Grafschaft Ostfriesland
auch gezwungen worden, die zal der eltesten und
diaken zu mehren. Und haben in unserer gemeine ze-
hen eltesten und zehen diaken oder almosenpflä-
ger m verordnet. Und auf daß niemand zweifeln
b I möcht von der lehre, so täglich geleret n | ward, auch
daß allen widersprechern das maul gestopfet würde,
haben wir ein offentliche probe der lere durch die
wochen- (a) prophecey eingefüret 16 und sehr ernst-
lich halten. Ferners zu weitern reformation unser
gemeine haben wir ein kinderschule und kinderlere
zur ubung der jugent angericht 17. Endlich haben
wir durch Gottes gnade den reinen gebrauch des
taufs und nachtmals uberkommen, wiewol wir des-
selbigen umb des grossen widerstands willen, so uns
der satan tet, ein grosse weil haben manglen müs-
sen 18. Durch welchen gebrauch und rechte ubung der
straffe zuchto oder buß- christlichen straffe 19 alle gottseligkeit und erkäntnuß
der warheit in der gemeine herlich zugenommen hat.
Warumb wir nit Wir haben auch in unser gemeine nit vil eusser-
vil euserlicher
licher ceremonien gehabt, und folgende unserm pri-
der gemeine ge- vilegio, welches dem wort Gottes gemeß warp, ha-
braucht haben. ben wir keine abergläubischen ceremonien wollen
annemenq, ja keine dann die, so mit Gottes wort
sich reimen. Denn das geistliche reich Christi wil mit
keinen menschlichen traumen geschmückt oder er-
kläret sein, sonder wird vilmehr dadurch verfinstert,
ja, es wird der geistlichen ding durch die eusser-
lichen vergessen. Wir haben ein gebot in der schrift,
b 1. Cor. 14 [26. (b) daß man alle ding ordentlich r und zur auferbau-
40] ung, das ist zur befürderung des glaubens und der
Einsetzung der
prophecey.
a 1. Cor. 14
Die kinderlere.
Der gebrauch
der sacramen-
ten.
Die christliche
liebe in der gemeine, soll außrichten. Und Paulus
vermanet uns, daß ein jeder zusehe, was er auf das
(a) fundament der gemeine Christum Jesum bauwe, a l.Cor. 3 [10ff.]
durch welches wir sind verursacht worden, uns mit
keinerley aberglauben zu besudelen, auf daß wir un-
seren lohn und werk s nit verlieren, sonder haben nach
allem unserm vermögen die lautere reinigkeit in al-
len ubungen unserer gemeine gesucht. Es sind deren
wol etliche gewest, so uns geraten haben, daß wir
umb friedens willen und unsere gemeine zu behalten,
etliche papistische ceremonien ein zeitlang annemen
sollen, welchen rat wir keinswegs haben künnen an-
nemen, wol wissende, das böse gewonheiten und
abergläubischen ceremonien, einmal angenommen,
hernach sehr schwerlich abgelegt werden, ja, sie ihe
zu- den abnemen in den herzent, wie man das mer-
ken mag, nit allein in der judischen und papisti-
schen kirchen, sonder auch under denen, die für die
beste evangelischen wollen gehalten werden. Denn
die papistische aberglaubische ding, so im anfang
der reformation bey ihnen umb der schwachheit
willen des volks blieben sind, haben nu mit der zeit
under dem titel der indiffe|renten oder mitteldingen b II
und durch das ansehen der vorigen diener u, die sie
gestattet haben, so grosse kraft bekommen, daß man
schier ein papistische kirche, da das evangelium
Christi niemals geprediget ist, von allen eitelen und
aberglaubischen dingen leichter solte reformiren v
und saubern dann dieselbe. Denn es streiten etliche
evangelische predicanten schier heftiger w umb ihre
m) N <oder almosenpfläger>
n) geleret] N: ghepredickt
o) N <oder bußzucht>
p) welches ... war] N: d’welck nae God was
q) annemen] N: ontfanghen, noch niet aennemen
r) ordentlich] N: ter stichtinghe
s) N <und werk>
t) in den herzen] N: in der menschen herten
u) diener] N: predicanten
v) reformiren] N: bringhen
w) heftiger] N: so ernstelick
16 Vgl. oben S. 558 mit Anm. 39.
17 Zum Schulmeister wurde Hermes Backerelius ange-
nommen; vgl. Jan Utenhove, Simplex et fidelis nar-
ratio... 1560, S. Cramer-F. Pijper IX, 80. Ebd.
