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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0432
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Grafschaft Ostfriesland

wroget 33 und beklaget, de schal yn der overicheit
handen van den amptluden und borgemesteren yn
der venkenisse geset, van der overicheit als ein moet-
willicher gadeslasterer swaerlich gestraffet werden
to enen exempel van anderen etc.

Van de hussittende armen.

Wi willen ju pastoren und karkendeneren ock
erenstlick vormaent hebben, dat gy ein vlitich up-
sicht up ju hussittende armen hebben, de yn juer
stadt, flecke eder dorp gebaren, waenhachtich sin-
nen, de sick des brodes schemen to bidden und de
dorch oltheit und krankheit orer lede 34 nicht vor-
denen konen, dat desulvigen mit nottruftige kle-
dunge, hunger und dorst mogen vorsorget werden.
Dar men dat myt de upgemelte broke nicht kan ut-
richten, de gemene darumme ersoeken, van den
predickstole vaken 35 vormanen nae gemene christ-
like ordenunge, soe yd yn allen landen geholden
wart 36. Waer ock de armen myt kynder beladen und
viff eder ses jare olt sinnen, to der schoelen gesettet
werden 37, dat se den geloven, de teyn gebade und
dat Vader unse 38 leren. Und soe de olderen dartegen
streveden und nicht wulden, solen van de borge-
meysteren und amptlude, soe gy one dat vorsten-
digen, darhen gedrungen werden und dat scholgelt
(yndem de olderen soe vormogende nicht sinnen) gi
vor se scholen utgeven. Und wan se dat Vader unse,
de 10 gebade und den geloven gelert und soe olt und
stark sinnen, beide, ventekens 39 und megede, dat

33 = gerügt, angeklagt; vgl. Doornkaat Koolman
III, 577; Schiller und Lübben V, 783.

34 = Glieder; vgl. K. v. Richthofen, Altfriesisches
Wörterbuch. 1840, 905f.

35 = oft; vgl. oben S. 223, Anm. 11.

36 Vgl. hierzu die Bestimmungen über die Armenver-
sorgung in der KO von 1529, oben S. 366 f., im Gut-
achten von 1535, oben S. 391, und im Mandat von
1535, oben S. 397, in denen von einer Verwendung
der Brüche für die Armen nichts gesagt ist. Reichs-
polizeiordnung von 1530, Tit. XXXIV (Koch-
Senckenberg, aaO. 2. Th. 343): Item, daß auch
die oberkeit versehung tue, daß eine jede stadt und
commun ihre armen selbst ernehren und unterhal-
ten...

37 Die allgemeine Schulpflicht sieht schon die KO von
1529 vor; vgl. oben S. 368.

38 Vgl. KO von 1529, oben S. 362 mit Anm. 15; Gut-
achten von 1535, oben S. 390 mit Anm. 86; Norder
Gottesdienstordnung, unten S. 431 f. mit Anm. 5.

se de kost vördenen konen, soe schal men se yn enen
denst bringen und nicht lenger vorgunt werden, by
den huseren se to bedelen laten 40. Soe dat ock van
den olderen nicht geschege und de kynder nicht wul-
den van sick yn enen denst teen laten, datsulve der
overricheit schal angesecht werden, dat de olderen
darumme gestraffet. Men schal ock soedane olderen
gene hantrekynge doen, se hebben dan ere kynder
yn enen denst gebracht, ein yder nae sine starkheit
und gelegenheit. Wurde ock van den pastor und
karkendeneren yn waerheit befunden, dat under der
armen kynder eyn, twe eder dre weren, de dorch den
almechtigen myt eyn sunderlich vorstant begavet,
de schal men nae gelegenheit der stat, flecke eder
dorp myt hulpe der gemene by der scholen holden
und bliven laten, to der tyt, dat de soe olt und ein
fundament to leren erlanget. Und vor nutte wort
angesehen, buten landes se yn anderen scholen to
senden, dat men alsdan de overich[ei]t to erkennen
geven schall, up dat se wyder myt notruft vorsehen
werden.

Van fromde bedeleren.

Dewyle 41 dat yn alle furstendoemen, landen und
steden, dar Gades wort vorkundiget wort, gene
fromde bedelers to bedelen vorgunst noch gestadet
und ein yder sine egen hussittende armen underhol-
den 42, wo dat hir ock vorordenet is 43, darumme wil-
len wy enen yderen erenstlich gebeden, dat men de
fromde bedelers yn dussen lande, stat ader flecken

39 — Knaben, Burschen; vgl. Doornkaat Kool-
man I, 438f.; Schiller und Lübben V, 235f.

40 Vgl. KO von 1529, oben S. 367 f. - Die Forderung,
die Kinder der Armen in den Dienst zu bringen,
findet sich auch im Gutachten der Räte auf die
Artikel des Grafen Johann (aaO. Bl. 79r). Vgl.
auch Reichspolizeiordnung von 1530, Tit. XXXIV
(aaO.): Item, daß auch der bettler kinder, so sie
ihr brod zu verdienen geschickt seynd, von ihnen
genommen und zu handwerken und sonst zu dien-
sten geweist werden, damit sie nicht also für und
für dem betteln anhangen.

41 Hiermit setzt das Auricher Konzept ohne besondere
Überschrift wieder ein.

42 Vgl. oben Anm. 36.

43 Vgl. KO von 1529, oben S. 366. Solches fordern
auch die Räte in ihrem Gutachten zu den Artikeln
des Grafen Johann (BI. 79r aaO.).

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