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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0613
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Microns Ordinancien (1554) 1565

wirigkeit haben sollen. Und ferner, auß unseren be-
sondern gnaden und rechten, wolbedachten vor-
wissen und freier bewilligung, auch mit bewilligung
unsers rats, haben wir gegeben und zugelassen, und
durch diß gegewertigs geben und lassen wir zu dem
obgemelten superintendenten und dienern der teut-
schen und den andern außlendischen gemeinden in
der stat Londen die ganze kirch (so zuvor der Au-
gustiner kirch genennet) in unser statt Londen und
den ganzen grund und bodem der gemelten kirchen
oder tempels, außgenommen den ganzen chor des-
selbigen, erdreich und bodem desselbigen 5. Welche
kirch sampt allen, das oben gemeldet ist (vorbehal-
ten allein, was außgenomen ist), sollen die ob-
gedachte superintendens und diener mit ihren nach-
kommen haben und gebrauchen, dieselbige halten
und gebrauchen von uns und unsern erben als ein
freie und blose almusen. Wir geben zu dem in kraft
obgedachter bewilligung und unserm eigentlichem
vorwissen und freiwilligen bewegung und durch diß

5 Die Geschichte dieser Kirche der Augustiner-Bettel-
mönche (Augustine-Friars oder Austin-Friars) bei J.
Lindeboom.Bereits am 29. Juni 1550hatte Eduard
VI. in sein Tagebuch geschrieben: It was appointed
that the Germans should have the Austin Friars for
their church to have their service and for avoiding
of all sects of Anabaptists and such like (J. H. Ger-
retsen, 11; A. A. v. Schelven, Vluchtelingenker-
ken, 66; M. Woudstra, 15; Lindeboom, 6). Chor
und Querschiffe der Kirche, die von der Schenkung
ausgenommen waren, dienten weltlichen Zwecken;
vermutlich waren sie damals schon durch eine Mauer
abgetrennt. Ehe die Kirche von den Flüchtlingen in
Gebrauch genommen wurde, ließ der König sie auf
seine Kosten herrichten (Brief Utenhoves an Calvin
vom 23. August 1550; CR 41, 628; Brief Microns an
Bullinger vom 28. August, Nachtrag vom 31. Au-
gust 1550; Original Letters, 569). Die französische
Gemeinde, der die Kirche mit geschenkt worden
war, erhielt schon bald eine eigene Kirche, so daß
die „Austin Friars“ den Niederländern allein ver-
blieb (Brief a Lascos an Hardenberg vom 12. De-
zember 1550; A. Kuyper II, 644). Vgl. Linde-
boom, 7f. 10. 12f.; auch F. Pijper, 61ff.; F. de
Schickler, 28f. 35f.; F. C. Ebrard, 20ff.; v.
Schelven, aaO. 69. 71; Woudstra, 16f. 20;
O. Bartel, 167; W. F. Dankbaar, 2.

6 A Lasco kam am 13. Mai 1550 in London an. Schon

eine Woche später schrieb Micron an Bullinger über
Pläne der Gründung einer deutschen Gemeinde (ec-
clesia Germanica) mit a Lasco als Superintendenten
(Original Letters, 560). (Hierzu A. A. v. Schelven,
Vluchtelingenkerken, 65: De Kerk moet dus reeds

hebben bestaan, alleen ze moest nog ingericht wor-

gegenwertigs lassen wir zu dem gemelten superin-
tendenten, dienern | und ihren nachkommen vol- a V
kommene macht und gewalt, zu mehren und zu min-
dern die zal der diener und zu nemen und verordnen
solche diener, die in der obgemelten kirchen, wenn
es gedachten superintendenten und dienern nötig
dunkt, dienen sollen.

Wir wollen auch, daß Johannes von Lasco auß
Polen, der umb seiner frombkeit, unschuldigen le-
bens und vortrefflichen erfarenheit und lere willen
sehr berümbt ist, der erste superintendens der be-
melten kirchen sein sol 6, und das Gualterus Dele-
nus 7, Martinus Micronius, Franciscus Riverius und
Richardus Vauvilius 8 die erste diener des worts sein
sollen. Wir geben auch weiter dem ernenten super-
intendenten und dienern sampt ihren nachkommen
erlaubnuß, macht und autoritet, nach abgang und
versterben eines dieser gemelten diener von zeiten
zu zeiten eine andere geschickte persone zu erweh-
len, ernennen und zu stellen an ihre statt, doch also,

den. - Bereits am 4. Juni 1550 teilte Micron Bullin-
ger mit, daß er den Predigerdienst in der flämischen
Gemeinde, die von a Lasco gegründet sei, überneh-
men solle. Er sei allerdings nicht ganz sicher, daß
solche Gemeinde genehmigt werden würde [Original
Letters, 565].) — A Lasco wurde in demselben Jahr
nicht nur Superintendent der sog. deutschen Ge-
meinde, sondern der anerkannte Führer all der frem-
den Reformierten, sowohl der Niederländer als auch
der Franzosen, daneben der Italiener und Spanier.
Utenhove schrieb an Calvin: Superintendentem, ut
vocant, seu speculatorem a rege constitutum habe-
mus D. a Lasco, qui utrique ecclesiae est praefectus
(CR 41, 629). Dasselbe berichtete Micron am 28. Au-
gust 1550 an Bullinger (Original Letters, 568). Vgl.
auch M. Woudstra, 14. 21f.; J. Lindeboom, 4. 8.

7 Walter Delen (Delenus), aus Alkmaar gebürtig, war
schon 1525 für die Reformation gewonnen worden;
seit 1539 lebte er in London, wo er später das Amt
eines „biblioscopus regis“ bekleidete (Brief a Lascos
an Bullinger vom 7. Januar 1551; A. Kuyper II,

646). Unter den beiden Predigern der niederländi-
schen (sog. deutschen) Gemeinde war er mehr der
Typ des Gelehrten, während Micron der Volkspredi-
ger war. Vgl. J. Lindeboom, 15. Weiteres bei A. A.
v. Schelven, Kerkeraads-Protocollen, 36, Anm. 1.

8 Franciscus Riverius und Richardus Vauvilius waren
Prediger der wallonischen Gemeinde (so a Lasco in
dem genannten Brief an Bullinger, aaO.; ebenso
Utenhove im genannten Brief an Calvin, aaO. 628).

Beide waren Mönche gewesen. Vgl. J. H. Hessels II,

21f., Anm. 7; 32, Anm. 6; J. Lindeboom, 8; auch
F. de Schickler, 26. 29. 55f.; F. C. Ebrard, 19f.;

K. Bauer, 131.

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