81: Hermes Backerelius, iuventutis nostrae modera-
tor, ecclesiaeque nostrae senior, cui etiam absente
Micronio cura et gubernatio ecclesiae erat concredi-
ta... Vgl. auch I. Le Long, Kort historisch verhaal
van den eersten oorsprong der Nederlandschen
Gereformeerden Kerken onder ’t Kruys... Amster-
dam 1751, 36. - Zur Einrichtung der Katechismus-
lehre 1551 oben S. 558 mit Anm. 36 f.
18 Vgl. oben S. 555, Anm. 18. Die Flüchtlinge hofften
von Monat zu Monat, ihr Privilegium bald auch hin-
sichtlich der Sakramentsverwaltung ausnutzen zu
können. Am 7. Januar 1551 schrieb a Lasco an
Bullinger: Nunc de puro, quoad eius fieri potest,
sacramentorum et disciplinae usu tractatur, quem
nos brevi habituros per Dei gratiam esse speramus
(A. Kuyper II, 646). Ähnlich äußerte er sich in ei-
nem Brief an Imannus Ortzenius vom 30. April 1551:
Usum sacramentorum purum ac legitimum brevi
per gratiam Dei habituri sumus (Kuyper II, 651).
Einen Einblick in die Schwierigkeiten bei der Durch-
führung der Abendmahlsordnung gibt der Brief a
Lascos an Cranmer vom August 1551 (vgl. oben
S. 556 mit Anm. 28).
19 Vgl. oben S. 553, Anm. 5.
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auch gezwungen worden, die zal der eltesten und
diaken zu mehren. Und haben in unserer gemeine ze-
hen eltesten und zehen diaken oder almosenpflä-
ger m verordnet. Und auf daß niemand zweifeln
b I möcht von der lehre, so täglich geleret n | ward, auch
daß allen widersprechern das maul gestopfet würde,
haben wir ein offentliche probe der lere durch die
wochen- (a) prophecey eingefüret 16 und sehr ernst-
lich halten. Ferners zu weitern reformation unser
gemeine haben wir ein kinderschule und kinderlere
zur ubung der jugent angericht 17. Endlich haben
wir durch Gottes gnade den reinen gebrauch des
taufs und nachtmals uberkommen, wiewol wir des-
selbigen umb des grossen widerstands willen, so uns
der satan tet, ein grosse weil haben manglen müs-
sen 18. Durch welchen gebrauch und rechte ubung der
straffe zuchto oder buß- christlichen straffe 19 alle gottseligkeit und erkäntnuß
der warheit in der gemeine herlich zugenommen hat.
Warumb wir nit Wir haben auch in unser gemeine nit vil eusser-
vil euserlicher
licher ceremonien gehabt, und folgende unserm pri-
der gemeine ge- vilegio, welches dem wort Gottes gemeß warp, ha-
braucht haben. ben wir keine abergläubischen ceremonien wollen
annemenq, ja keine dann die, so mit Gottes wort
sich reimen. Denn das geistliche reich Christi wil mit
keinen menschlichen traumen geschmückt oder er-
kläret sein, sonder wird vilmehr dadurch verfinstert,
ja, es wird der geistlichen ding durch die eusser-
lichen vergessen. Wir haben ein gebot in der schrift,
b 1. Cor. 14 [26. (b) daß man alle ding ordentlich r und zur auferbau-
40] ung, das ist zur befürderung des glaubens und der
Einsetzung der
prophecey.
a 1. Cor. 14
Die kinderlere.
Der gebrauch
der sacramen-
ten.
Die christliche
liebe in der gemeine, soll außrichten. Und Paulus
vermanet uns, daß ein jeder zusehe, was er auf das
(a) fundament der gemeine Christum Jesum bauwe, a l.Cor. 3 [10ff.]
durch welches wir sind verursacht worden, uns mit
keinerley aberglauben zu besudelen, auf daß wir un-
seren lohn und werk s nit verlieren, sonder haben nach
allem unserm vermögen die lautere reinigkeit in al-
len ubungen unserer gemeine gesucht. Es sind deren
wol etliche gewest, so uns geraten haben, daß wir
umb friedens willen und unsere gemeine zu behalten,
etliche papistische ceremonien ein zeitlang annemen
sollen, welchen rat wir keinswegs haben künnen an-
nemen, wol wissende, das böse gewonheiten und
abergläubischen ceremonien, einmal angenommen,
hernach sehr schwerlich abgelegt werden, ja, sie ihe
zu- den abnemen in den herzent, wie man das mer-
ken mag, nit allein in der judischen und papisti-
schen kirchen, sonder auch under denen, die für die
beste evangelischen wollen gehalten werden. Denn
die papistische aberglaubische ding, so im anfang
der reformation bey ihnen umb der schwachheit
willen des volks blieben sind, haben nu mit der zeit
under dem titel der indiffe|renten oder mitteldingen b II
und durch das ansehen der vorigen diener u, die sie
gestattet haben, so grosse kraft bekommen, daß man
schier ein papistische kirche, da das evangelium
Christi niemals geprediget ist, von allen eitelen und
aberglaubischen dingen leichter solte reformiren v
und saubern dann dieselbe. Denn es streiten etliche
evangelische predicanten schier heftiger w umb ihre
m) N <oder almosenpfläger>
n) geleret] N: ghepredickt
o) N <oder bußzucht>
p) welches ... war] N: d’welck nae God was
q) annemen] N: ontfanghen, noch niet aennemen
r) ordentlich] N: ter stichtinghe
s) N <und werk>
t) in den herzen] N: in der menschen herten
u) diener] N: predicanten
v) reformiren] N: bringhen
w) heftiger] N: so ernstelick
16 Vgl. oben S. 558 mit Anm. 39.
17 Zum Schulmeister wurde Hermes Backerelius ange-
nommen; vgl. Jan Utenhove, Simplex et fidelis nar-
ratio... 1560, S. Cramer-F. Pijper IX, 80. Ebd.
81: Hermes Backerelius, iuventutis nostrae modera-
tor, ecclesiaeque nostrae senior, cui etiam absente
Micronio cura et gubernatio ecclesiae erat concredi-
ta... Vgl. auch I. Le Long, Kort historisch verhaal
van den eersten oorsprong der Nederlandschen
Gereformeerden Kerken onder ’t Kruys... Amster-
dam 1751, 36. - Zur Einrichtung der Katechismus-
lehre 1551 oben S. 558 mit Anm. 36 f.
18 Vgl. oben S. 555, Anm. 18. Die Flüchtlinge hofften
von Monat zu Monat, ihr Privilegium bald auch hin-
sichtlich der Sakramentsverwaltung ausnutzen zu
können. Am 7. Januar 1551 schrieb a Lasco an
Bullinger: Nunc de puro, quoad eius fieri potest,
sacramentorum et disciplinae usu tractatur, quem
nos brevi habituros per Dei gratiam esse speramus
(A. Kuyper II, 646). Ähnlich äußerte er sich in ei-
nem Brief an Imannus Ortzenius vom 30. April 1551:
Usum sacramentorum purum ac legitimum brevi
per gratiam Dei habituri sumus (Kuyper II, 651).
Einen Einblick in die Schwierigkeiten bei der Durch-
führung der Abendmahlsordnung gibt der Brief a
Lascos an Cranmer vom August 1551 (vgl. oben
S. 556 mit Anm. 28).
19 Vgl. oben S. 553, Anm. 5.
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