II, Nr. 1172.
1294. 1478. 1498. 1506. 1562. 1596), der Pastor für
Klein-Faldern wird als Praebendat genannt (vgl.
Urkundenbuch II, Nr. 1662). Ursprünglich besaßen

der wedderdoeper rotterye und dergeliken boesen
stucke.

Up dat nu hyr sulches negest vormidet werde und
de christlike kercke mit nottruftigen deneren vor-
sorget weerde, moet ein overicheit sampt den vor-
nemesten dusses landes raet und wege vinden, dat
desulvigen, so im 47 woerde und leren den 48 anderen
moeten vorstaen, nicht allene mit noettiger, sunder
ock erliker erholdinge vorsorget weerden, ein ider
na siner weerde 49 und voerdenst, dat also beide, de
denste, dat ampt und dener in woerden bliven, nicht
allene umme erer personen willen, sunder ock umme
Christus willen.

Und unses bedunkens scall de superattendent, so
ein pastoer to Embden is, to syn erholdinge jaerlix
moeten hebben tom weinigsten twehundert Embder
gulden 50.

So moet desulvige ock twe kappellanen 51 hebben,
bedarf ein ider to siner erholdinge ock hundert Em-
der gulden.

Und efte jemant sick hyraver vorwunderen wulde
und seggen, idt were to vele und war men dit halen
schulde, wowoll wy, hyrup to antworden, nicht
plichtich, und ward ock neen voerstendich man
hyrup ein vorwunderent eder fragen stellen, dewile
hyrinne nichtes unvornuftiges vorgestellet, willen
wy dennoch umme der unvorstendigen willen ant-
worden und unse guede menunge dargeven 52.

Idt syn in der kercken to Embden, desgeliken to
Norden, vele heerlike, wolbegavede beneficia 53. Ut

beide Faldern je eine eigene Kirche. Wann diese ein-
gegangen sind, ist nicht bekannt. Die Pfarrsysteme
verloren im Laufe des 15. Jh.s ihre Selbständigkeit;
aus den Gemeinden wurden Seelsorgebezirke. Den
für diese zuständigen Priestern der Großen Kirche
blieb aber der Rechtstitel, als Pfarrer der beiden
Dörfer zu gelten. Erst 1568 bekam man in Emden
einen vierten Prediger. Ausfübrlich darüber J.
Weerda II, 9ff. 42. Vgl. ferner O. G. Houtrouw
I, 51; H. W. H. Mithoff VII, 90; Kunstdenkmäler
der Provinz Hannover VI, 1 u. 2, 84ff.

52 Meiners: geven.

53 An der Großen Kirche in Emden gab es außer den
Pastoren zahlreiche Meßpriester. Pastor Johannes
Ludemann vermacht in seinem Testament vom
30. August 1492 den zehn Priestern, die nach seinem
Tode in der Emder Kirche Lehen innehaben (sacer-
dotibus... beneficiatis), Grundbesitz usw.; vgl. Ur-
kundenbuch II, Nr. 1331. In einer Urkunde vom
23. April 1494 werden acht Priester genannt (dort

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