Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0513
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Emder Kirchenordnung 1594

geropen werde, darna, dat de prediger unde olde-
sten, welcken de sorge der kercken sonderlick up-

mahnung in gemein und an einen jeden besonders,
das, so jemand in der fürgestalten person lehr oder
leben erhebliche mangel wuste, darumb sie zum
dienst der gemein nicht erbaulich geschätzet würde,
sie es inwendig monatsfrist den verordneten predi-
gern und eltisten, der ganzen kirchen zum besten,
anmelden wöllen, damit alle sache für der bestäti-
gung recht erkündet werde.

Freyheit der gemeine in anzeigunge der ihnen be-
wusten mangel von ernanter person.] Diese frey-
heit wird der gemein etwan auch 2 oder 3 monat
gegünnet, damit ja niemand sagen möge, das er an
seinem recht verkürzet und der neuwe prediger nicht
vordacht werde, als sey er ohne vorwissen und be-
willigung der ganzen gemein eingedrungen.

Confirmation oder bestettigung des beruffs und ein-
weisung des neuwen predigers in sein ampt.] Da denn
dieser ordentliche proceß nach dem wort Gottes
und dem exempel der rechtglaubigen kirchen (Vide
Bucerum vom hirtenampt.) gehalten, auch nach
gnugsamer deliberation keine hindernüß einge-
bracht, so wird endlich zu der confirmation ge-
schritten und die ordentlich erwehlte person bey dem
disch des Herrn der ganzen gemein unter augen ge-
stalt.

Darnach wird von einem prediger widerholet, wie
der allmechtig Gott auf der gemein gebett die per-
son zum dienst der kirchen mit rat und gnediger ver-
willigung der obrigkeit und belieben der ganzen ge-
mein verliehen, darfür man der göttlichen majestet
zu danken schüldig.

Ferner wird erinnert, wie sich gegenwertige person
Gott und seiner gemein gelassen gestellet und dar-
auf ihre gaben prüfen und ihren wandel gutwillig er-
kündigen und erforschen, auch einem jeden, reich
und arm, frey gelassen, so in derselben lehre und
leben etwas zu finden, das der gemein undienlich sein
möchte, das alsdann ihr beruff kraftloß und der ge-
mein frey stehen solte, einen nützlichern diener zu
beruffen, wie auch noch dieselbe freyheit der christ-
lichen gemein gelassen werde. Dieweil aber keine
mängel eingebracht weren, auch noch nicht würden,
so halte man es genzlich darfür, die ganze gemein
consentire und verwillige in den beruff, welche die
prediger, eltesten und diaken mit vorwissen und be-
fürderung der obrigkeit in ihrem namen getan und
ihr, der gemein, zeitlich gnug kund gemacht haben.

Darauf fenget denn der prediger weiter an vom
ursprung, wirdigkeit und notwendigkeit und nutz
des predigampts und wie sich beydes, prediger und
zuhörer, darin nach dem befehl Gottes verhalten sol-
len, was liebe und treuw sie einander schüldig sein,
zu erinnern.

Fragen, so für der ganzen gemein dem neuberuf-
fenem prediger werden fürgestellet.] Und als dem
beruffenem diener folgende fragen, darauf für dem
angesicht des erzhirten Christi (1. Pet. 5 [4]) und sei-
ner gemein zu antworten, fürgestellet und mit Ja von

31 Sehling, Niedersachsen II/l

licht, sampt den diaken sick in der gadesfrucht be-
ratslagen, wor se eine düchtige person finden und

ihm beantwortet sind, wird er mit auflegen der hende
nach dem apostolischem brauch und einem eiferigem
gebedt zu Gott dem allmechtigen im namen Jesu
Christi zum dienst bestettigt. Die gemelte fragen sind
ungefehrlich diese: 1.] Erstlich, ob er das zeugnüs
des h. Geists in seinem herzen empfinde, das er von
ihm erwecket und bewegt werde, in dieser gemein
den dienst anzunemen, solcher weise und gestalt, als
ihm auß dem wort Gottes ist fürgehalten, das er dar-
innen nicht suche seinen eignen nutz und ehre, son-
dern allein die ehre Gottes und vermehrung des
reichs Christi in seiner gemeine durch die predig und
verkündigung seines h. evangeliums?

2. ] Demnach, ob er glaube, daß die prophetische
und apostolische lehre des alten und neuen testa-
ments, in der biblischen schrift verfasset, sey der
einige warhafte und gnugsame grund der ganzen kir-
chen Gottes in Christo, also daß in solchem grund
der schrift alle ding begriffen sind, welcher seligkeit
grund, mittel und haupt allein Jesus Christus ist, ein
mensch aus den menschen nach dem fleisch, aber
auch warhaftiger und ewiger Gott uber alles, gebene-
deyet in ewigkeit.

3. ] Zum dritten, ob er in seinem gewissen empfinde
und derwegen mit dem munde als für Gott, dem eini-
gem herzkündiger [Act 15, 8], und seiner gemein be-
kenne, das auf denselbigen grund der propheten und
apostel auch die kirch zu Embden nach laut ihrer be-
kantnüs, im catechismo verfasset, erbauet sey, und
das er bey dem grund ohn einiges nebenschreiten in
seiner lehr und leben bestendiglich durch Christi hülf
biß an sein ende verblieben [!] und die kirch in ei-
nigkeit der reinen lehr, ceremonien, ordnung und
disciplin erhalten und führen helfen wolle, auch
der falschen lehre sich mit Gottes wort und gebür-
lichem eifer und ernst widersetzen und straffen?

4. ] Beschließlich, ob er bekenne, das sein ampt sey,
das er in seinem dienst unsträfflich lehren und leben
soll ([1.] Tim. 3 [1ff.]; Tit. 1 [6ff.]), niemand keine
ursach zu ergernüs geben, sowol in der lehre als im
leben? Und wo er in einigem teil seinem ampt hierin
nicht würde gnug tun, dardurch eine ergernüs keme,
ob er nicht sich selber der brüderlichen vermahnung,
auch dem brauch der christlichen straffe, sowol als
die andern brüder der gemein, gerne unterwerfe, sich
nach dem wort und ordnung Christi, das es die not
und nutz der kirchen erfordern solte, vermanen,
straffen und seines diensts entsetzen lassen wolle?

Diese ding hette Hamelman gutermassen auß dem
8. artickel des gesprechs mit den widertaufern, anno
78 zu Embden gehalten, wissen mögen, wo der ver-
kerte bauchdiener nicht mehr lust zur lügen als zur
warheit gehabt.

Bemerkungen zur Textwiedergabe: Die in
der Druckvorlage am Rand stehenden Betitelungen
zu den einzelnen Abschnitten sind mit einer eckigen
Klammer und in Kursivdruck den Abschnitten vor-
angestellt, sonstige Marginalien in runden Klammern

481

. Tim. 2
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften