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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0424
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Grafschaft Ostfriesland

Van der visitatien 1.

Idt schal ock alle jaer dat ganze land durch eine
visitacie gescheen, ein huussoekinge van karspelen
to karspelen dorch den superattendenten eder sinen
mithulperen, de he to sick erwelen word, mit vor-
willinge der overicheit, dat dem duivel jo neen ruem
gegeven werde und allenthalven den gebreken, so
sick errögen 2 moegen, tytlick bejegenet weerden.
Und up dat de sake desto statlick upgerichtet werde,
so achten wy idt vor nutte, dat de overicheit einen
vam adel eder sust einen van den bevelhebberen des-
ses oertz, daer gevisitiert word, de Gode fruchtet,
darby to syn, vorordenen, up dat de noetige saken,
so vorhanden, ernstlick exequiert und de visitatores
voer gewalt beschuddet 3 werden moegen.

Van warsscuppen 4 und kindelberen 5.

Idt schal ein overicheit ock ein ordenunge stellen
aver de warsscuppen, kindelbere, dat des averflodes
darinne weyniger weerde.

Item straffe und gebade stellen aver de, so den
[naeme] 6 Gades lasteren und enteren.

Item aver de, so oeren olderen ungehoersam sint
und geboerliche ehere nicht bewisen.

Item aver eebrekerye, hoererye und dergeliken
untuchtigen stucken, na luit der keyserlichen rech-
ten 7, nemandes persone darinne angeseen.

Item guede ordenunge und policyen anrichten je-
gen de mennichfoldige giricheit, so itzundes by allen

1 Über die spätere Ausführung dieses Kapitels vgl.
Einleitung, oben S. 322 mit Anm. 98.

2 = sich regen, rühren; vgl. Schiller und Lübben
1,728; Lasch und Borchling 1,603.

3 = beschirmt, in Schutz genommen; vgl. Schiller
und Lübben 1,265; Lasch und Borchling
I, 237.

4 = Hochzeiten; vgl. oben S. 371 mit Anm. 95.

5 Dies Kapitel scheint z. T. durch die Reichspolizei-

ordnung von 1530 (Koch-Senckenberg, Neue

und vollständigere Sammlung der Reichs-Abschiede.

1747, 2. Th., 332ff.) bedingt zu sein. Vgl. auch Aus-

schreiben durchs chur- und fürstenthumb zu Sach-

sen 1531 (Sehling I, 178ff.); Gemeine verordnung

und artikel... in Meißen... 1533 (Sehling I, bes.
188). Als Ausführung dieses Kapitels kann man die

Aufstellung der Polizeiordnung von 1545 ansehen;

vgl. Einleitung, oben S.319. 326.

sieden 8 averhand nimpt to vordarfnisse landen und
der luiden.

Item aver deverye, vörrederye, floeken, szweren,
valssche eeden, morden, doetslegern und dergeliken
stucken.

Item aver de voerkopen und anderen besnidinge
des gemenen mannes vorschaffen, dat guedt recht
und iderman gelyck geschee im lande.

Idt schall ock nicht de overicheit liden, dat de
arme gemeente meer vorfoert weerden van jenigen
unnutten swetzeren, vorleideren, orenbleseren, up-
roererweckers, rumormeisters, schal valssche pro-
pheten mank der gemeente 9 nicht liden, als de mön-
niken, so dorch de huiser lopen, hemelick oere vals-
sche leere predigen, hemelick missen holden und also
jummerhennen unenicheit anrichten. Densulvigen
moet einen toem 10 anleggen und se darinne holden,
dat se des nicht doen koenen eder mögen, mit not-
truftigen remedyen; wente se weten woll, dat ohne
sulckes to doende nicht geboert, dewile se to pasto-
ren nicht geesschet 11 sinnen, ock ohne oer egen regel
vorbut, dat se nicht predigen schoelen in den par-
ren, dar men des van ohne nicht liden will 12.

Van den kloesteren 13.

Dewile Godt der Here de sinen ock in den kloe-
steren heft, moet men densulvigen to ere selen sali-
cheit vorderlick syn. Darumme moet ein overicheit
in allen kloesteren geleerde predikers stellen, de dat
godtlike woert darinne rechtscapen predigen und

6 Das hier eingeklammerte Wort steht nur bei Mei-
ners. 7 Vgl. oben S. 368 mit Anm. 75.

8 Meiners: luiden.

9 Druckvorlage: gegemeente.

10 = Zaum; vgl. Schiller und Lübben IV, 572f.

11 = berufen; vgl. Schiller und Lübben 1,746;
Lasch und Borchling 1,617.

12 Die durch eine Bulle Honorius III. vom 29. No-
vember 1223 bestätigte Regel der Franziskaner-
mönche (dritte Regel des Franz von Assisi) bestimmt
in cap. 9: Fratres non praedicent in episcopatu ali-
cuius episcopi, cum ab eo illisfueritcontradictum...“
(H. Boehmer, Analekten zur Geschichte des Fran-
ciscus von Assisi. 1904, 33).

13 Zu diesem Kapitel bemerkt H. Reimers, Säkula-
risation, 18, es ließe sich nicht erkennen, ob die hier
gemachten Vorschläge an irgendeinem Ort durch-
geführt seien.

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