Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0526
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Grafschaft Ostfriesland

wysen unde na der vorschrift synes hilligen wordes
ehr ganze levend dorch des Heren hülpe anstellen
wölle? Und wenn de gemeine up ein jeder frage be-
sonder averlüdt 61 und einhellich Ja gesecht, vor-
kündiget darup de dener den gelövigen und botfer-
digen in dem namen Jesu Christi na synem befehl
vorgevinge der sünde und Gades gnade und ver-
manet se, unangesehen ehrer swackheit, to dem dis-
sche des Heren. Den unbotferdigen averst und hü-
chelern vorkündiget he den torn und ungenade Ga-
des und mahnet se van dem disch des Heren aff, bet
se sick bekeren und beteren, unde beslüt also de
ganze action mit einem christlicken gebedt 62.

In der andern predige werd entwedder vam nacht-
mal des Hern edder sonst erboulick gelehret, und als
de predige mit dem gebedt und gesang O lamb Gades
unschüldich etc. 63 geendiget, gehet ein dener to
dem dissche, so van holte gemaket, mit einem rei-
nen, witten dischlaken bedecket, und darup gemein
witten brodt und wyn in slechten sülveren bekeren
gesettet 64, und stellet erstlick der gemeine voer, so
jemand van den communicanten, wegen syner öpent-
lick gegevenen ergernissen vormahnet, botferdich
edder halstarrich befunden, antonemen edder utto-
bannen sy. Darna leset he de worde van der inset-
tinge des h. avendmahls der gemeine dütlick vor,

61 = sehr laut; vgl. oben S. 379, Anm. 63.

62 Die Londoner Gerneinde kannte keinen entsprechen-
den Beichtgottesdienst. Für Emden beschreibt schon
Gellius Faber (Einleitung, oben S. 344) einen solchen
Gottesdienst. Vgl. J. Weerda, Entstehung, 37f. Die
am Schluß der Beichthandlung ausgesprochene Ab-
solution wird nach der Abendmahlsordnung von
1576 im Abendmahlsgottesdienst wiederholt; vgl.
oben S. 471 mit Anm. 37.

63 Vgl. „Lüneburger KO“, oben S. 377 mit Anm. 49
und S. 379 mit Anm. 70; Emder Abendmahlsord-
nung, oben S. 472 mit Anm. 42.

64 Hier konnte man in Emden nach dem Außeracht-
lassen der „Lüneburger KO“ wieder an ältere ost-
friesisch-reformatorische Bräuche anknüpfen; vgl.
Einleitung, oben S. 315. 340. J. Weerda, Entste-
hung, 22, zeigt auf, daß die Emder Abendmahlsord-
nung genau der von Aquilomontanus in Borssum
nach 1531 beschriebenen Ordnung entspricht.

65 Vgl. oben S. 466 ff. mit Anm. 1; Einleitung, oben S.
345 mit Anm. 76.

66 Vgl. das Gebet in der Abendmahlsordnung von 1576,
oben S.471.

67 Es sieht so aus, als seien auch hier, ebenso wie in der
Abendmahlsordnung von 1576 (vgl. oben S. 471 mit

mit angehengter erinnerung, van wem dat h. avend-
mahl ingesettet, wat darinne gegeven, wo und to
welckem ende idt gegeven und entfangen werde,
item, wo se schollen beprövet syn, so werdichlick
to dem dissche des Heren kamen willen. Welcke vor-
maninge van wort to wort mit unser bekentenisse
van dem nachtmal an vorscheiden orteren gedrük-
ket 65. Na der vormaninge spreckt men ein gebedt 66
unde vormahnet de communicanten, so sick recht
beprövet hebben, dat se in guder ordnunge to dem
dissche des Heren kamen unde eine milde almosen
vor den armen lidtmaten 67 mit sick brengen. Darup
communiceren erstlick de prediger unde oldesten,
welcken de ander männer van der gemeine volgen,
und entlick ock de frouwen. Und dewyle der com-
municanten vele, werd van twen deneren dat brodt
gebraken und einem jederen stande 68 in syner hand
gegeven mit dissen worden: Nemet hen, etet, geden-
ket und gelövet de wahre gemeinschop des lyves
Jesu Christi, de vor juw is upgeopfert am stamme
des krützes to vorgevinge aller juwer sünden 69. Dar-
na w erd ock van twen andern deneren de beker
einem jedern gelyckfals in syner hand gegeven und
gespraken: Nemet hen, drinket, gedenket und ge-
lövet de wahre gemeinschop des blodes Jesu Christi,
dat vor juw is vorgahten am stammen des krützes tor

Anm. 40), nur die armen Gliedmaßen der engeren Ge-
meinde, also der Abendmahlsgemeinde, gemeint,
wenn die Trennung zwischen der allgemeinen und
der Beckendiakonie im übrigen 1578 auch aufgeho-
ben worden war (vgl. oben S. 461 f.).

68 Vielleicht darf man in dem Stehen beim Abendmahls-
tisch eine abgeschwächte Nachwirkung der „Lüne-
burger KO“ erkennen. In London saß man um den
Tisch (vgl. Microns Ordinancien, cap. XVIII, unten
S. 633 ff.; Kirchenratsprotokoll vom 2. Mai 1558,
Band 1, Bl. 36r: jemand, der nicht zum Abendmahl
kommt und sein Kind nicht taufen läßt, wird im
Kirchenrat über die Gründe befragt und antwortet
u. a., daß er sich darum fernhalte, „dat men in Enge-
landt geleert heft, dat men sitten sal in den nacht-
mael und nu nicht doet und ßo helt, als ofte dat nu
nicht nodich were“), ebenso wie in Ostfriesland nach
1531 in Borssum und vor Einführung der „Lünebur-
ger KO“ vielleicht auch in Emden (vgl. Einleitung,
oben S. 340. 315; S. 377). Vgl. J. Weerda, Entste-
hung, 22, 42. In Norden hat Micron die Sitzordnung
anscheinend nicht durchgeführt, vermutlich in An-
gleichung an Emden; vgl. unten S. 634, Anm. 23.

69 Vgl. Abendmahlsordnung von 1576, oben S. 472 mit
Anm. 42.

494
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften