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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (7. Band = Niedersachsen, 2. Hälfte, 1. Halbband): Erzstift Bremen, Stadt Stade, Stadt Buxtehude, Stift Verden, Stift Osnabrück, Stadt Osnabrück, Grafschaft Ostfriesland und Harlingerland — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1963

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Microns Ordinancien (1554) 1565

b Pro.29,v.l8

c Eze.24[34,5]

d Matt. 19 [9,
36]

e 2.Cor.11[14]

Die gnade Got-
tes dem Nider-
lande in einem
frembden lande
bewiesen.

Das privilegium
der k.m.

a VIII

lehrer haben, so ihnen durch die gaben Gottes mit
der lehre offentlich möchten vorstehn. (b) Denn wo
die prophecey oder göttliche lehre aufhöret, da
wird das volk zerstreuet, welches auch Gott durch
den propheten Ezechiel bezeuget mit diesen
worten: (c) Meine schäflein (spricht er) sind alle zer-
streuet, als die keinen hirten haben, und sie sind
alle den wilden tieren zur speise worden und ganz
zerstreuet. Darumb hat auch Christus das volk, so
keine rechte lehrer hat, (d) einer herde schafe,
welche keinen hirten hat, verglichen. Denn gleich
wie die irrenden schaf in der wölf zeen geraten, also
auch die menschen, so keine rechtschaffene lerer d
haben, werden von dem teufel auf mancherley weiß,
insonderheit aber durch falsche lehre verschlungen,
dieweil sich sonst e der teufel mit seinen dienern in
einen (e) engel des liechts f verendern kan. Wo wir
diß ernstlich bedenken werden, werden wir warlich
befinden, daß Gott seinemg volk keine grössere wol-
tat beweisen kan, denn so er dasselbige mit rechten,
treuwen dinern des worts, da seine stim offentlich in
der gemeine schallet, begabet. Und wiewol wir diese
gnade Gottes umb unser undankbarkeit willen in
unsern eignen vaterland noch nicht haben offent-
lich künen bekomen, so hat doch Gott unser nicht
genzlich vergessen, sonder hat uns in einem fremb-
den lande (nemlich in Engelland) ein offentliche,
freie und christliche gemeine gegünnet, auf daß wir
durch diesselbige nit allein von aller römischen ab-
götterey, sonder auch von allen andern irtumben
und falschen leren möchten gefreiet werden. Denn
nachdem der gottesfürchtige und unschuldige junge
könig Edward, ein getreuwer vorsteher der gemeine
Christi, sein reich mit allem ernst von aller ab-
götterey gesaubert und dasselbige mit der reinen
apostolischen lere angefangen h zu zieren, hat er
auch zu vermehrung des reichs Christi den außlen-
dischen in ihrer eignen spraach, nemlich den Nider-
lendern und Franzosen, in seiner königlichen statt
Londen die freiheit der rechten i religion zugelassen;
und dasselbige auf das ansuchen und begeren un|sers

ernsthaftigen und getreuwen superintendenten Jo-
hannis von Lasco. Diese seine grosse woltat hat
kö.ma. mit einem offentlichen privilegio, welches
zum ewigen gedechtnuß hieran gedruckt ist, be-
stettiget. Er hat auch obgemelten superintendenten
sampt seinen mitarbeitern volle macht gegeben,
eine gemeine nach dem wort Gottes und der aposto-
lischen ordnung one jemands einreden aufzurichten,
sofern sie ihre lehre und kirchenubung mit Gottes
wort beweren künten.

Zu solchem dienst hat königliche majestat auf
ihren kosten einen tempel lassen zurichten und den
von aller abgötterey und superstition lassen saubern,
den er Jesustempel hieß, auf daß wir Jesu darin k ein
gemeine samlen und den neuwen wein des gött-
lichen worts darin als l in ein neu rein faß giessen soll-
ten. Welchs warlich ein grosse und unaußsprechliche
woltat Gottes gewesen ist und ein rechtschaffen
mittel, sowol die zerstreuete einfeltige schäflein zu
versamlen und mit der weide des göttlichen worts zu
speisen, als das liecht des evangeliums durch das
ganze Niderland durch schreiben und andere mitel[!]
mit der zeit außzubreiten. Derhalben wir als diner
der gemelten niderlendischen gemeine, dieweil diß
angeregt privilegium erlangt (des wir fleissig wollen
acht haben) und uns bewust, wie schwer es sey,
Christo ein gemeine nach seinem wort zu samlen
und aufzubauen, haben erstlich nach Gottes wort
vier mitregierer, welche in der schrift (a) eltesten
genennet werden, mit bewilligung der gemeine er-
wehlet 12, unter welchen gewesen ist Johannes Uten-
hovius 13, der diese unsere gegenwertige ordnung auß
dem latein in unsere niderlendische sprach trans-
feriert hat 14. Bald darnach haben wir auch vier
diaken oder diener der armen nach der (b) apostoli-
schen ordnung mit bewilligung der gemeine ange-
nommen 15. Und wiewol der teufel uns diesen reinen
fortgang mit grossem neid mißgönnet, uns diese
rechte reformation durch allerley list und mittel zu
verhindern sich beflissen, so hat doch mitlerweil
unsere gemeine täglich zugenommen, also daß wir

Der tempel der
außlendischen.

Einsetzung der
eltesten.

a 1. Tim. 5 [17.
19]

Einsetzung der
diaken.
b Act. 6 [1-6]

d) rechtschaffene lerer] N: warachtighe herders der
sielen e) N <sonst> f) N + wel

g) seinem] N: tot eenen

h) angefangen] N: ghesocht i) N <rechten>

k) N <darin> l) N <darin als>

12 Zur Ältestenwahl am 5. Oktober 1550 s. oben S. 553.

13 Zu Johannes Utenhove s. oben S. 565.

14 Zum Problem der Übersetzung s. oben S. 351 mit
Anm. 12 und S. 571 ff.

15 Vgl. oben S. 554 mit Anm. 10. 11.

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