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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.30042#0614
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Grafschaft Ostfriesland

das die gewehlte person uns, unseren erben und
nachkommen presentiert und durch uns, unsere er-
ben und nachkomen in bemelten dienst bestetiget
werd. Wir geben auch und lassen zu dem vorgemel-
ten superintendenten, dienern und ihren nachkomen
urlaub, macht und autoritet, nach tod und abschei-
den des superintendenten von zeiten zu zeiten einen
andern vortrefflichen und gelerten mann an seine
platz zu erwehlen, ernennen und ordnen, doch also,
das die person, also ernennet und erwehlet, gepre-
sentiret werde vor uns, unsere erben und nachko-
men und durch uns, unsere erben und nachkomen
in den obgemelten dienst der superintendens ein-
gesetzt und bestettiget werde. Wir gebieten und be-
fehlen strenglich sowol dem richter, schreiber und
rat unser statt Londen als dem bischoff von Londen
a VI und seinen successoren, | auch allen andern erzbi-
schoffen, richtern, amptleuten und andern unsern
dienern, wer und welche die auch sein, daß sie die
gemelten superintendenten und diener, auch ihre
glieder, in diser ihrer freiheit unbeschweret bleiben
lassen, diselbige frey und gerülich zu gebrauchen,
auch ihre eigene ceremonien und besondere christ-
liche bußzucht zu uben, unangesehen, daß diesel-
bigen nit eben gleich sind den ceremonien, so in un-
serm reich gebraucht werden, und daß on einige un-
ruh, widerwertigkeit oder ungemach, so man densel-
bigen oder jemand von ihnen zufügen möchte, auch
unangesehen einige statuten, acten, proclamationen,
befehlen, restricten oder breuche, in vorigen zeiten

davon gehalten, gemacht oder darwider außgeruf-
fen 9. Und zum zeugnuß der warheit haben wir die-
sen offnen privilegiumsbrief hievon aufrichten lassen
und durch uns selbs bezeuget. Zu Leighes den
24. Julii im vierten jar unsers reichs 10.

Martinus Micronius

wündschet allen liebhabern der ewigen seligkeit und
warheit durch das ganze 11 Niderland fried, gnade
und barmherzigkeit von Gott dem Vater in seinem
Son Jesu Christo. Amen.

Unter allen landen und völkern, die zu unsern
zeiten unter dem gewalt des römischen pharaons und
egyptischen finsternuß der abgötterey sitzen, ist
auch, liebe und werde brüder, unser vaterland, ganz Die egyptische
Niderland, welches die meßpfaffen sehr stark mit knechtschaft

! , i . . . des NiderlandS'

aller listigkeit und tyranney in der römischen ab-
götterey wider Christum und seine ewige warheit
einhalten, und das zu einer greulichen gottesleste-
rung und der seelen des volks gewissen verderbung.

Und diß (ach leider) ist dem teufel nit gnug, daß
er unser liebes b vaterland mit dieser römischen ab-
götterey verstricket, sonder dieweil er merket, daß
etliche die römische abgötterey verlassen und Chri-| a VII
sto Jesu, ihrem seligmacher, mit einem einbrün-
stigen c herzen gern wolten zufallen, (a) da lauft er a 1.Pet.5,v.8
umb dieselbigen als ein brüllender löw, mit falscher
lehr sie zu verschlingen, und verschlinget ihr auch
viel, und das darumb, daß sie keine rechtschaffene

b) N (liebes)

c) einbrünstigen] N: vierich

9 Trotz der Zusage des Königs hatten die Fremdlinge

mit der Opposition der englischen Bischöfe zu rech-

nen; insbesondere der Bischof von London, Ridley,
bereitete ihnen Schwierigkeiten. Dies wirkte sich
dahin aus, daß der Lord Schatzmeister, den a Lasco
bat, die Kirche auch schon während der Reparatu-
ren benutzen zu dürfen, an a Lasco die Forderung
richtete, die Fremden sollten die englischen Zere-
monien annehmen oder aus Gottes Wort ihre Unrich-
tigkeit beweisen (Brief Microns an Bullinger vom
28. August, Nachtrag vom 31. August 1550; Origi-
nal Letters, 569). Es dauerte bis zum 12. Dezember
1550, bis diese Schwierigkeit überwunden war (Brief
a Lascos an Hardenberg vom 12. Dezember 1550;
A. Kuyper II, 644). In der Zwischenzeit durfte die
niederländische Gemeinde durch die Verwendung ei-

niger Londoner Bürger in einer anderen Kirche ihren
Predigtgottesdienst halten (Micron an Bullinger am
13. Oktober 1550; Original Letters, 570). Die eigene
Verwaltung der Sakramente blieb den Fremden aber
vorerst versagt; vgl. oben S. 555, Anm. 18. Vgl. F.
Pijper, 66ff.; F. de Schickler, 31 ff.; M.Woud-
stra, 19f.; A. A. v. Schelven, Vluchtelingenker-
ken, 69f.; J. Lindeboom, 10. - Lindeboom, 18,
nimmt an, daß die Differenzen mit der englischen
Staatskirche über die Riten und über das Episko-
palsystem der Grund waren, weshalb man so lange
zögerte, eine Kirchenordnung aufzustellen.

10 Die Charter Eduards VI. kam nach der Flucht der
Niederländer aus London beim Regierungsantritt der
„blutigen Maria“ unter der Fürsorge Microns nach
Emden und wurde dort aufbewahrt. Die Charter
nach dem Original bei J. Lindeboom, Bijlage I. —
Unsere Druckvorlage hat irrtümlich das Datum:
24. Junii... 11 Druckvorlage: tzantze.

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