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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0505
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Emder Abendmahlsordnung 1576

Wy hebben, leve bröderen und süsteren, des Hern
h. nachtmal geholden, so latet uns nu de früchten
der waren gemeinschop Christi miteinander beher-
tigen, up dat wy uns dersulven stedes erfrouwen
mögen. Und is de erste frede und froude, de wy vord-
an in unse conscientien werden fölen, darum dat
uns van Godt (de nicht legen 46 kan) vor Türken,
heiden und alle ungelövigen vorsegelt is, dat he unse
sünde nicht mehr gedenken noch syn gerichte an uns
gebrüken wil, dewyle he in Christo, daranne wy ge-
meinschop hebben, de sünde gestraffet und syne ge-
rechticheit genoch gedan hefft und uns in em ut ge-
naden vor hillich und gerecht rekenet und holdet.

Hyrut folget erstlick eine kindlike frymodicheit,
unsen Godt antoropen mit gewisse tovorsicht der
genedigen erhöringe, de wy na alle tosagen mit vol-
ler leistinge der dingen, de wy na synen wille bid-
den, up de bequemeste tydt werden erlangen 47; darna
ock eine vaste vorsekeringe der ewigen herlicheit, de
wy nu wol in der hopninge besitten, averst in jennen
levende by Godt, unsem Vader, Christo, unsem hö-
vede, und Abraham, Isaac und Jacob, unse bröderen,
gewisse erlangen werden; wente idt unmögelick is,
dat uns Godt der erfschop scholde beroven, dewyle
wy nicht alleine weten, dat wy alse lidtmaten an
dem lyve Christi, dat nu im hemmel is, dorch den
h. Geist und geloven up idt gewisseste vorbunden
sint, und derhalven ewiger herlicheit mit em alse
unsem hövede scholen deelhaftich werden, sunder
ock gewisse syn, Christus sy darumme to hemmel
gevahren, dat he uns mit synem lyve ein pant sy
unser hemmelfart, de wy dorch kraft desser gemein-
schop entlick werden geneten, darumme dan Chri-
stus sulvest secht [Joh 20, 17]: Ick ga hen to juwen
und mynem Vader. Item [Joh 17, 24]: Vader, ick wil,
dat, de du my gegeven heffst, syn, dar ick bin. Und
offte wy noch allhyr ein tydtlang under dem krütze
geholden werden, schole wy uns dennoch mit gedult
des Heren wille underwerpen mit vasten vortruwen,
dat wy, so wy Christo dem Heren im lydende gelyck

46 = lügen; vgl. Doornkaat Koolman II, 486f.;

Schiller und Lübben II, 650. Vgl. Hebr 6, 18.

47 = Vgl. bes. Joh 14, 13 f.; 15, 7; 16, 28 f.

48 = kämpfen; vgl. Doornkaat Koolman II, 166;

Schiller und Lübben II,444.

49 = scheuen; vgl. Schiller und Lübben IV, 160f.

50 = überreichlich; vgl. oben S. 382, Anm. 21.

sind, endlick ock van ehm tor herlickheit scholen
upgenamen werden, als he andermal kamen wert,
syne unde unse vyende to vordömen und uns sampt
alle gelövigen mit ewige herlicheit to kronen. End-
lick schole wy ock gewisse syn, efte wy ock na des-
ser tydt ut swackheit möchten sündigen, dat Godt
uns de sünde nicht torekenen wert, sunder ock ge-
nade geven, dat wy ut betrachtinge der schwackheit
orsake nehmen werden, iveriger gegen de sünde und
den satan to waken und to kempen 48, und in wahre
stanthafticheit des gelovens und christliken wandels
to vorharren, bet dat wy dorch den dodt, darinne
wy ut kraft der gemeinschop des dodes Christi frö-
lick sint, van alle anfechtinge entlediget und in aver-
winninge des ewigen levendes deelhaftich werden.

Wy scholen averst dem Heren Christo vor desse
woldadt loff und dank seggen, syn dodt vorkündigen
unde dorch kraft synes Geistes, de van wegen syner
gemeinschop in uns wohnet, der sündliken art je
lenger je mehr affsterven unde dat lögenhaftige vor-
geven des satans und des werldes sampt de böse
lüsten des fleisches schuwen 49 unde darjegen in der
weddergeborte vordan und in hillicheit und gerech-
ticheit na Gades hillige wort und gesette leven und
wanderen, up dat wy nicht alleine dorch gude werke
unsen geloven an de gemeinschop Christi betügen,
sunder ock mit gudem exempel vele dem Hern Chri-
sto tovorn. Wy scholen ock, als de wy ein lyff sint,
de bröderlike leve einander vürichlick gebrüken und
desulve bewysen mit bidden, lehren, vormanen, straf-
fen, ock handrekinge, almissen und dergelyke früch-
ten, de in beide taffelen des gödtliken gesettes aver-
flodich 50 gebaden werden, ja, scholen des negesten
nodt alse unse egen annemen, up dat desse hillige
handel uns nicht to besweringe, sunder to troste des
gewetens gedyen möge.

Dewyle wy averst ahne Gades genade und hülpe
nichtes utrichten können, so lat uns Godt laven unde
danken und ehm also anropen 51:

Allmechtige, barmherzige Godt und Vader, wy

51 Eine Danksagung sieht auch Micron (vgl. unten
S. 636 f.) vor. Die in unserem Text folgende Form des
Dankgebets erinnert aber stark an Luthers Dank-
kollekte (vgl. oben S. 161 mit Anm. 81), die auch
von der sog. Lüneburger KO vorgegeben war; vgl.
oben S. 379. Möglicherweise hat man hier an die
„Lüneburger KO“ angeknüpft.

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